Vorlesen

Erinnerungsprojekt soll Lager Mühlau wieder ins Bewusstsein rücken


Die Erinnerung an das Mühlau soll wieder stärker geweckt werden. Erste Ideen für ein entsprechendes Projekt wurden am Montag im Verwaltungs- und Finanzausschuss des Gemeinderates vorgestellt.

Die Erinnerungen an das Lager Mühlau sind vielschichtig. Für Zwangsarbeiter, die dort zwischen 1943 und 1945 untergebracht waren, war es ein Ort des Hungers und der Ausbeutung. Nach 1945 war es für manche Kriegsgefangene ein Ort der Willkür – und für viele andere das Tor zur Freiheit. Denn vor allem als “dépôt de transit No. 2“ wurde das Lager Mühlau bekannt: Als Durchgangslager, in dem ehemalige Wehrmachtssoldaten von der französischen Besatzungsmacht ihre Entlasspapiere bekamen. Alles in allem dürften es 300 000 gewesen sein.

Muehlau_1
Eines der beiden Kunstwerke: „Weder offen noch zu“ soll an der Bahnlinie stehen – dort, wo einst die Gefangenen ankamen.

Im heutigen Stadtbild gibt es keine Spuren mehr von der Anlage, in der zeitweise bis zu 30 000 Menschen untergebracht waren. Die Bedingungen waren entsprechend, denn geplant war das Barackendorf nur für 800 bis 1000 Insassen. Nur ein unauffälliger Gedenkstein hält die Erinnerung aufrecht. Er steht in direkter Nachbarschaft zur Mühlau-Sporthalle und den Gymnasien, die ab den 1960er-Jahren auf dem Areal zwischen den Eisenbahnlinien errichtet wurden.

„Bis jetzt ist fast nichts zu sehen – obwohl hier eines der größten Lager im heutigen Baden-Württemberg war“, sagte OB Michael Beck. Um dies zu ändern, hat er das Erinnerungsprojekt angestoßen, dessen Konzept nun am Montag im Verwaltungs- und Finanzausschuss vorgestellt wurden.

Das Projekt will zunächst mit künstlerischen Elementen die Dimensionen des Lagers aufzeigen: An vier Ecken des Areals sollen gepflasterte Markierungen im Boden deutlich machen, wo einst die Grenze zwischen Gefangenschaft und Freiheit verlief. An mehreren Stellen sollen Arbeiten der Künstlerin Madeleine Dietz zum Nachdenken auffordern, ergänzt werden sollen sie durch erklärende Tafeln.

Begleitet werden soll das Projekt durch eine wissenschaftliche Quellenauswertung, eine Publikation sowie ein Schülerprojekt. Gerade hier sahen viele Gemeinderäte einen großen Bedarf – denn vielen Schülern von heute ist kaum bewusst, was einst dort war, wo heute ihre Schule steht. „Und viele der Heimkehrer von damals“, so Stadtarchivarin Margret Rieß, „waren nicht viel älter als die Schüler heute.“

Muehlau_2
Riesiges Areal: Das Kunstprojekt soll die Ausmaße des Lagers deutlich machen. An den roten Ecken sollen die Pflasterungen aufgebracht werden.