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Rathaus und
Marktplatz

Marktplatz mit Blick auf das Rathaus und den Pyramidenbrunnen

Schnurgerade Straßen bestimmen das Tuttlinger Stadtbild. Warum aber ist Tuttlingen so „geradlinig“? Am 1. November 1803 brannte die Stadt völlig nieder. Und danach entsandte Kurfürst Friedrich von Württemberg seinen Landbaumeister Carl Leonhard von Uber nach Tuttlingen, um ihn die Stadt wieder aufbauen zu lassen. Uber entschied sich für einen feuersicheren Stadtgrundriss, der antiken Stadtplänen nachempfunden und beim Wiederaufbau der 1782 abgebrannten Stadt Göppingen bereits als Vorbild gedient hatte. In Tuttlingen ist die strenge, klare Straßenführung noch in aller Reinheit erhalten.

Marktplatz

Der zentrale und beherrschende Ort im Schnittpunkt der beiden sich kreuzenden Hauptstraßen Bahnhof-/König- und Obere Haupt-/Rathausstraße ist der geräumige und repräsentative Marktplatz. Er hat einen quadratischen Grundriss. Heute ist es kaum noch vorstellbar, dass bis 1985 beinahe der gesamte Verkehr, der durch Tuttlingen floss, über den Marktplatz geleitet wurde.

Nach und nach wurde die Innenstadt verkehrsberuhigt und die ehemalige Hauptverkehrsachse wurde zur Fußgängerzone umgestaltet. Uber plante den Marktplatz als harmonisches Gebäudeensemble: Alle Häuser waren dreistöckig, hatten ein Walmdach und waren repräsentativ. Heute stehen von den Ursprungsgebäuden nur noch vier. Die Mitte des Platzes beherrscht der Pyramidenbrunnen von Martin Rissler. Er greift einerseits die quadratische Grundform der Stadt und andererseits das Material Edelstahl als Symbol für die Medizintechnik auf.

Rathaus

Das Rathaus wurde 1804 von Carl Leonhard von Uber selbst entworfen. Auch in dem repräsentativen Gebäude tauchen spätbarocke und klassizistische Elemente auf. Es wurde als kubischer Baukörper mit Walmdach errichtet, der Eingangsbereich springt als Mittelrisalit nach vorne und wird von einem Dreiecksgiebel gekrönt. Die beiden Haushälften mit je einem Turm sind absolut symmetrisch. Das Rathaus ersetzte die beiden dem Stadtbrand zum Opfer gefallenen Rathausgebäude. Da nur noch ein Gebäude errichtet werden sollte, bestanden die Bürger darauf, dass zwei Türme das Rathausdach zieren sollten.

In der Aufbruchstimmung der 1970er-Jahre sollte das baufällig gewordene Gebäude eigentlich abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Im Zuge der Stadtsanierung konnte das Bauwerk indessen 1981 bis 1983 renoviert werden. Damit zumindest der größte Teil der Stadtverwaltung unter einem Dach in der Innenstadt untergebracht werden konnte, erhielt das historische Rathaus einen preisgekrönten, städtebaulich interessanten und intelligent geplanten Anbau von Architekt Günter Hermann, der 1987 eingeweiht wurde.

Zwischen Sparkassengebäude und Rathaus wurde ein Innenhof belassen, der wie die Quartierinnenhöfe, von zwei Seiten zugänglich ist. Insgesamt herrschen im Neubau die Stadtfarben Blau-Gold (Gelb) vor. Der Neubau wird über den Altbau betreten und erschlossen, die Repräsentativräume sind im Altbau untergebracht. Lediglich der neue Sitzungssaal konnte im Altbau nicht untergebracht werden und verkörpert fast frei schwebend im ersten Stock des Neubaus ein glanzvolles Spiegelbild der modernen Demokratie.