Vorlesen

Fraktionsmitteilung

Haushaltsrede zum Haushaltsplan 2023 der CDU-Fraktion von Herrn Joachim Klüppel


Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Beck, sehr geehrter Erster Bürgermeister Keller,

verehrte Damen und Herren der Verwaltung, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

Ich möchte mit einer Frage beginnen, die ich mir die letzten Tage gestellt habe und die wir in fast 3 Wochen wieder gerne im Fernsehen hören: The same procedure as last year? Gott sei Dank nicht, habe ich mit Erleichterung festgestellt, wir dürfen unsere Haushaltsrede doch wieder old school – mäßig und analog hier im Gemeinderat halten. Zumindest für mich war es in den vergangenen 2 Jahren äußerst gewöhnungsbedürftig vor laufender Kamera die Rede zu halten. Dennoch zeigt es, dass Corona immer noch nicht Vergangenheit ist und seit dem Frühjahr eine fast noch schlimmere Situation unser Leben in Europa und weltweit beeinflusst und drastisch verändert hat, der Angriffskrieg von Russland gegen die Ukraine.

Aber zunächst ein paar erfreuliche Fakten für das Jahr 2022. Im HH-Zwischenbericht wurden im Gemeinderat Mehrerträge von rd. 22 Mio € prognostiziert, allerdings bei Mehrausgaben von rd. 11 Mio. was so zu einer Ergebnisverbesserung von rd. 11. Mio € führt. Das wiederum heißt aber, dass wir in 2 Jahren mit weniger Schlüsselzuweisungen rechnen dürfen. Leider führen Gewerbesteuermehreinnahmen zur 75% weniger Einnahmen bzw. erhöhten Umlagen, so dass nur rd 25% dieser Mehreinnahmen im städtischen HH verbleiben. Insofern hat unser neuer Stadtkämmerer doch einen guten Start.

Folgende Punkte prägen aber den Haushalt 2023:

  • geringere Schlüsselzuweisungen auf Grund des hohen Gewerbesteueraufkommens 2021
  • keine Kreditaufnahmen geplant (in 2022 wurde ein Darlehen von 8,4 Mio € aufgenommen)
  • das hohe Investitionsvolumen von rd. 39 Mio €, von denen ein Drittel auf die Modernisierung der Gymnasien entfällt. Hier liegen die 10 Mio € Mehrkosten in den Preissteigerungen und nicht in Planungsänderungen
  • Preissteigerungen und Energiekosten
  • Mit der Anhebung der Realsteuersätze in 2022 haben wir uns nicht überall Freunde gemacht. Aber die in Haushaltkonsolidierung beschlossenen Einsparungen durch strikte und stringente Haushaltsbewirtschaftung auf der Ausgabenseite soll durch Mehreinnahmen unterstützt werden. Aber wir haben auch beschlossen, das ist in jedem Jahr selbstverständlich, dass diese Steuersätze jährlich auf eine Rücknahme geprüft werden sollen. Für 2023 sind keine Steueranpassungen geplant.

Sparen, des Schwaben höchste Tugend, wird uns in den kommenden Jahren immer noch begleiten müssen, dennoch beschließen wir heute auch, dass wir für über 42 Mio € Verplichtungserklärungen für die kommenden Jahre abgeben, die zukünftige HH belasten werden. Stand heute allerdings können wir uns als eine Stadt in der Größenordnung noch Dinge leisten, die woanders nicht mehr selbstverständlich sind, moderne Bildungseinrichtungen, Jugendkunst- und Musikschule, ein TuWass und ein Freibad, ein Kulturangebot der Tuttlinger Hallen, Kindergärten, Galerie, etc. . Diese Infrastruktur ist nicht nur für Unternehmen in der Stadt, sondern auch in der Region ein nicht zu vernachlässigender Standortfaktor. Hier ein Dank in Richtung der beiden Geschäftsführer Frau Dr. Rogulic und Herr Baur, die dieses Jahr mit ganz neuen Herausforderungen zu kämpfen hatten.

So müssen wir uns um Themen kümmern, die, unabhängig von Corona, Anfang 2022 noch niemand auf dem Schirm hatte, Stichwort der Angriffskrieg von Russland gegen die Ukraine und die damit verbundenen Folgen die bis in die Kommunen Auswirkungen zeigen. Das zeigt sich in Mehrausgaben für die Flüchtlingsunterbringung und Betreuung, die gestiegenen Energiekosten und nicht zuletzt die Preissteigerungen bei Investitionen in allen Bereichen etc. . All das war so nicht geplant, konnte nicht geplant werden und wir müssen froh sein, dass wir Stand heute haushaltsmäßig so dastehen wie wir im Moment dastehen.

Dennoch, für 2023 wird es keine neuen Projekte geben. Laufende Projekte, wie die weitere Sanierung der Gymnasien, die Umgestaltung am Unionareal, der beschlossene Neubau des Rathaussteges sollen weitergeführt werden. Dauerthemen neben vielen anderen werden wieder sein die Schaffung von Wohnraum (z.B. Thiergarten), Gewerbegebiete DonauTec/Take off, Nachhaltige Bewirtschaftung des Tuttlinger Waldes, sowie natürlich die zukünftigen und laufenden Entwicklungen in den Ortsteilen.

Auf 2 Themen will ich hier kurz eingehen.

Wie in den vergangenen Jahren, wird in 2023 das Thema Mobilität sicher wieder zu Diskussionen im Gemeinderat führen. Auch hier wird die CDU Fraktion die Entwicklung frei von ideologischen Gedanken und Grundsätzen kritisch konstruktiv begleiten. Ein gleichwertiges Miteinander aller Mobilitätsformen, der Umweltschutzgedanke, aber auch die Tatsache, dass Tuttlingen mit seinem ländlichen Umland auch in Zukunft durch den sogenannten motorisierten Individualverkehr (konventionell oder elektro/wasserstoff) geprägt sein wird, werden unsere Entscheidungen hier bestimmen. Das sieht der Baden-Württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann in einem Interview letzten Freitag im Gränzboten, verbunden mit dem Hinweis auf neue Nutzungsformen, übrigens genauso. Das ein Euroticket für die städtischen Buslinien, beschlossene und abgeschlossene Radrouten (nicht immer unumstritten) und vor allem der Umbau des Bahnhofs und des Bahnhofvorplatzes in ein sog. Mobilitätszentrum sind Bausteine davon. Eine komplette Verbannung der Autofahrer aus der Stadt nutzt weder dem Einzelhandel noch den Mitbürgerinnen und Mitbürgern sowie den Besuchern der Stadt.

Auf einen Posten wird bei Haushaltsberatungen immer genau geschaut, die Personalkosten. Wir wissen allerdings auch, dass die gestiegenen Einwohnerzahlen, die Tariferhöhungen, die dringend erforderliche Stellen im Sozial- und Erziehungsdienst (Schulsozialdienst, Kindergärten, Seniorenarbeit etc.) sowie im Integrations- und Flüchtlingsmanagement einen höheren Personalaufwand rechtfertigen. Es ist schade, dass wir als Stadt und öffentliche Verwaltung heute durch diese Stellen Aufgaben erledigen müssen, die eigentlich in den Familien stattfinden müssten bzw. ohne den Krieg in der Ukraine nicht nötig wären. Leider hakt das Regierungspräsidium bei der Bewertung des Haushalts immer auf den Personalkosten rum. Diese Stellen sind nötig und wichtig und werden ja auch gefordert. An dieser Stelle das ausdrückliche Dankschön unserer Fraktion an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung für Ihre Arbeit in 2022, sei es in den Büros im Rathaus, draußen bei der Arbeit auf der Straße, in den Grünanlagen oder in den Kindergärten, Schulen, usw. Ohne den engagierten Einsatz aller Bediensteten in Tuttlingen und den Ortsteilen könnte die Handlungsfähigkeit der Stadt nicht sichergestellt sein und die hier im HH beschlossenen Maßnahmen nicht abgearbeitet werden.

Letztes Jahr hatte ich Mahatma Ghandi bemüht: „Die Zukunft hängt davon ab, was wir heute tun“, ergänzt von mir, was wir heute nicht tun. Der Haushalt 2023 ist eine Richtschnur und Wegweiser für da Tun in 2023. Für uns als CDU Fraktion ist es bei allen Diskussionen wichtig das zu tun und zu entscheiden, was Tuttlingen mit seinen Ortteilen fördert, z.B. Gewerbegebiete, was gut für die Mitbürgerinnen und Mitbürger sowie für eine gesunde und zukunftssichere Umwelt ist (Erhalt und Ausbau der vorhandenen Infrastruktur), und was vor allem zu einer Stadt wie Tuttlingen passt und sinnvoll ist (z.B. Gleichberechtigung aller Mobilitätsformen).

Somit komme ich auf meine Anfangsfrage zurück. Die Antwort kennen wir alle, sie lautet: „The same procedure as every year …“. Auf Grund der o.g. Rahmenbedingungen wird das Jahr 2023 nicht wie jedes Jahr, es wird kein einfaches Jahr, Stichwort „Zeitenwende“, vor allem die sozialen Herausforderungen werden uns immer stärker beschäftigen. Aber ich denke zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern, der Verwaltung, der Industrie, den Handwerkern, dem Einzelhandel und allen nichtgenannten werden wir auch dieses Jahr den Umständen entsprechend erfolgreiche sein können. Die CDU Fraktion wird daher dem Haushalt im Grundsatz zustimmen.

Am Ende des Jahres ist es in diesem Rahmen auch guter Brauch nochmals zu danken, Dank der Stadtverwaltung, mit OB und EBM an der Spitze, mit ihren Betrieben, dem „Stadtkämmerer“ und seinem Team für die auch in diesem Jahr wieder nicht einfache Arbeit, Dank an die engagierten Bürgerinnen und Bürger im Ehrenamt, Dank an Sie liebe Kolleginnen und Kollegen für die gemeinsame Arbeit und Diskussionen hier im Rat sowie Dank an alle Steuerzahler, sei es der Arbeitnehmer, die Industrie, der Handel oder die Handwerksbetriebe. Auch Dank an Sie alle liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger für Ihr Verständnis und Geduld wo nötig.

Das alles verbunden mit den besten Wünschen auch im Namen meiner Fraktion für ruhige, friedvolle und gesegnete Weihnachten sowie viel Glück, Erfolg, Zuversicht und Zufriedenheit sowie vor allem Frieden und Gesundheit in 2023. Wenn wir Frieden und Gesundheit haben, kommt der Rest von selbst.

Es gilt das gesprochene Wort.

12.12.2022,  Joachim Klüppel, Fraktionsvorsitzender der CDU-Fraktion