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Mehr Wohnraum, weniger Einbahnstraßen - Erste Masterplan-Ideen vorgestellt - Rund 160 Teilnehmer bei Bürgerforum


Wie soll Tuttlingen auf den demographischen Wandel reagieren? Was für Ideen gibt es für die Innenstadt? Und wie lassen sich die neuen Chancen nutzen, die der Kreuzstraßentunnel für die Verkehrsentwicklung bietet? Um diese Fragen ging es beim Bürgerforum zum Masterplan mit Albert Speer in der Alten Festhalle am Montag. Wer noch an der Bürgerbefragung teilnehmen will, kann in der Spalte rechts das Formular herunterladen.

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Moderierte das Bürgerforum: Prof. Albert Speer. 

Über 160 Bürger waren trotz hochsommerlicher Temperaturen gekommen, was OB Michael Beck in seiner Begrüßung lobend erwähnte. „Wir sind schließlich auch auf Ihre Ideen und Visionen angewiesen.“ Schließlich stelle der Masterplan einen Prozess dar, wie es ihn in Tuttlingen noch nie gegeben habe. Dies unterstrich auch Prof. Albert Speer, der den Abend moderierte: „Es ist wichtig, dass auch mal ein Fremder einen Blick auf die Stadt wirft.“ Ziel des Prozesses wird es sein, ein Regiebuch für die weitere Entwicklung Tuttlingens vorzulegen.

Das Bürgerforum am Montag war der zweite Schritt zu diesem Regiebuch. Auftakt war eine Klausur des Gemeinderates. Die kommenden Wochen und Monate werden die Planer des Büros AS&P nun nutzen, um sich in zahlreichen Einzelgesprächen ein konkreteres Bild von der Stadt zu machen, bevor sie zu Beginn des kommenden Jahres konkrete Maßnahmen vorschlagen werden. Diese werden dann in einem zweiten Bürgerforum diskutiert, bevor die Endfassung vom Gemeinderat verabschiedet wird.

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Erwartet vom Masterplan wichtige Impulse für Tuttlingen: OB Michael Beck. 

Beim Bürgerforum am Montag stellten der Demograph Tilmann Häusser, die Stadtplaner Stefan Kornmann, Michael Dinter und Svenja Knuffke von AS&P sowie der Leiter der städtischen Stabsstelle Umweltschutz, Michael Hensch, verschiedene Aspekte des Masterplans vor. Nach den ersten Untersuchungen kann man unter anderem folgendes feststellen:

1 - Tuttlingen verliert trotz vieler Jobs an Einwohnern

Tuttlingen hat in den letzten fünf Jahren 666 Einwohner verloren – vor allem durch Fortzüge. Gleichzeitig stieg als Folge der Alterung die Zahl der kleinen Haushalte und somit der Bedarf an Wohnraum. Die Entwicklung des Arbeitsmarktes verlief völlig gegenläufig: Die Zahl der Arbeitsplätze stieg von 2000 bis 2010 um 18,2 Prozent. Da immer mehr Menschen auswärts wohnen, nahm die Zahl der Einpendler um 39,7 Prozent zu.

2 – Tuttlingen braucht deutlich mehr Wohnungen

Selbst wenn die Einwohnerzahl der Stadt nur stagnieren soll, braucht Tuttlingen deutlich mehr Wohnungen. Die derzeit rund 50 neuen Wohneinheiten pro Jahr reichen nicht aus, um die Einwohnerzahl stabil zu halten. Von der Wirtschaftskraft, dem Arbeitsplatzangebot und der Infrastruktur her wäre in Tuttlingen aber auch ein Wachstum möglich. Dies setzt freilich noch mehr Wohnungen voraus.

3 – Tuttlingen braucht Innen- und Außenentwicklung

Um den nötigen Wohnraum zu schaffen, reicht die Ausweisung von Neubaugebieten und die Schließung von Baulücken nicht aus. Wichtig sei auch eine Nachverdichtung und Aufwertung der Innenstadt. Große Potenziale sehen die Gutachter in der südlichen Innenstadt. Sinnvoll sei die Ausweisung weiterer Sanierungsgebiete. Auch Themen wie das Wohnen am Fluss könnten stärker ausgereizt werden.

4 – Tuttlingen bietet viel Lebensqualität

Tuttlingen bietet schon jetzt viel Lebensqualität, könnte aber einige Potentziale noch stärker nutzen: So könnte der Honberg besser an die Stadt angebunden werden, auch die Wege zwischen Stadt und Fluss könnten verbessert werden. Handlungsbedarf sehen die Gutachter auch bei Innenstadtquartieren mit schlechter Bausubstanz und wenig gestalteten Straßenräumen.

5 - Tuttlingen kann auf viele Einbahnstraßen verzichten

Der Kreuzstraßentunnel bringt noch mehr als erhofft: In der Zeughaus- und Möhringerstraße ging der Verkehr deutlich stärker als vorausgesagt zurück. Das Einbahnstraßensystem könne daher weitgehend abgeschafft werden. Außerdem regen die Gutachter an, die ganze Innenstadt zur Tempo-30-Zone zu machen, die Fußgängerzone und die Tempo-20-Zone zu erweitern und viele Straßenbreiten zu Gunsten von Gehwegen und Bepflanzungen zu reduzieren. Für den Radverkehr sollten kritische Kreuzungen anders gestaltet werden, außerdem lohne es sich, über weitere Ringzug-Haltestellen nachzudenken.

6 – Tuttlingens Energiekonzept ist nachhaltig

Bei der Energieversorgung ist Tuttlingen dank der Energiegespräche bereits auf einem nachhaltigen Weg. Werden die Ziele der Energiegespräche umgesetzt, stammen bis 2020 über 70 Prozent des SWT-Stroms aus regenerativen Quellen. Für die Planung sei es jetzt wichtig Standorte zur Energieerzeugung – zum Beispiel für Windkraft – festzulegen.

In der Diskussion gingen schon erste Anregungen von Bürgern ein – zum Beispiel ein Architektenwettbewerb für die Aufwertung der Innenstadt. Weitere Vorschläge werden jetzt gesammelt. Bis Montag, 4. Juli, kann man sich an der Umfrage beteiligen.

INFO:
Die beim Bürgerforum ausgeteilten Umfragezettel können im Rathaus abgegeben werden oder an die Stadt Tuttlingen, Herrn Michael Herre, Rathausstraße 1, 78532 Tuttlingen, geschickt werden.

Der Fragebogen kann auch in der rechten Spalte heruntergeladen und per Mail an michael.herre(at)tuttlingen.de zurückgeschickt werden.

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Gut besucht. Trotz hochsommerlicher Temperaturen kamen rund 160 Bürgerinnen und Bürger.