Der Fluss ohne Wasser
Vor ein paar Sekunden noch rauschte die Donau zielstrebig durch ihr Flussbett, doch jetzt hat es den Anschein, als hätte sie ihr Bett verlassen, um auf Entdeckungsreise zu gehen. Wir stehen in einem trockenen Flusslauf und suchen das Wasser, das vor wenigen Augenblicken noch mäßigen Tempos Richtung Schwarzes Meer floss. Doch außer ein paar winzigen Pfützen finden wir hier nur Steine. Jede Menge Steine, von denen einige recht merkwürdig aussehen. Ein Stein sieht aus wie eine Schnecke, ein anderer wie eine Muschel. Tatsächlich handelt es sich um Tiere, die vor Millionen von Jahren im Jurameer gelebt haben, als die Ur-Donau mit ihren gewaltigen Wassermassen diesen wunderschönen Lebensraum geprägt hat.
Es scheint fast, als hätte sich das Wasser absichtlich zurückgezogen, um den Blick auf diese kostbaren Relikte längst vergangener Zeiten frei zu geben.
Was sich hier bei Tuttlingen, genauer gesagt beim Luftkurort Möhringen abspielt ist ein weltweit einzigartiges Naturphänomen. Die Donau versickert im Karstgestein – im Sommer vollständig, in den Wintermonaten nur teilweise – um 183 Höhenmeter tiefer und etwa 12 km Luftlinie entfernt im Aachtopf, der größten Quelle Deutschlands, nach circa 60 Stunden wieder zum Vorschein zu kommen. Über den kleinen Fluss Aach gelangt das Wasser in den Bodensee und somit über den Rhein in die Nordsee.
Für dieses Naturschauspiel wird gebräuchlich außer dem Begriff Donauversickerung auch der Begriff Donauversinkung verwendet. Beide Begriffe sind hier zutreffend, wir beziehen uns auf das Standardwerk der Geologie für Baden-Württemberg welches den Begriff Donauversickerung verwendet.
Wieso versickert die Donau gerade hier?
Schuld an diesem Phänomen sind die kalkigen Gesteinsschichten der Jura-Zeit, aus denen ein Großteil der Schwäbischen Alb aufgebaut ist. Durch chemische Lösungsprozesse an der Oberfläche wie auch im Untergrund kommt es innerhalb des Kalkgesteins zur Ausbildung von Spalten und Hohlräumen, in denen das Donauwasser verschwindet. Der poröse Untergrund sorgt auch dafür, dass sich im Gestein Dolinen bilden – ausgeschwemmte Hohlräume, die immer wieder einstürzen.
Warum kommt das versickerte Wasser in der Aachquelle wieder zum Vorschein?
Durch Hebungsvorgänge in der Erdkruste, die mit der Entstehung der Alpen zusammenhängen, fallen die geologischen Schichten am Südrand der Schwäbischen Alb besonders stark ein. Das in den Untergrund eingedrungene Donauwasser folgt also dem natürlichen Gefälle, bevor es am Aachtopf wieder austritt. Der Aachtopf ist die Quelle mit der größten Wasserschüttung in Deutschland. Den Weg des Donauwassers von den Versickerungsstellen bei Möhringen und Fridingen bis zum Aachtopf hat man bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts durch Färbeversuche nachweisen können.
Wann kann man die Versickerung am besten beobachten?
Ein Teil des Wassers versickert während des gesamten Jahres. Vollständig verschwindet die Donau jedoch lediglich in den Sommermonaten. Je nach Wetterlage kann man von Mitte Mai bis Mitte September trockenen Fußes das Flußbett durchwandern.
Fossilien
Zum unvergesslichen Erlebnis wird die Donauversickerung im Rahmen einer Führung, die die Tourist-Info der Stadt Tuttlingen regelmäßig anbietet. Hier erfahren Sie nicht nur alles über das Abenteuer Donauversickerung, Sie haben auch die Möglichkeit, wunderschöne Versteinerungen zu suchen, die zur bleibenden Erinnerung an dieses Erlebnis werden.
Individuelle Führungen können für Gruppen zu einem beliebigen Termin gebucht werden. Die Kosten betragen 80 Euro je Gruppe (maximal 20 Personen).
Wie erreicht man die Donauversickerung?
Die Versickerung befindet sich in der Nähe von 78532 Tuttlingen an der K5944. Der Parkplatz ist ausgeschildert.
Koordinaten:
47°56'10.3"N 8°46'07.4"E
47.936209, 8.768732
Donauversickerung Möhringen
Stadtteil: Möhringen
Sie verlassen die Seite der Stadt Tuttlingen, ggf. werden Cookies und Ihre IP-Adresse an den Anbieter übertragen.