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Fraktionsmitteilung

Haushaltsrede zum Haushaltsplan 2014 der SPD-Fraktion von Herrn Hellmut Dinkelaker


Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren,

Die SPD-Fraktion hat sich in mehreren Sitzungen, auch mit dem Kämmerer Herrn Keller,
mit dem Haushalt für 2014 beschäftigt. Dabei wurde klar, dass die erstmals angewandte Doppelte Haushaltsführung für die meisten von uns, die wir keine betriebswirtschaftliche Ausbildung haben, schwierig zu durchschauen ist.
Dass Doppik hier eingeführt wird, ist richtig und ja auch gesetzlich vorgeschrieben und sie hat natürlich Vorteile. Die Doppik schafft die notwendige Übersicht, um systematische Entscheidungen besser treffen zu können. Während der Übergangsphase allerdings fehlen die Vergleichswerte. Die Transparenz durch Vergleichsmöglichkeiten wird, so hoffen wir, in den Folgejahren entstehen.

Mit Beginn der Doppik wird deutlich, dass die Stadt eine Viertelmilliarde Euro wert ist, auch eine interessante Erkenntnis, die später mal für Historiker von Bedeutung sein wird.

Es wird in diesem Haushalt erstmals ausgewiesen, dass wir das meiste Geld für Schulen und Kinder ausgeben, über 10 Mio und dass der Anteil der Hardware, also Verkehr, Umwelt und Natur mit über 9 Mio erst an zweiter Stelle steht.  Beide Bereiche überschneiden sich inhaltlich, aber es ist doch bemerkenswert, dass unser „Hauptrohstoff“, nämlich zu bildende und auszubildende junge Leute, im Zentrum des Haushalts steht.

Kinder, Sicherheit, Handel und Gewerbe, gute Arbeit, gutes Wohnen, Kultur und Sport,
das sind die Bereiche, die uns besonders interessieren und die im Haushalt gut untergebracht sind.

Wir sind froh, dass Betreuungseinrichtungen für Kinder in Tuttlingen so gut angeboten werden können,  mit KiTa-Plätzen, mit dem von uns immer unterstützten Neubau des Kindergartens Maria Königin, mit immerhin dem Einstieg in die Sanierung der beiden Gymnasien.

Der Oberbürgermeister sprach letztes Jahr von einem Pakt für die Bildung zwischen Schulträger und Wirtschaft, wir von einer Anhebung der Gewerbesteuern. Beides ist nicht Wirklichkeit geworden. Es geht um die Finanzmittel, die die Stadt braucht um den Werterhalt und die Erneuerung von städtischem Eigentum und hier insbesondere Schulen, stemmen zu können. Die Zahl von über 50 Mio E, die im Sanierungsbericht von 2011 steht, ist sicher nicht kleiner geworden… Wir werden keine Steuererhöhungen vorschlagen, der aktuelle Haushalt legt das nicht nahe, und wir sind gespannt auf den Pakt für die Bildung.

Dass wir Sozialdemokraten nicht nur Geld ausgeben wollen, sondern auch mithelfen, die Einnahmen zu verbessern, wird durch die um 350.000.- € höheren Einnahmen aus der Spielhallensteuer deutlich, deren Erhöhung wir beantragt hatten.

Wir freuen uns, dass das Feuerwehrhaus in der Stockacherstrasse jetzt realisiert werden kann.   Dort entsteht dann – auch mit dem Polizeipräsidium – ein neuer und zeitgemäßer Schwerpunkt für die Sicherheitsdienstleistungen.
Dadurch öffnen sich auch neue Optionen im Areal hinter der Stadthalle.
Hier und gegenüber (Stichwort Ehem. Stadtgärtnerei, SKS usw.) deuten sich interessante innenstädtische Entwicklungsmöglichkeiten an, die ja alle im Masterplan aufgezeigt werden. Hier sollte die Verwaltung schon im nächsten Jahr mit Priorität weiterarbeiten, auch die Wohnbau, die ja Projektplanungen schon vorgenommen hat dort.

Wir freuen uns, dass der Ebert-Platz fertig wird und möglichst ein Modell für weitere Stadtraumgestaltungen gerade in der Südstadt sein wird. Wir haben hier südlich der Zeughausstrasse die dynamischte Bevölkerungsentwicklung und Bewohner aus sehr unterschiedlichen Herkünften.
Integrationsangebote und -Maßnahmen sind wichtig und müssen – auch angesichts der Flüchtlingsproblematik – noch weiter verstärkt werden.

Wir müssen in Tuttlingen ausdrücklich eine Willkommenskultur gemeinsam entwickeln,
für Flüchtlinge, für Menschen aus anderen Kulturkreisen, Religionen, Hautfarben, sozialen
Herkünften. Tuttlingen ist längst – mit Menschen aus 99 Nationen, mit fast eine Drittel Menschen mit Migrationshintergrund, angesichts von Flüchtlingen und Zuwanderern aus anderen europäischen Ländern – eine bunte Stadt, die solche Zuwanderer, die hier arbeiten und leben wollen, braucht.

Das Union-Areal – als vordringliches Entwicklungsprojekt von den Beteiligten des Masterplanverfahrens gemeinsam erkannt – kommt nicht vorwärts. Hier erwarten wir von der Verwaltung verstärkte Anstrengungen. Ob hier noch Handel und Parken möglich sind, oder ob hier doch der Campus erweitert werden kann, vielleicht auch in einem räumlichen und technisch-organisatorischen Zusammenhang mit einem Medizin-Technik-Museum – daran sollten wir mit Energie – auch mit Unterstützung von dritter Seite - arbeiten.

Der Alte Friedhof kann angegangen werden, Erholung, Natur, Kultur, Campusnähe, Kindergarten, neuer Friedhof, historischer Siedlungskern…,zwischen diesen Themenkomplexen kommt dieser Grünen Lunge eine wichtige Bedeutung zu.

Die Bahnhofstrasse wird aufgewertet und saniert, damit die Achse zwischen Zentrum und Stadtgarten mit dem neuen Magneten Röther verbessert werden kann. Die Fußgängerzone soll 2015/16 saniert werden, endlich, muss man sagen, nachdem es viele Klagen gibt.

Dass wir den halben Bahnhof gekauft haben, war richtig. Wir sollten dieses Eintrittsportal nach Tuttlingen für viele Besucher ordentlich richten und dann alles tun, dass eine sinnvolle Nutzung dort entsteht, Angebote für Radfahrer, aber auch für die vielen Pendler, dass dort Leben ist.

Die schrittweise Umsetzung der verkehrlichen Maßnahmen des Masterplanes geht voran, sie braucht Zeit und Flexibilität – nicht nur bei den Verkehrsteilnehmern, sondern auch in der Verwaltung. Ein so kompliziertes System wie innerstädtische Verkehrswege kann man nicht 100%ig vorausplanen und bestimmte Entwicklungen, die negativ verlaufen, müssen auch wieder verändert werden können.
Ausdrücklich auf den Prüfstand gehören nach unserer Meinung die Nord-Südverbindungen, gerade zwischen Wöhrden-Brücke und Campus.
Gegenläufige Verkehre, wo jetzt noch parallel gefahren wird, müssen vorsichtig eingeführt werden, wo sie aus stadtplanerischen Gründen notwendig sind, ansonsten gilt, dass Tuttlingen mit täglich 12.000 Einpendlern leben können muss. Und auch Fahrradfahrer sollen in der Innenstadt gerne fahren wollen und sicher…!

Wohnen – über die Wohnbau sind wir als Stadt mitverantwortlich für gutes Wohnen in der Stadt. Die vor allem energetische Sanierung im Bestand von Mietwohnungen geht weiter, auch auf dem Schafrain!, die neue Bundesregierung wird mehr Geld für energetische Sanierung und steuerliche Verbesserungen ausgeben, hoffentlich können wir davon profitieren. Die Tuttlinger Höfe werden in Angriff genommen mit neuen Wohnmöglichkeiten mitten in der Stadt; diese Wohnungen werden sicher ansprechend und zeitgemäß, aber auch teuer sein. Leider konnten wir uns bei den Tiefgaragenplätzen nicht durchsetzen, sie werden um ein Drittel gekürzt, der Parkraum in der Innenstadt wird – auch durch Röther – noch knapper.
Menschen mit kleineren Einkommen kommen hier in den Tuttlinger Höfen nicht zum Zug, ebensowenig wie in Thiergarten oder im Donaukarree.  Wir beklagen dies, wissen aber, dass es keine oder kaum öffentliche Fördermittel für erschwinglichen Wohnbau gibt und dass Bauen in Tuttlingen insgesamt teurer zu sein scheint als in anderen Städten.

Aber wir fordern, dass jetzt auch Leuchtturmprojekte für erschwingliches Mietwohnen in Angriff genommen werden. Dass das geht, zeigen aktuelle Projekte auch in der Nähe, z.B. in Ulm, wie neulich in der SWP zu lesen.
Das Land muß dazu helfen und wir müssen neue und unkonventionelle Projekte auch in den Nachbarländern studieren, auch Modelle für generationenübergreifendes Wohnen, Wohnhöfe usw.
Tuttlingen als Pendlerstadt kann nur dann mehr Menschen anziehen, die hier wohnen wollen, wenn es auch erschwinglichen Wohnraum gibt. Ansonsten fahren die Menschen lieber jeden Tag hinaus ins günstigere Umland.

Wenn wir die Lebensqualität in unserer Stadt erhöhen wollen, nicht nur die Qualität der Arbeitsplätze, dann müssen wir uns weiter um Kinderbetreuung kümmern, auch z.B. um die Ausweitung der verlässlichen Betreuungszeiten in Schulen, um Ferienbetreuung auch in den kleinen Ferien, wir brauchen wieder eine städtische Jugendarbeit, im Jukuz und ambulant, sind froh, dass es jetzt für Tuttilla eine Möglichkeit gibt, eine zweite Betreuungsperson für die wachsende Zahl der Kinder dort zu bekommen, wenigstens für die nächsten zwei Jahre.

Schulsozialarbeit – hier gibt es gute Ansätze, und die Landesregierung gibt nächstes Jahr 25 Mio E dafür aus, wo vor zwei Jahren noch null war. Die Veränderungen in den Familien- und Sozialstrukturen, in der Medien- und Konsumwelt machen verstärkte Anstrengungen notwendig, wo es um Probleme in Bildung und Ausbildung geht.

In Möhringen können wir die Sporthalle sanieren und im Anschluß muß die längst fällige Sanierung des Kunstrasenplatz am Sportzentrum in Angriff genommen werden. Die medizinische Versorgung im Städtle muß langfristig gesichert werden. Hier hat die Möhringer Ortsverwaltung mit viel Glück und Einsatz die praktische ärztliche Versorgung wenigstens für die nächsten Jahre organisieren können. Auch in Nendingen ist die Verwaltung gefordert, die ärztliche Versorgung wieder zu stabilisieren.
Die Ortsentwicklungen in den drei Teilorten werden auch dieses Jahr unterstützt, in Nendingen wird ein Wohngebiet erschlossen, eine Maßnahme, der wir mehrheitlich zustimmen, weil sie vor allem jungen Familien aus dem Ort als zukünftiger Wohnplatz dienen.

Dass die Verwaltung für die nächsten beiden Jahre 3 Mio Euro einplant für den Erwerb von Gewerbeflächen in Gänsäcker, halten wir für falsch.
Es gibt die Grundsatzentscheidung dieses Gemeinderats dafür und es gibt klare Mehrheitsentscheidungen des Möhringer Ortschaftsrats dagegen;
ein Verfahren zur Flächennutzungsplanänderung hat noch gar nicht begonnen,  und es ist sehr fraglich, ob das RP Freiburg solch einem Flächenverbrauch dort zustimmen wird. Deshalb halten wir diese Vorhaltung von Mitteln für falsch und wir haben dies auch in unseren Aussagen zur Wahl dieses Gemeinderats klar gemacht – „wir stehen zur Entscheidung der Möhringer in Sachen Gänsäcker“.

Trotz dieser und einiger anderer strittiger Punkte im Haushalt wird die SPD-Fraktion mit großer Mehrheit zustimmen. Wir danken der Verwaltung insgesamt für diese besondere Leistung mit dem ersten Doppik-Haushalt und insbesondere Herrn Keller, der mit seinen Mitarbeiterinnen die Umstellung – soweit wir das beurteilen können – hervorragend erarbeitet hat.

Es gilt das gesprochene Wort.

Hellmut Dinkelaker, Fraktionsvorsitzender