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Julius-Fröhlich-Platz erinnert an eine jüdische Familie - Verdienstkreuz für Amos Fröhlich


Seit Freitag gibt es in Tuttlingen einen Julius-Fröhlich-Platz. Er erinnert an den jüdischen Viehhändler, der 1938 mit seiner Familie aus Tuttlingen emigrierte. Sein Sohn Amos Fröhlich erhielt ebenfalls gestern aus der Hand von OB Michael Beck das Bundesverdienstkreuz am Bande.

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„Die Erinnerung an das Gestern ist auch eine Verpflichtung für das Heute“, erklärte OB Michael Beck. Deshalb sei es ihm  und dem Gemeinderat wichtig, eine aktive Gedenkkultur zu pflegen: Durch den Gedenkpfad Lager Mühlau, durch die Stolpersteine, die demnächst verlegt wurden – und durch den Julius-Fröhlich-Platz der am Freitag feierlich benannt wurde.

Der jüngst nach Entwürfen der städtischen Grünplanung neu gestaltete Platz zwischen Mittelstraße und Hermannstraße erinnert an den in Tuttlingen hoch angesehenen jüdischen Viehhändler Julius Fröhlich. 1938 verließ die Familie Tuttlingen – noch rechtzeitig, bevor Millionen andere Juden ermordet wurden. In Israel gehörten die Fröhlichs zu den Begründern der Siedlung Shavei Zion, Kontakte zu Tuttlingen hielt Julius Fröhlich aber bis zu seinem Tode im Jahr 1963 – denn hier hatte er auch Menschen kennen gelernt, die trotz des verordneten Hasses die Freundschaft weiter pflegten.

„Die Geschichte der Fröhlichs endete glücklich“, so Beck, „bei Millionen anderen war dies nicht der Fall.“ Deshalb sei dieser Platz auch all jenen gewidmet, die in Orten wie Auschwitz, Theresienstadt oder Bergen-Belsen ermordet wurde. Gleichzeitig, so der OB, sei der Platz aber auch all jenen gewidmet, die heute auf der Flucht seien, um anderswo ein neues Leben zu beginnen – wie einst die Fröhlichs in Israel. „Dies sind wir den Menschen schuldig, die einst aus Deutschland fliehen mussten schuldig.“ Beck weiter: „Wir alle müssen daran arbeiten, dass die Bilder vom Münchner Hauptbahnhof stärker sind als sie Bilder aus Freital oder Heidenau.“

Bei der anschließenden Feier im kleinen Saal der Stadthalle übergab OB Beck das Bundesverdienstkreuz am Bande, das der Bundespräsident auf Betreiben von Guido Wolf MdL an  Amos Fröhlich verliehen hatte. Gewürdigt wurde damit Fröhlichs langjähriges Engagement um Völkerverständigung und Aussöhnung. So begleitete Fröhlich über Jahre hinweg den Förderverein Ehemalige Synagoge in Rexingen bei Horb, dem Heimatort seiner Eltern. Er hielt zahlreiche Vorträge, diskutierte als Zeitzeuge mit Schulklassen und organisierte Schülerbegegnungen. Eine Schülergruppe aus Israel war auch zur Platzbenennung in Tuttlingen gekommen. „Zur Gedenkkultur gehören immer auch Menschen“, so Beck, „Zeitzeugen machen Geschichte lebendig.“

Fröhlichs persönlichen „Einsatz für die Begegnungen von Mensch zu Mensch“ würdigte auch der frühere Horber OB Michael Theurer MdEP. „Er hat uns ermutigt, uns unserer eigenen Geschichte zu stellen und auch die dunklen Stellen auszuleuchten.“

In seinen Dankesworten erinnerte sich Amos Fröhlich an seine Kindheit in Tuttlingen. „Wir waren deutsche Kinder – und wollten auch gar nichts anderes sein. Auch unsere Eltern wollten nichts anderes sein als Deutsche.“ Mit Blick auf das Verdienstkreuz bemerkte er, dass es andere genauso verdient hätten, die sich um Aussöhnung und Dialog bemühen – und gerade dies sie unendlich wichtig: „Die Stimmung ist eine andere, wenn die Menschen informiert sind.“