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SWT wollen Thüga-Anteile erwerben


E.ON und das kommunale Bieterkonsortium KOM9/Integra haben sich über die wirtschaftlichen Grundzüge eines Verkaufs der Thüga geeinigt. Der vereinbarte Barkaufpreis für die Thüga beläuft sich auf insgesamt rund 2,9 Milliarden Euro. Die Verhandlungspartner haben sich verständigt, dass die Thüga-Beteiligungen an der GASAG Berliner Gaswerke AG (37 %), der HEAG Südhessische Energie AG (40 %) der Stadtwerke Duisburg Aktiengesellschaft (20 %) sowie an der Stadtwerke Karlsruhe GmbH (10 %) nicht Bestandteil der Transaktion sind.
Vorbehaltlich der Zustimmung aller erforderlichen Gremien auf beiden Seiten sollen die finalen Kaufverträge in den kommenden Wochen unterzeichnet werden. Die Transaktion bedarf noch der Freigabe durch das Bundeskartellamt. Mit einem Vollzug der Transaktion wird noch in diesem Jahr gerechnet.
Die Stadtwerke Tuttlingen sind Mitglied des KOM9-Konsortiums und werden damit voraussichtlich bald Gesellschafter der neuen Thüga sein. Dem KOM9-Verbund gehören neben den SWT etwa 45 weitere Stadtwerke und regionale Versorger aus ganz Deutschland an. Gemeinsam werden sie ca. 37,75 Prozent der Anteile an der neuen Thüga halten. Die SWT werden dazu voraussichtlich 3 Millionen Euro beitragen. Jeweils ca. 20,75 Prozent sollen die drei Integra-Konsorten N-ERGIE AG (Nürnberg), Stadtwerke Hannover AG (Hannover) und Mainova AG (Frankfurt) übernehmen. Zwischen dem Integra- und KOM9-Konsortium wurde eine Aktionärsvereinbarung geschlossen.
Mit der "Rekommunalisierung" der Thüga werden sich die Kräfteverhältnisse auf dem deutschen Energiemarkt verschieben. Als Gruppe kommunaler Versorger wird die neue Thüga nach Vollzug der Transaktion eine entscheidende Größe unter den Energie- und Wasserversorgern in Deutschland sein. Michael Beck, Oberbürgermeister der Stadt Tuttlingen und Aufsichtsratsvorsitzender der SWT, begrüßt die Beteiligung an der Thüga und erläutert: "Durch den Übergang der Thüga in die Hand der Stadtwerke werden kommunale Strukturen der Energieversorgung gestärkt. Die Stadtwerke erhalten hierdurch das Know-how der großen Energieversorger und bleiben trotzdem mit ihrer Wertschöpfung, den Arbeitsplätzen und ihrem Service der jeweiligen Stadt treu."
SWT-Geschäftsführer Dieter Schaaf sieht in dieser Rekommunalisierung eine bedeutende Chance für die strategische Ausrichtung der Stadtwerke. Ziel sei in erster Linie, die maßgebliche Selbstständigkeit des Unternehmens zu sichern, so dass weiterhin Entscheidungen vor Ort getroffen werden und vor allem Arbeitsplätze in der Region bleiben. "Über die Thüga wird die Wettbewerbsfähigkeit mittelständischer Energieversorgungsunternehmen gegenüber den Großkonzernen gesteigert. Die KOM9 und die neue Thüga dienen dazu, die einzelnen Stadtwerke zu erhalten und nicht dazu, einen neuen großen Konzern zu schaffen. Wir wollen den Netzwerkgedanken weiterentwickeln und die Vorteile der Kundennähe nutzen", begründete der Geschäftsführer diese Investition. "Durch die Bündelung von Know-how und Ressourcen können größere Projekte - zum Beispiel im Bereich der regenerativen Energien - umgesetzt und technische Entwicklungen vorangetrieben werden."
Im gemeinsamen Verbund können die Stadtwerke ihre Interessen stärker vertreten. SWT-Geschäftsführer Schaaf erläutert weiter: "Die Investitionssumme ist solide kalkuliert und langfristig auf Wirtschaftlichkeit geprüft. Denn die erwirtschafteten Gewinne der neuen Thüga fließen wieder an die Anteilseigner, also auch nach Tuttlingen, zurück."
Die Thüga AG ist eine 100 % Tochtergesellschaft der E.ON-Ruhrgas und mit mehr als 90 Minderheitsbeteiligungen das größte Netzwerk kommunaler Energieversorger in Deutschland. Mehrheitseigentümer sind zumeist die jeweiligen Städte und Gemeinden. Inklusive aller Minderheitsbeteiligungen (Thüga-Anteil über 20 %) erzielte die Thüga-Gruppe in 2008 mit insgesamt rund 19.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen Umsatz von ca. 16,4 Milliarden Euro. Als Dienstleistungsplattform bietet die Thüga den beteiligten Unternehmen Unterstützung in den Bereichen Energieeinkauf, Vertrieb, Entwicklung neuer Produkte und technischer Projekte, zum Beispiel im Bereich erneuerbare Energien. Ziel dabei ist es, Synergien optimal zu nutzen und die Eigenständigkeit der beteiligten Unternehmen zu stärken.
Diese Ausrichtung wird die Thüga auch nach dem Wechsel in die Hand der Stadtwerke und regionalen Versorger beibehalten und weiter ausbauen. Jedes Unternehmen des KOM9-Verbundes ist in seinem Umfeld ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. So beschäftigen die SWT rund 120 Mitarbeiter und vergeben jährlich Aufträge für Investitionen und Instandhaltungen im Millionenbereich an Unternehmen der Region. Durch den Kauf der Thüga-Anteile sollen diese regionalen Wertschöpfungsketten gefestigt und erweitert werden. Gleichzeitig können über die Stadtwerke-Holding Thüga die Anliegen der kommunalen Energieversorgungsunternehmen auch bundesweit und auf Augenhöhe mit den Großkonzernen vertreten werden. Das gibt den kommunalen Versorgungsunternehmen die Chance, zukünftig eine Führungsrolle zu übernehmen.