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Ansicht des Bestandsgebäudes des IKG
Erhalt spart Rohstoffe: Das Bestandsgebäude des IKG

Bei der Sanierung der Gymnasien setzt Tuttlingen bewusst auf den Erhalt der bestehenden Bausubstanz – nicht zuletzt aus Gründen der Nachhaltigkeit. Ein Interview mit Fachbereichsleiter Stefan Hermann über klimafreundliches Bauen und die noch oft unterschätzte Bedeutung der "grauen Energie".

Herr Hermann, die Stadt investiert über 60 Millionen in die Sanierung der Gymnasien – ein Betrag, für den man auch eine neue Schule hätte bauen können. Was gab den Ausschlag für die Sanierung?
 
Ein Neubau wäre – rein von den Baukosten – in der Tat etwas günstiger gewesen. Hier lag die Kalkulation bei rund 59,2 Millionen. Allerdings bezuschusst das Land Ersatzbauten für abgerissene Schulbauten nur in Ausnahmefällen. Diese waren in unserem Fall nicht gegeben. Konkret hätte das geheißen, dass wir statt rund 11 Millionen Zuschuss nur rund 1,2 Millionen bekommen hätten. Für die Stadt wäre der komplette Neubau also um mehrere Millionen teurer gekommen. Letzten Endes gaben die Finanzen und der zeitliche Aspekt den Ausschlag – aber nicht nur.
 
Was sprach noch für die Sanierung?

 
Ganz eindeutige ökologische Gründe. Wenn von Bauen und Klimaschutz die Rede ist, denken wir oft nur an die Energie, die ein Gebäude im Betrieb verbraucht. Wir machen uns viel Gedanken über gute Dämmwerte, eine effiziente Heizung und vieles mehr. Vernachlässigt wird oft die Energie, die im Material selber steckt. Gerade Beton ist einer der energieintensivsten Baustoffe überhaupt. Daher ist aus Klimaschutzgründen fast immer sinnvoller, ein bestehendes Gebäude zu optimieren anstatt es abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen – selbst wenn dieser dann Passivhausstandard hat. Ich möchte aber betonen, dass dies bei jedem Projekt eine Einzelfallentscheidung darstellt. Hier spielt natürlich immer der Zustand der Bausubstanz eine Rolle.   
 
Waren die Gebäude auch aus anderen Gründen erhaltenswert?

 
Baudenkmale sind sie sicher nicht, aber vor allem das IKG hat auf jeden Fall architektonische Qualitäten. Zentrale Räume wie das Foyer sind unwahrscheinlich offen und transparent, hochwertige Baumaterialien wurden verbaut – man legte damals einen Standard an, den man sich heute nicht mehr leisten würde. Nicht umsonst wird in den letzten Jahren die Architektur der 50er und 60er Jahre neu entdeckt. Von dieser Großzügigkeit können nun auch künftige Schülergenerationen profitieren. Wir übertragen die Gedanken der Architektur von früher in die Unterrichtsformen von heute.