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Künstlerinterview mit Walter Zepf

Was ist im Video zu sehen?

Im Video ist Künstler Walter Zepf in den Räumlichkeiten der Galerie zu sehen. Er sitzt und beantwortet verschiedene Fragen. Während er spricht werden Bilder seiner Werke eingeblendet.

Was wird im Video gesagt?

Wie kommen Sie zur Kunst?

Zur Kunst kam ich durch meine Sammelleidenschaft. Ich hab’ als erstes den Roland Martin kennengelernt und den Gerhard Opitz, und 1971 in meiner Lehrzeit, als ich dann mein erstes Geld verdiente, hab’ ich erste grafische Blätter gekauft vom Roland Martin. Und dann, Ende der Neunzigerjahre, kam ich zum Draht, weil mein Vater einen Fischteich betreibt und da musste man mal Draht entsorgen. Den hab’ ich dann als erstes nur in einfache Formen gepresst – gestampft, besser gesagt, mit den Füßen – und so entstanden die ersten „Kissen“. Und die wollte ich eigentlich nur dem Musikverein geben, weil die immer Schrott und Altmaterial sammeln, und dann hab’ ich die einfach an die Wand gehängt. Ja, das waren so meine ersten Objekte.

Was ist das Wesentliche Ihrer Kunst?

Also, primär schaff’ ich mit Draht und Draht ist ja nur eine Linie. Und das Prinzip heißt dann: Linie macht Form. Kleine Kinder fangen an mit dem Stift zu malen, machen dann einen Kringel auf’s Papier und noch einen Kringel und einen zweiten und einen dritten und das wiederholt sich und aus den vielen Kringeln entsteht dann der Ball, die Kugel, der Globus oder was auch immer. Und so ist das genau mit dem Draht: man wickelt den in die gewünschte Form, und wickelt so lang, bis die gewünschte Form entsteht. Ja, das ist so das Wesentliche – also das Lineare, das Lineare zieht sich eigentlich durch alle Arbeiten durch.

Wozu brauchen wir Kunst?

Also, ich glaub’…was mich auch mit geprägt hat ist ein Gedicht von Günter Eich, 1950 schrieb er „Wacht auf“, das war damals in der 68er-Zeit das Gedicht schlechthin. Ich bin noch zu jung für die 68er-Zeit, ich war damals gerade vierzehn, aber mein Bruder war damals zwanzig und Student. Wie ich zu dem Gedicht gekommen bin, weiß ich nicht…er fordert auf zum Querdenken, nicht zu sein wie man nicht ist oder so, und das ganze Gedicht wär’ jetzt zu lang, aber die drei letzten Zeilen sind so: „Wacht darüber, dass in euren Herzen keine Leere ist, wenn in euren Herzen Leere erwartet wird!“, ja, „Seid unnütz, singt Lieder, die aus eurem Mund nicht erwartet werden!“, und dann der letzte Satz, der heißt: „Seid unbequem, seid Sand und nicht Öl im Getriebe der Welt!“ Und wenn ich jetzt das mit der Kunst vergleiche, ja: Kunst ist nicht der vollständige Sand im Getriebe der Welt, aber es sind die glitzernden und die schillernden Steinchen oder Körnchen im Sand, die für das Getriebe der Welt wichtig sind. Und Kunst – wie heißt das so schön? – Kunst ist nicht alles, aber ohne Kunst ist alles nichts.