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Fraktionsmitteilung

Haushaltsrede zum Haushaltsplan 2012 der LBU-Fraktion von Frau Petra Schmidt-Böhme


Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Beck, Sehr geehrte Herren Bürgermeister,
Sehr geehrte Damen und Herren aus der Verwaltung, liebe Kolleginnen und Kollegen,

erlauben Sie mir zunächst einen vergleichenden Blick in das Haushaltsjahr 2011,
dann wird deutlich, in welch guter finanzieller Lage die Stadt Tuttlingen sich in diesem Haushaltsjahr 2012 wiederfindet:

2011 Haushaltsvolumen Verwaltungshaushalt 80,2 Mio, VmH 14,3 Mio, gesamt 94,5 Mio Euro.
2012 Haushaltsvolumen VwH 92,3 Mio, VmH 19,6, zusammen 112 Mio Euro.

2011 Eine negative Zuführungsrate an den VmH von -845 000 €,
2012 Zuführungsrate an den VmH rund  11  Mio Euro.

2011 Eine negative Netto-Investitionsrate von – 1,5 Mio €,
2012 Netto-Investitionsrate von plus 10,5 Mio €.

2011 Nur das allernötigste an Investitionen, d.h. begonnene Projekte konnten mühsam fortgeführt werden, Ansatz 12,6 Mio €
2012 Das Investitionsvolumen beträgt 18,7 Mio €,

wir freuen uns, alle wichtigen, im  Vorjahr verschobenen Projekte
- Ausbau der Ganztagesbetreuung der Hermann Hesse Realschule
- Neubau des Kindergartens Maria Königin mit Erweiterung von Kinderkrippenplätzen
- Den Bau der neuen Feuerwache an der Stockacher Straße
nun realisieren zu können
und trotzdem keine neuen Schulden aufnehmen zu müssen, sondern 700 000 Euro Schulden tilgen zu können und somit den Schuldenstand von geplanten 
18 Mio Euro zum Ende 2011
Auf 13,7 Mio Euro zum Ende 2012, senken zu können,
eine erfreuliche Entwicklung, die sich bereits im November 2011 in der Übersicht zum Finanzstatus für uns abzeichnete.

Um der Bürgerschaft weiterhin eine gut funktionierende öffentliche Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, müssen wir in den kommenden Haushaltsjahren jeweils einen erheblichen finanziellen Betrag  einstellen. Allein für den Substanzerhalt der städtischen Gebäude müssen wir in diesem Haushalt 2012 mehr als das Doppelte als 2011 investieren, genau gesagt 2 Mio Euro und damit kommen wir noch nicht sehr weit. Zu lange haben wir nicht genügend Mittel für den Gebäudeerhalt aufgewendet, das holt uns jetzt ein, ich erinnere an die Vorlage 207/2011, Bericht zur Instandhaltung der Kommunalen Gebäude der Stadt Tuttlingen.
Weitere 2 Mio Euro sind in 2012 für Pflege und Unterhalt von städtischen Verkehrswegen aller Art bereitzuhalten. Auch hier wird weiterer Bedarf schon heute sichtbar. Mit jeder neuen Straße, sowie mit jedem neuen Gebäude steigen die Folgekosten.
Wir alle sind froh und dankbar, dass die Konjunktur sich erholt hat,
Tuttlinger Betriebe arbeiten weitgehend auf Hochtouren, die Arbeitslosigkeit sinkt und so bedanken wir uns bei allen Gewerbesteuerzahlern für die um etwa 6 Mio Euro Mehreinnahmen in unserem städtischen Haushalt.
Wir haben dafür im Gegenzug die gute Nachricht für die Industrie, dass wir die Hebesätze für die Steuern in diesem Jahr stabil halten werden. Um viele wichtige Infrastrukturprojekte im Mittelzentrum Tuttlingen erhalten, fortführen und wo dringend nötig auch erweitern zu können, lassen sich die Steuern aber auch nicht senken.

Unseren ganz herzlichen Dank möchten wir bei dieser Gelegenheit auch einmal allen ehrenamtlich tätigen Menschen in unserer Stadt aussprechen, die in vielfältiger Weise  und in vielen Bereichen, meistens still im Hintergrund für ein gutes Zusammenleben sorgen, wichtige Arbeiten verrichten, die wir allein mit hauptamtlichen Kräften gar nicht bewältigen könnten. Ohne Ehrenamtliche wäre vieles in dieser Stadt gar nicht möglich.

Der grün-roten Landesregierung haben wir zu verdanken, dass in den nächsten 3 Jahren 2,7 Mio Euro für die Kleinkinderbetreuung in den städtischen Haushalt fließen werden. Das bedeutet eine enorme Entlastung und fördert die positive Entwicklung beim Ausbau der Plätze für die Kleinkinderbetreuung.

So wichtig die Entwicklung bei der Kinderbetreuung ist, wir müssen in Zukunft unser Augenmerk auch wieder stärker auf die Jugendarbeit richten. Was passiert im Jugendkulturzentrum, eine gute Einrichtung in unserer Stadt – gibt es hier genügend Personal für dringend notwendige Angebote?

    

     Können wir jetzt mit dem „Geldsegen“ aus dem Vollen  
     schöpfen?
     Wie könnten wir den „Geldsegen“ noch sinnvoll einsetzen?
    
Wir sollten unsere Stadt zukunftsfähig machen!

Stellen Sie sich vor, wir würden in der Innenstadt endlich mit den jahrelang aufgeschobenen Investitionen in den Straßenraum der Innenstadt (allem voran Bahnhofstraße und Wilhelmstraße) beginnen. Dafür haben wir den Antrag gestellt, 100 000 Euro Planungsmittel für diesen Bereich in den HH 2012 einzustellen und durch VE-Mittel in den kommenden Jahren abzusichern.
Damit könnten auch die Sanierungsmittel „Westliche Innenstadt“, die bis 2013 noch zur Verfügung stehen, ausgeschöpft werden. Wir könnten in diesem innerstädtischen Bereich endlich vorwärts kommen und nicht ständig die gleiche Antwort hören der Masterplan wird´s richten.

Stellen Sie sich vor, wir würden freiwerdende Häuser in der Innenstadt von einer städtischen Gesellschaft aufkaufen lassen und sie gut saniert, energetisch topp, dem Wohnungsmarkt wieder zur Verfügung stellen.

Stellen Sie sich vor, wir könnten eine Haltestelle in der Innenstadt am Poststeg für die Bahn einrichten, eine Art Stadtbahn Wirklichkeit werden lassen.

Stellen Sie sich vor, wir würden die notwendigen Mittel einstellen, um endlich ein durchgängiges Radwegenetz von Süd nach Nord und von Ost nach West zu  bauen, die Fahrradtouristen mit sicheren und regendichten Unterstellplätzen in unsere (dann) schöne, neu gerichtete, verkehrsberuhigte Innenstadt zum bummeln, einkaufen, schlemmen, Interessantes entdecken einladen!
Auch hier haben wir 100 000 Euro beantragt für die schrittweise Realisierung des im vergangenen Jahr mit viel ehrenamtlicher und hauptamtlicher Arbeit fortgeschriebenen Radwegekonzeptes.


So könnten wir unsere Stadt wirklich nachhaltig verändern, die  Innenstadt würde wieder für Wohnen, Einkaufen und Arbeiten, z.B. im Dienstleistungsgewerbe attraktiv. Die Stadt würde vom motorisierten Individualverkehr entlastet und damit fußgängerfreundlicher, weil sicherer und ruhiger.
    
Als erfreulichen Schritt in diese Richtung sehen wir, dass zukünftig auf Grund unseres LBU-Antrages die städtischen MitarbeiterInnen für die Fahrt zur Arbeit bei Nutzung des ÖPNV von ihrem Arbeitgeber Stadt Tuttlingen  einen Zuschuss zur ihre Fahrkarte erhalten.
Durch die Nutzung des ÖPNV entstehen etwa um das sechsfache weniger Emissionen als mit dem motorisierten Individualverkehr.
Steigern wir das Potential der ÖV-Nutzer, so werden wir weniger Verkehrsstauungen haben, müssen wir weniger Parkplätze für Dauerparker vorhalten, haben damit auch weniger Instandhaltungskosten für diese Plätze, wir haben weniger Feinstaub und wir werden dem städtischen Motto gerecht: „Tuttlingen bewegt sich“.
Im Verkehr brächte der Ausbau der Radwege, mehr Sicherheit für alt und jung
auf dem Fahrrad und den zukunftsweisenden Pedelecs. Er wäre wesentlich günstiger zu haben, als der weitere Ausbau von Straßen, der Lärm, Dreck und Gefahren mit sich bringt und dann wieder nach neuen teuren Maßnahmen schreit, wie Lärmschutzwänden, Ausbau von Fahr- und Standspuren an der Stuttgarter Straße und Flächenfraß durch immer neuen Parkraum.

Sie sehen, die LBU hätte die Prioritäten in diesem finanziell gut gestellten Haushalt in großen Teilen anders gesetzt, als es hier mehrheitlich entschieden worden ist.

Wir halten nach wie vor die Innenentwicklung der Stadt für sehr viel bedeutsamer und wichtiger, als die Außenentwicklung in Thiergarten, wo auch in diesem Jahr wieder 1,1 Mio Euro in die Erschließung der Straßen gehen, obwohl die Nachfrage nach Bauplätzen sowohl bei der Stadt, als auch bei der städtischen Wohnbaugesellschaft verhalten ist. Der Trend geht zurück in die Innenstädte, aber dafür muss man etwas tun.

Nach langer Diskussion und zähem Ringen in unserer Fraktion
haben wir uns entschieden: Mehrheitlich hätten wir dem Haushaltsplan bei 2 Gegenstimmen zugestimmt,
nach der unerfreulichen Diskussion heute über unsere Anträge stimmen 3 LBU Stadträtinnen und –räte dem Haushalt nicht zu:
Uwe Schwartzkopf, Katrin Kreidler und Hans-Martin Schwarz, sie lehnen den Haushalt 2012 ab.
Dr. Ulrike Martin, Karin Trommer und Petra Schmidt-Böhme stimmen zu.
Begründet ist diese Zustimmung mit den oben genannten Projekten, Hesse-Realschule, Kindertageseinrichtung Maria Königin und der neuen Feuerwache, die wir alle für dringend nötig erachten und die nun verwirklicht werden.
Der kleine Schritt in die richtige Richtung – Zuschuss für städtische MitarbeiterInnen bei Nutzung des ÖPNV´s macht uns Hoffnung.  
Hoffnung darauf, dass Sie alle, Verwaltung wie Gemeinderat, sich heute von meiner Rede und den darin angesprochenen Notwendigkeiten für eine Entwicklung hin zu einer lebenswerten Innenstadt, zum Nachdenken und für die kommenden Haushaltsjahre zum Handeln anregen lassen.

Ich bedanke mich für´s Zuhören und für Ihre Aufmerksamkeit.

Es gilt das gesprochene Wort.