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Tuttlingen trinkt aus eigenen Quellen


Bei der Trinkwasserversorgung arbeitet Tuttlingen gegen den Trend: Während viele Orte die Eigenwasserversorgung aufgeben, stammen in Tuttlingen zwei Drittel aus eigenen Quellen. Für die Verbraucher bedeutet das günstige Tarife. Ihre Kontingente bei der Bodenseewasserversorgung fahren die Stadtwerke jetzt sogar zurück - und sparen dadurch bares Geld.

Eigene Quelle Tuttlingen
Wasser für Tuttlingen: Wassermeister Christian Sattler im
Betriebsgebäude des Riedgraben-Brunnens. Fast zwei Drittel
des Tuttlinger Trinkwassers werden hier gefördert.

Der Schacht ist gut zehn Meter tief, hell gefliest, und an seinem Grund schimmert kristallklares Wasser. Bis 120 Liter pro Sekunde strömen hier im Brunnen Riedgraben laut hydrologischen Gutachten aus dem Erdreich. Rund um die Uhr. Monat für Monat. Jahr für Jahr. Aus dieser Quelle trinkt Tuttlingen.

"Das Wasser hat eine so gute Qualität, wir müssen es gar nicht aufbereiten", berichtet Wassermeister Christian Sattler. "Nur ein bisschen Chlor wird zudosiert - das ist vorgeschrieben, da das Trinkwasserverteilernetz über 200 Kilometer lang ist." Und die gute Qualität hat geologische Gründe: Das Millionen Jahre alte Kiesbett der Donau wirkt wie ein gigantischer Wasserfilter.

Der Riesenfilter verhilft Tuttlingen bereits jetzt zu einer überdurchschnittlich hohen Quote an Eigenwasser: "Zwei Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr verbrauchen wir", rechnet Norbert Gihr vor, "und nur knapp 31 Prozent kommen von der Bodenseewasserversorgung." Der Rest, so erklärt der Abteilungsleiter Trinkwasser bei den Stadtwerken, wird vor Ort gefördert, der Löwenanteil von 62 Prozent im Riedgraben in Richtung Nendingen. Im Tiefental werden vier Prozent gefördert, kleinere Mengen kommen vom Zweckverband Wasserversorgung Unteres Aitrachtal. Das beschert Tuttlingen nicht nur Unabhängigkeit, sondern auch günstige Tarife: 1,258 Euro pro Kubikmeter kostet das Trinkwasser - bis zu 50 Cent weniger als in Nachbarorten, die teilweise von der Bodenseewasserversorgung beliefert werden.

Von der Bodenseewasserversorgung will sich Tuttlingen künftig noch stärker abnabeln: Das Kontingent, das die Stadt theoretisch beziehen dürfte, wird von derzeit 60 auf 44 Liter pro Sekunde gesenkt. "So viel haben wir in den letzten 15 Jahren nie gebraucht", erklärt Norbert Gihr. Und nachdem nun langjährige Erfahrungswerte vorliegen, könne man auf die 16 Liter getrost verzichten, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden.

Und dieser Verzicht spart bares Geld. 50 000 Euro pro Jahr wurden bisher für die nicht abgerufenen Kapazitäten bezahlt - Geld, das für eine Trinkwasseraufbereitungsanlage zurückgelegt wird, falls diese eines Tages notwendig werden sollte. Die Kosten der Aufbereitung sind es nämlich, die viele Gemeinde dazu bewegen, ihre Wasserförderung aufzugeben. "Meist ist es dann billiger, sich an die Bodenseewasserversorgung anzuschließen", erklärt Norbert Gihr. Vor allem die Trinkwasserverordnung von 2001 war es, die vielen Quellen den Garaus machte. Die strengen Vorschriften, unter anderem ein Aufbereitungsgebot bei bestimmten mikrobiellen Belastungen der Rohwassers, konnten viele Gemeinden nicht bezahlen.

"Durch unsere künftigen Rücklagen sichern wir langfristig unsere eigene Wasserversorgung", sagt Oberbürgermeister Michael Beck und denkt dabei weit in die Zukunft. Denn die aktuellen Grenzwerte erfüllt das Tuttlinger Wasser noch ohne Probleme - dank des Donaukieses, der wie ein gigantischer Filter wirkt.