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Lotte Günther – Aura

4. Mai – 2. Juni 2024

Kunstkreis Tuttlingen e.V.

Aura – der Augenblick, in dem ich eine Gegenwart spüre. Jeder Atemzug ist mir bewusst, der einzigartige Lichteinfall und Glanz, ein zarter Lufthauch, jede Spur eines Geruchs. Mit allen Sinnen bin ich ganz im Hier und Jetzt verankert, und dennoch oder gerade deshalb erscheint der Moment aus der Zeit gehoben, ein kleines Stück Ewigkeit.

Lotte Günther zeigt unter dem Titel „Aura“ aktuelle Arbeiten. Das Spektrum reicht von großformatigen Malereien über textile Installationen bis hin zu Plastiken aus Keramik und geknoteten Satinbändern. Das Spiel mit den Dimensionen ist der Künstlerin dabei wichtig. Ein Bild der Schau misst vier mal vier Meter – die Besucher können sich ganz in der Atmosphäre des Werkes verlieren. Andere Objekte wiederum sind winzig, und in ihren feinen Details mit Perlen und Kristallen bestickt, erscheinen sie uns wie ein kostbarer kleiner Schatz, den wir gerade aus dem Meer geborgen haben.

Die unterschiedlichen Gattungen sind im Werk von Lotte Günther selten eindeutig getrennt. In den großformatigen Bildern nutzt sie auch textile Mittel. So sind Linien aus Wolle getuftet und erscheinen erhaben und flauschig im Relief. Oder Stoff ist aufcollagiert, und die Grenzen zwischen gemalten Flächen und Textilem verschwimmen. In den Installationen scheint die Malerei in den Raum geholt, wie eine schwebende Farbwolke. Gemeinsam ist diesen Arbeiten eine intensive leuchtende Farbigkeit und das Prinzip der Wiederholung. Die Künstlerin tut immer wieder das Gleiche. Langsam erwachsen aus ähnlichen Gesten ganz eigene Strukturen. Wie in der Zellteilung addieren sich tausende einfache Knoten zu einer korallenartigen Gestalt auf. Oder kleine Farbsplitter fügen sich langsam zu einem ganzen Universum. Die Werke von Lotte Günther sind so zugleich ruhig und bewegt, meditativ und kraftvoll, konzentriert und voller Lebensfreude.

Lotte Günther, Ohne Titel, 2022, Acryl auf Baumwolle, Stoff aufcollagiert. Foto: Jan DinkelLotte Günther, Ohne Titel, 2022, Acryl auf Baumwolle, Stoff aufcollagiert. Foto: Jan Dinkel

Lotte Günther studierte bildende Kunst an der Kunsthochschule Mainz (Prof. Winfried Virnich), an der ESBA Toulouse (Prof. Katharina Schmidt) und der UdK Berlin (Prof. Pia Fries). Heute arbeitet sie im rheinhessischen Wolfsheim und Berlin. Im Wechsel zwischen dem Leben auf dem Land und dem in der pulsierenden (Kunst-)Hauptstadt hat sie ihre idealen Arbeitsbedingungen gefunden. Seit ihrem Abschluss 2011 realisierte sie zahlreiche Einzelausstellungen in Deutschland und Frankreich und erhielt mehrere Stipendien und Preise. Im Januar und Februar 2024 wird sie eine Artist Residency im BigCi in den Blue Mountains in Australien verbringen. Einige Ergebnisse dieses Arbeitsaufenthalts will sie in Tuttlingen das erste Mal zeigen.

  • Eröffnung Freitag, 3. Mai 2024, 19 Uhr.