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Fairtrade-Projekt als großer Wirtschafsfaktor
OB Beck empfängt Initiatoren von Pidecafé


Das Pidecafé-Projekt ist eine der wichtigsten Säulen der Fairtrade-Stadt Tuttlingen. Am Mittwoch empfing OB Michael Beck Vertreter des Projekts im Rathaus, darunter auch Santiago Paz Lopez, der von Peru aus den Vertrieb des fair gehandelten Kaffees koordiniert.


Gedankenaustausch bei einem Tässchen Pidecafé: Städtepartnerschaftsbeauftragte Elisabeth Schütze, Sigrid Ubert, OB Michael Beck, Santiago Paz Lopez, Hans-Martin Schwarz.
 
Die Anfänge waren klein und überschaubar, mittlerweile ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor aus dem 1991 ins Leben gerufenen Pidecafé-Projekt geworden: „10 000 Familien leben von unseren Projekten“, so berichtete Santiago Paz Lopez beim Besuch im Tuttlinger Rathaus, „wir gehören zu den größten Arbeitgebern in Nordperu.“
 
Santiago Paz Lopez ist Geschäftsführer von Norandino, einer Vermarktungskooperative, die den Pidecafé seit zwei Jahrzehnten zu fairen Preisen vermarktet. Dieser Schritt war der Entscheidende des Projekts: Als es 1991 vom Tuttlinger LBU-Stadtrat Hans-Martin Schwarz und seinem Bruder Dr. Rudolf Schwarz mitgegründet wurde, ging es zunächst nur um die Beratung von Kleinbauern. Schnell stellte sich heraus, dass ein eigener Vertrieb fast noch wichtiger ist – 1995 wurde auch dieser Schritt gemacht. Seither ist viel geschehen:  Sowohl die Quantität als auch die Qualität des fair gehandelten Kaffees gingen steil nach oben. „Am Anfang konnte ich ihn kaum trinken“, erinnert sich Sigrid Ubert vom Weltladen. Die südamerikanische Röstung war einfach nicht den europäischen Geschmäckern angepasst. „Wir haben Anfangsfehler gemacht“, räumt auch Hans-Martin Schwarz ein.
 
Mittlerweile wird der Pidecafé in verschiedenen Mischungen beim Kaffeewerk in Albstadt geröstet und verpackt - einem Inklusionsbetrieb der Lebenshilfe, was den sozialen Charakter des Projekts unterstreicht. Ob die Endverarbeitung in Deutschland nicht dem Fairtrade-Gedanken widerspreche, wollte OB Michael Beck im Gespräch mit den Pidecafé-Machern wissen – schließlich werde so ja Wertschöpfung aus dem Erzeugerland abgezogen. Dass dieser Schritt dennoch sinnvoll sei, erklärte Hans-Martin Schwarz: Zum einen sei es vom Zoll her günstiger, zum anderen sei ein Röster vor Ort besser auf den deutschen Geschmack eingestellt. Und für die Vermarktung des Kaffees sei dies entscheidend. Auch komme der Kaffee dann frischer zum Kunden.
 
Dass bei der Vermarktung immer größere Kompromisse nötig sind, wurde auch deutlich: So wird mittlerweile nur noch ein winziger Anteil des Pidecafé direkt über Welt- und Bioläden vertrieben, der Großteil läuft über den Großhandel, der wiederum Discounter beliefert. Dort wird er mit herkömmlichem Kaffee vermischt – denn bereits an Anteil von 20 Prozent reicht aus, um das begehrte Fairtrade-Siegel auf die Packung drucken zu dürfen. Immerhin: Der Erlös, den die Erzeuger bekommen, ist immer noch doppelt so hoch wie der Weltmarktpreis – egal, über welche Schiene der Kaffee dann zum Endverbraucher gelangt.
 
Damit die Idee des fairen Kaffees von Kleinbauern aber nicht noch weiter verwässert wird, arbeitet man bei Pidecafé gerade an einem neuem Label: Es garantiert, dass die Produkte  von unabhängigen Bauen mit eigenen Kaffeeparzellen, die unabhängig von Großgrundbesitzern wirtschaften, stammen. Außerdem setzt man weiter auf Diversifizierung: Neben 5000 Tonnen Kaffee erzeugen die Pidecafé-Bauern mittlerweile auch je 1700 Tonnen Zucker und Kakao. Gerade hier sah OB Beck mit Blick auf die Tuttlinger Schokoladen-Produktion neue Anknüpfungspunkte. Außerdem soll die Patenschaft mit der Anbauregion Montero nun konkreter werden, erste Ideen für eine Schulpatenschaft mit dem OHG wurden bereits ausgetauscht. „So ein Projekt muss ständig wachsen“, so der OB, „ und wenn wir von Tuttlingen  einen Beitrag dazu leisten können, freut mich das.“