Ein Blick in die Wirtschaftsgeschichte der Stadt
1867 – 2017: 150 Jahre Serienfertigung Chirurgischer Instrumente in Tuttlingen
Im Jahre 1867 legte der Messerschmied Gottfried Jetter (1838 – 1903) den Grundstein zur serienmäßigen Fertigung von Chirurgischen Instrumenten in Tuttlingen. Nach zwölfjähriger Wanderschaft ist der weitsichtige Instrumentenmacher in seine Heimatstadt zurückgekehrt und brach mit dem alten Brauch der handwerksmäßigen Stückarbeit auf Bestellung. Er wollte nicht nur Lieferant einzelner Ärzte und Chirurgen werden, sondern durch fabrikationsmäßige Serienfertigung schnelle Lieferung auch von größeren Stückzahlen ermöglichen.
Werfen wir einen kurzen Blick zurück in die Zeit davor: In den Jahren 1694 bis 1698 entstand bei Tuttlingen das Hüttenwerk „Ludwigstal“ als Wiege der einheimischen Eisenindustrie. Die waldreiche Umgebung waren eine ideale Holzkohlenquelle um die Erze des Braun-Jura zu verhütten und zu verarbeiten. Bereits im Jahre1785 gab es 20 selbstständige Messerschmiede-Werkstätten. Bis etwa 1870 gab es 177 Messerschmieden und fünf Fabriken. Zum Ende des 19. Jahrhunderts stellte sich allerdings ein starker Rückgang des Messerschmiede-Handwerks ein. Die gestiegene Nachfrage nach Chirurgischen Instrumenten bot sich als Alternative an: Die als Besteller auftretenden Chirurgen wurden höchst ungeduldig, wenn sie auf ein bestelltes Instrument lange warten mussten. Das erkannte auch Gottfried Jetter und gründete seine Spezialwerkstatt 1867. War Jetter der Pionier für die Herstellung von Chirurgie-Instrumenten, so war sein Schwager Christian Scheerer der Initiator des ersten industriellen Großbetriebes Jetter & Scheerer, der heutigen Aesculap AG. Seit 1998 gehört Aesculap zur B. Braun Melsungen AG, mit insgesamt 58 000 Mitarbeitern einer der führenden Hersteller von Medizintechnik- und Pharma-Produkten sowie Dienstleistungen weltweit.
In Tuttlingen hatte die Entwicklung dieser Instrumentenfabrik hohe Beachtung gefunden. So bildeten sich rasch weitere kleine Spezialwerkstätten zur Herstellung von Chirurgischen Instrumenten. Neben den in den Betrieben beschäftigten Arbeitern gab es auch schon damals viele Heimarbeiter, die meistens Teilarbeiten wie Schleifen, Feilen oder Polieren verrichteten.
Die Chiron-Werke wurden 1921 gegründet. Damals noch ein Hersteller für Chirurgische Instrumente, entwickelte sich die Firma ab den 80er Jahren zu einem bedeutenden Spezialisten für Maschinenbau und CNC-Anlagen mit heute etwa 1 000 Mitarbeitern.
Ein Meilenstein in der Industrie-Entwicklung Tuttlingens war die Gründung der Firma KARL STORZ im Jahre 1945: Damals noch vornehmlich auf HNO-Instrumente spezialisiert, entwickelte sich das Unternehmen im Laufe der Jahrzehnte zu einem Global Player auf dem Gebiet der Endoskopie. Mit mehr als 400 Patenten und Gebrauchsmustern, darunter die Entwicklung der Kaltlichtquelle, hat der Firmengründer Karl Storz die moderne Endoskopie maßgeblich beeinflusst. Heute beschäftigt die Firma weltweit 7 000 Mitarbeiter, davon etwa 2 000 am Stammsitz Tuttlingen und gehört damit zusammen mit der Aesculap AG (weltweit über 11 750 Mitarbeiter, davon rund 3 600 am Hauptsitz in Tuttlingen) zu den größten Arbeitgebern in der Stadt und im Landkreis Tuttlingen.
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