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Wechselausstellungen

Das Museum im Fruchtkasten bietet im Hugo-Geißler-Saal regelmäßig Wechselausstellungen zu regionalhistorischen Themen an.

Während dieser Zeit gelten erweiterte Öffnungszeiten.

Vergangene Ausstellungen:

Die Museen der Stadt Tuttlingen kümmern sich gemeinsam mit dem Stadtarchiv, um die Bewahrung der Zeugnisse Tuttlinger Vergangenheit. Sie sammeln unter anderem Objekte rund um das Leben und Arbeiten vergangener Zeiten und dokumentieren damit wichtige Themen und Ereignisse für die Nachwelt. Wie in den meisten anderen Museen auch, kann niemals alles gleichzeitig ausgestellt werden und so bleiben viele spannende Stücke für den Besucher*innen in den Depots der Museen verborgen.
Das Museumsteam gewährt mit dieser Präsentation ganz besondere Einblicke in die Vielfalt der Tuttlinger Sammlung. Bilder, Möbel, Schuhe, Notgeld, Kleiderbügel, Bierkrüge, Fasnetsfiguren, medizinische Instrumente und vieles mehr können die Besucher*innen entdecken und so die Museumssammlung genauer kennenlernen.
Vor genau 100 Jahren, im Jahr 1924, entschied man sich in Tuttlingen dazu eine historische Sammlung aufzubauen, diese systematisch zu erschließen und schließlich im Rahmen eines eigenen Museums die Geschichte Tuttlingens an die Bürger*innen zu vermitteln.

Blick in die Sammlung - Wechselausstellung im Museum


„Schuhgeschichten – Dein Schuh, deine Geschichte“
18. Mai – 3. Oktober 2023

Die Schuhindustrie ist und war prägend für die Tuttlinger Geschichte. Von dieser bekannten Tatsache ausgehend erzählt die Sonderausstellung Schuhgeschichte(n) aus einer neuen, persönlichen Sicht, denn die Entwicklungen rund um das Thema Schuh und die Bedeutung dieses speziellen Kleidungsstücks sind nicht nur für die Gesamtentwicklung der Stadt relevant, sondern für jeden Einzelnen. Hat nicht fast jeder diesen einen Schuh zuhause, mit dem er ein besonderes Ereignis verbindet? Man denke dabei an den ersten Schuh des Kindes, den Fußballschuh mit dem ein wichtiges Tor geschossen wurde, den Hochzeitsschuh oder ähnliche Wegbegleiter. Schuhe sind bei den wichtigen Meilensteinen des Lebens immer dabei. Andererseits können Schuhe aber auch von schlimmen Schicksalen berichten; so zeugen Soldatenstiefel von Kriegserlebnissen und zerschlissene Turnschuhe können sinnbildlich für Flucht und Vertreibung stehen.
Viele Tuttlingerinnen und Tuttlinger stellen für diese Ausstellung Ihre Schuhe und ihre persönlichen Geschichten zur Verfügung und machen so Stadtgeschichte lebendig.Plakat für die Wechselausstellung Schuhgeschichten im Fruchtkasten Tuttlingen
Ausstellung der Galerie der Stadt Tuttlingen im Fruchtkasten des Museums.

Aus der Sammlung ihrer Eltern Helga und Karl Heinichen haben Jane und Veit Heinichen zahlreiche Bilder, Skulpturen und Reliefs der Stadt Tuttlingen übereignet. Diese Kunstwerke wurden vom 4. Mai bis zum 31. Juli im Fruchtkasten gezeigt.

Die Präsentation ermöglichte einen Einblick in die langjährige Sammlertätigkeit von Helga und Karl Heinichen und umfasst Werke von Inge Braitsch-Martin, Udo Braitsch, Franz Bucher, Kurt Frank, Edgar Hofschen, Roland Martin und Friedrich Sieber.

Die Eröffnung der Ausstellung durch Oberbürgermeister Michael Beck fand am 3. Mai um 17.00 Uhr im Foyer des Rathauses statt.

Werk des Künstlers Roland Martin, Raumsäule, Aluminium


Schwarz-weiß Bild mit einer Menschenmenge bei einer Demonstration in den 70er / 80ern
Die 1970er und 1980er Jahre waren Zeiten der Veränderung, der Krisen und Umbrüche. Bereits aus den 1960er Jahren schwappte die Not der Tuttlinger Schuhindustrie in das Jahrzehnt, die für hohe Arbeitslosenzahlen sorgte. Hinzu kam die Ölkrise 1973, die die deutsche Wirtschaft schwächte. Andererseits formierten sich Gruppen, die auf die Natur und Umwelt hinwiesen. So wurde ein vierspuriger Ausbau der B311 über das Rabental verhindert. Ende der 1970er Jahre rückte die Friedens- und die Anti-Atomkraftbewegung ebenso in den Mittelpunkt, wie der Widerstand gegen die in Tuttlingen erstarkende NPD. Mitte der 1980er Jahre veränderte sich die Stadtmitte durch die Verlegung des Verkehrs und den Bau einer verkehrsberuhigten Stadtmitte ihr Gesicht.

Volltextalternative Ausstellung Bewegte Zeiten. Die 1970er und 1980er Jahre in Tuttlingen
Tuttlingen ist eine geplante Stadt mit großen Achsen und rechteckigen Quartieren.

Blick von oben – Marktplatz um 1976

Nirgendwo kann man diese klare Struktur besser erkennen als aus der Luft. So wurde die Stadt nach dem Stadtbrand 1803 angelegt und später fortgeführt. Bereits 1914 entstanden die ersten Luftbilder von Tuttlingen, die aus dem militärisch genutzten Zeppelin „Z VII“ aufgenommen wurden. Damals erstreckten sich um die Stadt ein breiter Gürtel an Feldern und Wiesen, von denen heute viele überbaut sind.

Die Ausstellung zeigt die Struktur und den Wandel der Stadt aber auch deren Flächenverbrauch. Sie demonstriert, dass Landschaft und Bauflächen nicht beliebig vermehrbar sind.

Einführung in die Ausstellung "Tuttlingen von oben"

Biografien von Opfern und Tätern


Mit der NS-Zeit in Tuttlingen befasste sich die Ausstellung „Zum Nationalsozialismus in Tuttlingen“. Sie wurde am Freitag, 22. November 2019, durch Oberbürgermeister Michael Beck eröffnet. Es war geplant, dass die  Schau bis zum 5. April 2020 im Hugo-Geißler-Saal des Fruchtkastens besichtigt werden kann. Aufgrund der Coronapandemie und der damit zusammenhängenden  Schließung des Museums  von Mitte März bis Mitte Mai, wurde die Ausstellung bis Mitte Juni verlängert.

Als 1933 die Nationalsozialisten die Macht ergriffen, gab es in Tuttlingen einen demokratisch gewählten Gemeinderat mit einem von den Einwohnern Tuttlingens gewählten Oberbürgermeister als Vorsitzenden. Der Gemeinderat bestand seit 1932 aus 24 Mitgliedern, die sich auf fünf Gruppierungen bzw. Parteien verteilten. Die „Wirtschaftliche Vereinigung der bürgerlichen Berufsstände“ war die größte Fraktion und hatte zehn Sitze, die SPD neun, das Zentrum zwei, die KPD einen Sitz. Seit 1932 war die NSDAP mit zwei Sitzen im Gemeinderat vertreten.
 
Die Machtübernahme auf lokaler Ebene ging dann Schlag auf Schlag: Bereits in der Märzsitzung fehlten die SPD-Mitglieder und der KPD-Mann, von denen die meisten verhaftet und im KZ Heuberg inhaftiert waren. Der parteilose Oberbürgermeister Paul Scherer bekannte sich zur neuen Reichs- und Landesregierung, obwohl er kein NSDAP-Mitglied war und bis zum Ende seiner Amtszeit im Jahr 1938 auch nicht in die Partei eintrat. Erstaunlich ist, dass er nicht umgehend seines Amtes enthoben wurde, wie es in vielen anderen Städten geschah. Der seit 1908 amtierende Oberbürgermeister wurde freilich zur Marionette der NSDAP und des Kreisleiters Huber, der am 9. Mai 1933 auch in den Gemeinderat einzog. Er musste freilich einiges aushalten, wurde gemobbt und schikaniert.
 
Nach der Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes im März 1933 wurde der Gemeinderat aufgelöst und eine neue Zusammensetzung bestimmt, deren Sitzverteilung sich an dem Ergebnis der Reichstagswahl vom März 1933 orientieren sollte. Elf Mandate beanspruchte die NSDAP für sich, sechs Vertreter der SPD wurden bestimmt, traten ihre Mandate aber nicht an. Mit dem Schlossermeister Friedrich Schosser und dem ehemaligen Gewerkschaftssekretär Johann Hautli waren bis 1935 noch zwei Vertreter des Zentrums im Gemeinderat. Außerdem war die Kampffront Schwarz-Weiß-Rot mit einem Sitz vertreten.
 
Die beiden Zentrumspolitiker waren bis zur nächsten Umbesetzung 1935 im Gemeinderat vertreten, hatten allerdings keinen Sitz in den Ausschüssen. In den Sitzungen herrschte das Führerprinzip vor, es wurde zwar diskutiert, was aber gemacht wurde, bestimmte die Partei. Das Schicksal der beiden Zentrum-Vertreter zeigt den Umgang mit Andersdenkenden. Johannes Hautli war Gewerkschaftssekretär einer aufgelösten Gewerkschaft. Er fand einen Hilfsjob bei den Stadtwerken und wurde dort entlassen, nachdem er sich geweigert hatte, ein Abzeichen des Winterhilfswerks zu kaufen. Friedrich Schosser wurde 1935 in die Psychiatrie eingeliefert, wo er 1940 starb.

Diese beiden Stadträte standen ebenso wie alle, die sich nicht zur NSDAP bekannten, außerhalb der propagierten Volksgemeinschaft, die durch Rituale wie Massenaufmärsche, Fackelzüge, die propagandistisch aufgezogenen Straßensammlungen für das Winterhilfswerk, der Eintopfsonntag, eine konsequente nationalsozialistische Erziehung oder die Ehrung der Mutter beförderten wurde.
 
Die Ausstellung stellt das Schicksal und die Biografien vieler Akteuren vor. Neben dem Kreisleiter Gottlieb Huber und dem SA-Mann Eugen Renninger werden auch Personen vorgestellt, die aus der NSDAP Tuttlingen hervorgingen. Dazu gehören der Reichsamtleiter Ernst Huber, der Gestapo-Chef aus Mühlhausen i. E. Hermann Scheuring oder der KZ-Wächter Erwin Stengelin. Viele Lebensläufe weisen Widersprüche auf, wie der des Chiron-Chefs Otto Stäbler oder der von Aesculap-Direktor Hans Scheerer.

Pressemitteilung vom 23.11.2019
"Von der Forschung über die Opfer zu den Spuren der Täter - Ausstellung erinnert an NS-Zeit"
Der 1895 in Tuttlingen geborene Kaminfegersohn Hugo Geißler bewies schon während seiner Schulausbildung sein zeichnerisches Talent. Er besuchte zunächst die Oberrealschule in Tuttlingen, machte sein Abitur in Esslingen a. N. und nahm ein Studium an der Königlichen Kunstgewerbeschule in Stuttgart auf. Er wechselte nach Bern, wo er auch mit verschiedenen Drucktechniken vertraut gemacht wurde und eine erste Sammelmappe mit Burgen der Region erstellte. Dann kehrte er nach Stuttgart zurück. Nach seinem Studium arbeitete er dort zunächst in einem graphischen Atelier, unterrichtete an ver schiedenen Gewerbeschulen, bevor er nach Tuttlingen zurückkehrte und sich als freier Kunstmaler und Heimatdichter niederließ. Der „Hugel“ war gelandet. Die Ausstellung zeigt frühe Werke, die sein Talent belegen.

Die Ausstellung "Hugo Geißler –Frühe Werke" wurde am Sonntag, 19.05.2019 im Kulturhaus Altes Krematorium eröffnet und war bis zum 25.08.2019 im Fruchtkasten zu sehen.
Das Areal, auf dem sich heute der Bürgerpark Alter Friedhof befindet, ist in mehrfacher Hinsicht ein zentraler Ort der Tuttlinger Geschichte. Hier fand man bei Ausgrabungen eine alemannische Siedlung mit Friedhof, die als Ursprung der heutigen Stadt gelten kann. Auf diesem Gelände wurde auch die erste Kirche, St. Martin, errichtet, welche über Jahrhunderte hinweg die Hauptkirche Tuttlingens war, auch dann noch, als St. Martin außerhalb der Stadtmauern lag. Hier fand im Jahr 1135 ein spektakulärer Mord am damaligen Reichenauer Abt Ludwig von Pfullendorf statt. 500 Jahre später stand der Alte Friedhof  im Zentrum der „Schlacht von Tuttlingen“. Am 24. November 1643, also vor genau 375 Jahren, ereignete sich diese bedeutende Schlacht des Dreißigjährigen Krieges. In Tuttlingen und seiner Umgebung hatte sich die französisch-weimarische Seite ins Winterquartier zurückgezogen. Die kaiserlich-katholische Seite ergriff die Chance, die völlig ahnungslose Armee zu überfallen. Die erbittert geführte Schlacht forderte schlussendlich 4.000 Tote und Verwundete, außerdem gerieten 7.000 Mann und die ganze französische Generalität in Gefangenschaft.

Trotz der Höhen und Tiefen, die sich auf diesem Gelände in den vielen Jahrhunderten ereigneten, blieb es doch immer ein Friedhof, auf dem die Tuttlinger ihre letzte Ruhe fanden. Dadurch entstanden aber auch einzigartige Fenster zur Tuttlinger Geschichte, die sich am besten durch die Grabsteine verdeutlichen lassen. So findet man Gräber von bekannten Persönlichkeiten, die die Stadt prägten und Grabmale, die große Tragödien widerspiegeln, wie das Bodenseegrab. Namen wie Scheerer und Rieker, die die Wirtschaftsgeschichte der Stadt nachhaltig prägten, finden sich dort neben früheren Lehrern, Ladenbesitzern oder Lageristen. Der Ehrenfriedhof und die Gedächtniskapelle belegen, dass Krieg nur eines bedeuten kann, nämlich den hundertfachen Tod. Denkmale, die an Ermordung und Vertreibung erinnern, sind ebenso Zeitzeugnisse.
 
Die Ausstellung  möchte  dem Besucher die fast 1500-jährige Tradition, die dieses Gelände im Herzen der Stadt in sich trägt, näher bringen. Mit archäologischen Funden, Ansichten, Fotos, Plänen und zahlreichen Objekten informiert die Ausstellung über das Entstehen und Wachsen des Friedhofs. Hier werden die noch auf dem Friedhof existierenden Grabmale dokumentiert und über die in den Gräbern bestatteten Personen informiert. Das im frühen zwanzigsten Jahrhundert errichtete Krematorium und die dazugehörende Urnenwand verdeutlichen den immer schneller werdenden Wandel in der Bestattungskultur bis in unsere Tage.
Der im September 2018 eingeweihte Bürgerpark zeigt aber auch, wie wandel- und gestaltbar mit solch einem Gelände umgegangen werden kann. Der Alte Friedhof wurde zu einer grünen Oase inmitten der Stadt, ohne aber sein historisches Erbe zu vergessen.
 
Die Ausstellung „Historische Orte: Der Alte Friedhof“ wurde am 23. November 2018 im Kulturhaus Altes Krematorium eröffnet und war bis zum 7. April 2019 im Fruchtkasten zu sehen.
Tuttlingen ist bekannt für seine Schuhmacher, seine Messerschmiede, seine Bierbrauereien und seine Gerbereien. Aber auch zahlreiche andere Berufe, die heute längst verschwunden sind, versorgten die Bewohner von Stadt und Umland mit ihren Erzeugnissen. Dazu gehörten die Hafner, die Geschirr aber auch Ofenkacheln herstellten, ebenso wie die Küfer, die Fässer für Bier und Wein aber auch Bottiche und Kübel fertigten. Vorgestellt werden in der Ausstellung außerdem die Feilenhauer, die Strumpfweber, die Hutmacher und die Kammmacher.

Die Strumpfweber waren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit 79 Meistern und 24 Gesellen ein bedeutender Berufszweig. Heute weiß fast niemand mehr, wie dieser Beruf ausgeübt wurde und was die Strumpfweber herstellten. Der letzte Tuttlinger Strumpfweber, Johann Friedrich Martin, berichtete in den 1930er Jahre einen Berichterstatter der Zeitung voller Stolz: „Auf dem Rätscher (besonderer Webstuhl) wurden Unterhosen, Strümpfe, Socken, Mannskittel gefertigt, die alle aus Wolle waren und einigermaßen schonender Behandlung gut zwanzig Jahre getragen werden konnte“. Nachdem der Handwerker die Grundform des Strumpfes auf dem Strumpfwirkstuhl gefertigt hatte, wurde der Strumpf geformt. Die Strümpfe wurden über Modellhölzer in Form eines Beines gezogen und in der Sonne getrocknet, so dass sie die richtige Form erhielten. In vielen Häusern konnte man die in langen Reihen auf hölzernen Formen zum Trocknen aufgestellten Strümpfe und Socken sehen.

Ähnlich schwierig war die Arbeit des Feilenhauers. Auf den im Zementboden eingelassen Hauamboss wurde das vorgeglühte Eisenstück festgeschnallt, und Schlag um Schlag wurde die Feile mit Fausthammer und Flachmeißel behauen. Jede Feile erhielt auf jeder Seite einen Ober- und einen Unterhieb, so dass die Feile mit feinen Rechtecken strukturiert wurde. Nur nach dem Gefühl schob die linke Hand die Feile etwas zurück und schon kam der nächste Hieb. In regelmäßigem Rhythmus schlug der Fausthammer auf die Feile. 40 000 Hiebe schlug der Handwerker pro Tag. Mit Wilhelm Wick starb 1967 der letzte Tuttlinger Feilenhauer und seien Werkstätte wurde in das Museum überführt und wird in dieser Ausstellung gezeigt.

Ein selten ausgeübter Beruf war das Handwerk des Kammmachers. Lediglich drei Vertreter dieses Gewerbes sind in Tuttlingen bekannt. Zunächst soll der so genannte Mailänder Kammmacher sein Handwerk ausgeübt haben. Im Gewerbeadressbuch von 1866 finden sich die Namen Jakob Manz (Schulstraße) und Johann Georg Rieß (Waaghausstraße). In Tuttlingen starb der letzte Kammmacher Johann Konrad Rieß im Jahre 1895 im Alter von 53 Jahren. Er hatte zudem das Amt des Tuttlinger Schrannenmeisters versehen.
Stolz meldet im Dezember 1866 der 28-jährige Messerschmied Gottfried Jetter einen eigenen Betrieb an, in dem er chirurgische Instrumente herstellen wollte, was ihm im Januar 1867 auch gestattet wurde. Zwar gab es schon Werkstätten in Tuttlingen, die neben Messern auch Instrumente anboten, aber er war der erste der dies ausschließlich und mit großem Erfolg tat. Das zeigte sich bereits bei der Weltausstellung in Wien im Jahre 1873. Dort präsentierte er sich mit seinen chirurgischen Instrumenten in der Sektion „Wissenschaftliche Instrumente“ während die Tuttlinger Messerschmiede ein Kollektiv bildeten und in der Sektion „Metallwaren“ ihre Produkte zeigten. Schon bei dieser Ausstellung gab Jetter an, dass er 30 Arbeiter in seinem Betrieb beschäftigen und weitere 35 Handwerker außer Haus für ihn arbeiten würden. Schnell wuchs der Betrieb weiter und als er nach 23 Jahren im Jahre 1890 ausschied, hatte er sich in Fachkreisen einen Namen gemacht, beschäftigte über 440 Mitarbeiter und hatte seine Nachfolge geregelt, indem er seine beiden Schwäger, Wilhelm und Christian Scheerer, zu Teilhabern machte. Die Herstellung medizinscher Instrumente in Tuttlingen war bei seinem Ausscheiden bereits zu einer Erfolgsgeschichte geworden, die bis heute fortdauert. Gottfried Jetter lebte dann in Freiburg und verfolgte von dort aus das Wachsen des Betriebs „Jetter & Scheerer“ und schließlich die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft mit dem sperrigen Namen „Aktiengesellschaft für Feinmechanik vormals Jetter und Scheerer“, in deren Aufsichtsrat er noch einige Jahre wirkte. Sein Freiburger Arzt bezeichnete ihn als echten „Selfmademan“, der sich gemeinsam mit seiner Frau aus kleinen Verhältnissen hochgearbeitet hatte und sich zurückzog als er genügend Geld besaß. 1903 starb er in Freiburg und wurde auf dem Stadtfriedhof begraben, wo sein Grab noch heute existiert.

Die Ausstellung geht der Frage nach, wer Gottfried Jetter war, aus welcher Familie er stammte und bei wem er lernte. Das Messerschmiedehandwerk in Tuttlingen war die Basis von der ausgehend er durch die Eindrücke seiner Gesellenwanderung und der Arbeit in den Betrieben Lüer und Mathieu in Paris eine Vision entwickelte und realisierte. Die Schau beschäftigt sich außerdem mit den äußeren Faktoren, die für seinen großen Erfolg hilfreich waren. Schließlich ermöglichte es die 1862 in Württemberg eingeführte Gewerbefreiheit dem Messerschmiedegesellen, sich ohne Auflagen der Zunft niederzulassen, die Eisenbahnverbindungen in die großen medizinischen Zentren schuf einen schnellen Transport weg für seine Waren und der medizinische Fortschritt bedingte neue Instrumente.
Die Ausstellung illustriert sein Leben und Wirken anhand historischer Dokumente. Sie zeigt seine ersten Kataloge, die er „Preis-Verzeichnisse“ oder „Preis-Courant“ nannte, Werkzeuge und Geräte seiner ersten Werkstätte und Instrumente der frühen Zeit.
Die Evangelische Stadtkirche, ein stadtbildprägendes Gebäude von Tuttlingen, wird 200 Jahre. Grund genug, der Geschichte des Gebäudes nachzuspüren. Beim Stadtbrand 1803 brannte die vorherige Stadtkirche wie alle übrigen Gebäude des Stadtkerns ab. Im Gegensatz zu Rathaus, Schule und allen übrigen Häusern, wurde der Bau der Kirche nicht sofort in Angriff genommen. Erst 1817 zum Reformationsjubiläum konnte die Kirche eingeweiht werden. 14 Jahr hatte man mit einem Provisorium gelebt, der so genannten Bretterkirche, die sogar einmal durch einen Sturm zerstört worden war. Noch fast hundert Jahre später führte der Chronist der Kirche, Dekan Johannes Haller, den schlechten Kirchgang in Tuttlingen auf die lange Zeit des Interims zurück, das die Gewohnheiten veränderte. Immerhin hatte man bei den Berechnungen zur Größe des Neubaus zugrunde gelegt, dass zwei Drittel der erwachsenen Bevölkerung in der Kirche Platz finden sollten – also 2200 Personen.
Die Kirche wurde gebaut als nicht nur unsere Region eine existentielle Erfahrung machte. Durch einen Vulkanausbruch in Indonesien anno 1815 war es insbesondere in den nördlichen Breiten der Erde zu einer Klimaveränderungen gekommen, die durch Ernteausfälle in den Jahren 1815 und 1816 zu großen Hungersnöten und einer großen Inflation (Theuerung) führten.

Zudem entstand das Gotteshaus in einer Zeit der politischen Umwälzungen, die durch Napoleon provoziert und herbeigeführt wurden. Diese Veränderungen betrafen auch das Kirchengut, das in den württembergischen Staatshaushalt überführt wurde. Deshalb wurde die Kirche vom Staat Württemberg gebaut, mit Unterstützung der Stiftungspflege und der Stadtgemeinde. Die Pläne zum Kirchenbau entwarf der beim württembergischen Königreich angestellte Bauinspektor Carl Christian Nieffer unter Beteiligung der Landbaumeister Johann Georg Glaser und Johann August von Bruckmann, die Pläne zeichnete ein Architekt namens Philipp Sutor. Es entstand eine recht nüchtern wirkende Rundpfeilerhalle mit Doppelempore, Kanzelwand, Walmdach und steinernem Südturm. So ganz glücklich war man in Tuttlingen weder mit dem Bauverlauf noch mit dem Ergebnis. Oft von Fremden als Reithalle oder Fruchtkasten verspottet, dachte man schon bald über Veränderungen nach. Zunächst wurde 1868 der Kirchturm erhöht, dann folgte 1894 die Ausschmückung der Kanzelwand durch Ölbilder von Rudolf Yelin und umrahmende Fresken von Fritz Hummel.

Als 1903 der 100ste Jahrestag des Stadtbrands nahte, zudem ein gewisses finanzielles Polster vorhanden war und es der Bevölkerung in der wilhelminischen Zeit nicht schlecht ging, nahm man den Umbau der Kirche in Angriff. Baurat Heinrich Dolmetsch, ein erfahrener Architekt, der bisher nur historistische Kirchen geplant hatte, besah sich das Gotteshaus und entwickelte ausgehend vom Vorhandenen eine Vision, die in Tuttlingen Gefallen fand. Innerhalb von knapp fünf Monaten wurde die Kirche so verändert, dass ein Kleinod entstand. Der entscheidendste Eingriff war die Beseitigung des Walmdaches auf der Seite zur Bahnhofstraße und den Bau eines Giebels. Das Jugendstildekor, die großen Fassadenfiguren, die Beseitigung der Doppelempore, die Vergrößerung der Fenster und die Ausmalung schufen einen freudigen Kirchenraum, dessen Gestaltung bis heute überzeugt. Freilich hatte der Pfarrgemeinderat bei einer Renovierung zu Beginn der 1970er Jahre auch den Abriss des Gebäudes ins Kalkül gezogen, sich jedoch dagegen entschieden.

Die Ausstellung im Fruchtkasten dokumentiert mit Ausstattungsgegenständen mit Fotos, mit Predigten und Konfirmationsbildern die Geschichte des Gebäudes und seiner Nutzung.
Vielfältig sind die historischen Beziehungen der Stadt Tuttlingen zu dem markanten Hegauberg. Von 1830 bis Ende 1968 gehörte die württembergische Exklave mit der imposanten Landesfestung verwaltungstechnisch zu Tuttlingen. Dies bedeutete, dass die Bewohnerinnen und Bewohner das Tuttlinger Bürgerrecht erlangen konnten, sie Stimmrecht bei den hiesigen Wahlen hatten und in das Tuttlinger Stadtparlament gewählt werden konnten. Andererseits bedeutete es, dass der Tuttlinger Schornsteinfeger auf den Hohentwiel fuhr, um dort die Kamine zu kehren. Ebenso war das Tuttlinger Standesamt für die Hohentwielbewohner zuständig. Denn der Hohentwiel war württembergisch, das umliegende Gebiet aber badisch. Deshalb waren die Exklaven Hohentwiel und der nahe Bruderhof dem Oberamt und der Stadt Tuttlingen zugeteilt worden. Für die Wahrung der Amtsaufgaben wurde ein so genannter Anwalt eingesetzt. Meist war dies der Festungsaufseher, der auch den Gästen die Ruine zeigte. Er war zuständig für die Wahrung der Ordnung und das Bewachen der Landesgrenze.

Die besondere Lage außerhalb der württembergischen Landesgrenzen führte dazu, dass der Berg für politische Aktionen ausgesucht wurde. So ging 1833 das Gerücht um, dass auf dem Hohentwiel ein zweites Hambacher Fest stattfinden sollte, was sich allerdings als Ente entpuppte. 1895 sprach der Arbeiterführer August Bebel vor 4.000 Zuschauer auf den mächtigen Berg. Die mitgebrachten Fahnen durften auf badischen Terrain nicht ausgerollt werden, lediglich auf der württembergischen Exklave, die weit vom württembergischen Kernland entfernt war, konnte das Arbeiterfest ungehindert stattfinden.

Nach der Gründung des Südweststaates war die Grenze zwischen Baden und Württemberg verschwunden und die Stadt Singen wünschte, dass der Hausberg auch hoheitlich zu ihr fallen sollte, Tuttlingen wollte den imposanten Berg aber nicht abtreten. Jährlich tagte der Gemeinderat ein Mal dort und genoss Wein und Aussicht. Diskussionen, die  immer mehr in einen Pressekrieg ausarteten, beschäftigten die beiden Städte fast 20 Jahre lang. Zunächst musste Singen zurückstecken und unterlag 1955 mit einem Initiativegesetzvorschlag, 1968 war die Zeit dann aber reif für neue Lösungen. Zunächst wurde der Bruderhof 1966 für 500 000 Mark an die Stadt Singen veräußert. Dann folgte zum 1. Januar 1969 der Übergang des Hohentwiel nach Singen per Gesetz.

Das Herz der patriotischen Württemberger blutete. Schließlich war der Hohentwiel eine Landesfestung, von der aus württembergische Herzog Ulrich sein Land zurückerobert hatte. Es war die Festung, die nie eingenommen wurde. Im Dreißigjährigen Krieg hatte sie der wackere Kommandant Konrad Widerholt standhaft verteidigt und war damit der Inbegriff von Treue und Patriotismus geworden. Für die Tuttlinger ist freilich ein Wermutstropfen mit der Wirken Widerholts verbunden: er zerstörte die Festung Honberg, um den Gegnern keinen Rückzugsort zu bieten. Die Festung Hohentwiel wurde 1800 im 2. Koalitionskrieg von den Franzosen zerstört, nachdem sie der damalige Kommandant ohne Kampf übergeben hatte. So entstand der Mythos der Burg, die nicht besiegt, sondern durch Verrat fiel. Im 19. Jahrhundert erschien der Roman Ekkehard, der sich zu einem Bestseller entwickelte und bis ins 20. Jahrhundert gelesen wurde. Die unglückliche Liebe der Herzogin Hadwig von Schwaben zum Mönch Ekkehard rührte die Nation und verschaffte dem Hohentwiel zusätzliche Popularität.

Die Ausstellung illustriert mit Bilder, Fotos und Zeitungsausschnitten die vielfältigen Beziehungen von Tuttlingen zum Hohentwiel und führt damit auch durch die Geschichte der Festung, deren Ruine heute als die größte Festungsruine Deutschlands gilt.
Alte Stadtansichten und historische Portraits - Fotos aus dem Nachlass Raue im Fruchtkasten Stadtansichten aus Tuttlingen sowie Portraits, die zwischen 1920 und 1970 fotografiert wurden, zeigte das Museum im Fruchtkasten im Dezember 2015, im Hugo-Geißler-Saal.

Es handelt sich dabei überwiegend um Fotos, die aus dem Nachlass von Erwin Raue stammen und nach seinem Tod dem Museum übergeben wurden. Raue führte rund 40 Jahre lang das Fotogeschäft Marquardt, das der Fotograf Hugo Marquardt nach dem Ersten Weltkrieg in Ludwigstal begründet hatte.

Historisches Bild mit vereister Donau und Schlittschuhläufern

 
Hugo Carl Marquardt kam am 14. Mai 1889 in Tuttlingen als Sohn des Tagelöhners Jakob Marquardt und dessen Ehefrau Anna, geborene Vogler, zur Welt. Nach Ende des Ersten Weltkriegs kehrte er mit seiner Frau und einem Sohn nach Tuttlingen zurück und ließ sich im Haus Ludwigstal 18 nieder. Gleich meldete Hugo Marquardt auch ein Gewerbe als Fotograf an. Insgesamt waren 1920 acht weitere Fotografen im Gewerberegister erfasst, von denen allerdings außer ihm nur Fritz Kiener und Eugen Kugler professionell arbeiteten. Einige Sammelbilder, die die Opfer des Ersten Weltkriegs der Jahrgänge 1891 und 1893 zeigen, wurden von ihm auch grafisch gestaltet und stolz mit „Hugo Marquardt Photograph Tuttlingen Ludwigstal“ signiert. 1921 zog die Familie in die Olgastraße 21, wo zunächst auch das Gewerbe gemeldet war. Er fotografierte Vereine wie den Zither-Club (1928), Hochzeiten wie die von Oskar und Emilie Martin (um 1923) oder auch stadtbildprägende Ecken wie den Sonnenbrunnen nach seiner Einweihung 1928.

Historische Bahnhofstraße mit Laden
 
Ende der 1920er Jahre ließen sich zwei weitere professionelle Fotografen in Tuttlingen nieder und so entschloss sich Hugo Marquardt 1931, neben der Fotografentätigkeit ein Ladengeschäft einzurichten, das in der Wilhelmstraße 33 und 28 betrieben wurde. 1938 erwarb Hugo Marquardt dann das Haus Bahnhofstraße 52, wo er Geschäft und Wohnung unter einem Dach vereinte. Sein Sohn Ilmar ließ sich ebenfalls zum Fotografen ausbilden, kehrte aber aus dem Krieg nicht wieder zurück und wurde 1953 für tot erklärt.

Historischer Marktplatz an Weihanchten
 
Seine Witwe heiratete dann Erwin Raue, der nach seiner Zeit in englischer Kriegsgefangenschaft 1948 im Tuttlinger Kriegsgefangenenlager Mühlau entlassen worden war. Als gelernter Fotograf zog er nach seiner Entlassung zu Hugo Marquardt und seiner Frau in die Bahnhofstraße 52 und arbeitete im Betrieb mit. Er übernahm das Geschäft und führte es nach dem Tod von Hugo Marquardt 1966 weiter.

Historischer Bahnhofsvorplatz an Weihnachten
 
Die städtebaulichen Veränderungen seiner neuen Heimat dokumentierte er in eindrucksvollen Bildern. Er fotografierte Schulneubauten wie das Immanuel-Kant-Gymnasium oder die Schrotenschule, den neu gestalteten Kreisverkehr am Aesculapplatz, den Bau der Bodenseewasserleitung oder die ersten Hochhäuser der Stadt. Der 1962 abgerissene Poststeg mit seinen großen Eisenbögen hatte es ihm ebenso angetan wie das Lager Mühlau, in dem er selbst seinen Entlassungsschein erhalten hatte.

Eine Serie dokumentiert das Kinderfest im Jahr 1962, bei dem die Kinder die vier Jahreszeiten darstellten. Seine tagesaktuellen Bilder zog er oft auf Karton auf und zeigte sie im Schaufenster des Geschäfts. Manches Foto wurde auch von der regionalen Presse veröffentlicht. Sogar in der 1984 in Berlin gezeigten Ausstellung „Kurios und Gnadenlos“ wurde eines seiner Bilder aufgenommen und im Katalog abgedruckt. „Tuttlinger Wettschießen an Minigeschützen“ fanden die Kuratoren so witzig, dass sie es auswählten.

Erwin Raue übergab sein Geschäft an Marion Hauser, die es noch einige Zeit weiterführte, dann aber aufgab. Das digitale Zeitalter hatte seinen Tribut verlangt. Erwin Raue starb 2011.