Haushaltsrede zum Haushaltsplan 2023 der LBU-Fraktion von Frau Dr. Ulrike Martin
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Beck,
sehr geehrter Herr EBM Keller, liebe ZuhörerInnen!
„Wir haben keine andere Zeit als diese…“, ein Zitat von Mascha Kaleko,
und mit den gegenwärtigen Problemen und Krisen durch Corona-
Pandemie, Ukraine-Krieg, zunehmende Flüchtlingsströme und
vor allem durch den Klimawandel und seine z.T. nicht mehr zu beein-
flussenden Folgen müssen wir umgehen.
Unsere derzeitige Haushaltslage ist deutlich besser als für 2022 geplant
dank höherer Gewerbesteuer-Einnahmen (+17,8 Mio ->58,394Mio€),
aber auch erheblicher Haushaltsreste, die nach 2023
übertragen werden und zeigen, dass viele Vorhaben 2022 nicht
abgearbeitet werden konnten. Die Stadt Tuttlingen muss 2023 keine
neuen Schulden aufnehmen, der Schuldenstand wird trotzdem laut Plan
Ende 2023 41,7 Mio € betragen, die Pro Kopf Verschuldung steigt auf
1117€.
Wie wird das Geld verwendet?: Die Sanierung der Gymnasien kann,
trotz Kostensteigerungen um ca. 10 Mio€, fortgeführt werden, der Rat-
haussteg kann neu gebaut werden, die Neugestaltung des Bahnhofs-
vorplatzes kann angegangen werden, ebenso wie der Kindergarten
Brunnenstraße mit Familienzentrum.
Wir können einen erweiterten städtischen Familienpass finanzieren, es
wird keinerlei Kürzungen bei Sozialleistungen, bei den Zuschüssen für
Vereine, für Sport, Kultur und Bildung erfolgen, das ist erfreulich.
Wo wir relativ hilflos zusehen müssen, sind die stetig steigenden Perso-
nalkosten (+2,4Mio ->38,76Mio in 2023), einmal durch Tariferhöhungen
- qualifizierte Mitarbeitende müssen auch angemessen bezahlt
werden -, aber auch durch erweiterte Aufgaben wie etwa durch die
Wohngeldreform. Die meisten neuen Stellen betreffen den Sozial- und
pädagogischen Bereich, wir brauchen IntegrationsmanagerInnen bei
steigenden Flüchtlingszahlen, wir brauchen pädagogische Fachkräfte in
den Kindergärten bei steigendem Bedarf an Kindergartenplätzen. Wenn
man die zunehmenden Verhaltensauffälligkeiten bereits bei Kleinkindern
sieht, dann müssen Kinder früh eine qualifizierte Betreuung erhalten, um
ggf. Defizite in Familien auszugleichen und spätere Kosten zu vermei-
den.
Die Energiekosten steigen um 1,7Mio. So geht es ja allen – „wir haben
keine andere Zeit als diese..“, ein guter Grund selbst in die Energie-
produktion, natürlich erneuerbare Energien, zu investieren: Eine PV-
Anlage auf der Deponie Hasenholz, eine eigene Hackschnitzelproduktion
für BHKWs sind lobenswerte Vorhaben, die die bereits installierten PV-
Anlagen auf städtischen Dächern mit Stromeigenverbrauch sinnvoll
ergänzen. Traurig oder eher erschütternd ist die Tatsache, dass unsere
Stadtwerke dazu nicht in der Lage sind. Wir könnten hier schon viel
weiter sein und das ärgert uns! Es ist ein Unding, dass ein Windrad auf
Tuttlinger Gemarkung gebaut wird ohne Beteiligung der Stadtwerke. Hier
wäre auch ein Bürgerbeteiligungsprogramm möglich gewesen.
Klimafreundliche Energiegewinnung ist das eine, Änderung des Mobili-
tätsverhaltens das andere im Kampf gegen den Klimawandel. Und hier
sind wir ein Stück weitergekommen. Wir haben ein Mobilitätskonzept
gemeinsam verabschiedet, 2023 wird der City-Tarif für dem Stadtbus
eingeführt, für 1 € einmal durch die ganze Stadt einschließlich
Stadtteilen, toll. Der Bahnhofsvorplatz wird zur Mobilitätszentrale
entwickelt einschließlich Fahrradparkhaus. Die Uhlandstraße wird
Fahrradstraße, ein weiterer Schritt zu einem durchgehenden
Radwegenetz, die Radachse Nord ist fertig und gelungen!
Über eines müssen wir uns im Klaren sein, der motorisierte Individual-
verkehr muss abnehmen, dazu dienen die o.g. Maßnahmen, wobei
kein LBUler das Auto komplett verbannen will, wie uns manchmal
unterstellt wird. So unterstützen wir auch den Bau eines Parkhauses für
die Innenstadt genauso wie die Gestaltung sicherer Fußwege. Es geht
um gerechte Verteilung der Verkehrsräume zugunsten einer
ökologischen Mobilität.
2023 wird nun DonauTech erschlossen, neue Gewerbeflächen ent-
stehen, Thiergarten wird weiter bebaut, Wohnraum geschaffen.
Gleichzeitig finden die Vorberatungen zur Fortschreibung des
Flächennutzungsplans in der Verwaltungsgemeinschaft statt. Wir
müssen ernsthaft darüber nachdenken, das für Wohnbebauung
vorgesehene Gebiet jenseits der Rußbergstraße aus dem FNP
herauszunehmen, um unser wertvolles Tuttlinger Wasser zu schützen!
Die Gewinnung innerstädtischer Flächen durch die Verlegung des
Straßenbauunternehmens Storz ist bislang gescheitert, hier sollten
Verhandlungen wieder aufgenommen werden.
Wir freuen uns, dass Herr Hager als neuer Abteilungsleiter Forst in
Zusammenarbeit mit unserem Baudezernenten, Herrn Steinbrenner, das
Thema Nachhaltigkeit im Zeichen des Klimawandels in die Hand nimmt
und dass unser Oberbürgermeister dahintersteht!
Da wir mit weiteren Temperatursteigerungen im Sommer rechnen
müssen, wird es notwendig sein im kommenden Jahr Hitzepläne aufzu-
stellen, wie es andere Städte bereits getan haben, nachdem Pläne für
Wärmehallen und Notanlaufstellen bei möglichem Black out – mögen
wir davon verschont bleiben – bereits vorliegen.
Es gäbe noch viele Zahlen und Fakten aufzuzählen. Ich habe mich auf
die dringlichsten und für uns wichtigsten beschränkt, das Thema Donau
aber nicht vergessen, hier sollte 2023 eine Entscheidung fallen.
Tuttlingen geht es angesichts der allgemeinen Weltlage noch sehr gut,
wir können wirklich zufrieden sein. Der Haushaltsplan ist solide, die Stadt
ist handlungsfähig trotz erheblicher finanzieller Belastungen.
Die LBU-Fraktion stimmt dem Haushaltsplan 2023 zu!
Wir danken Herrn EBM Keller für das Erstellen seines letzten Haushalts-
plans und für die in den vergangenen Jahren immer gute unkomplizierte
Zusammenarbeit und wünschen Herrn Fischer als seinem Nachfolger
eine glückliche Hand und immer positive Zahlen!
Wir danken allen, die sich für unsere Stadt, haupt- oder ehrenamtlich
einsetzen und an der Finanzierung unseres Haushalts beteiligt sind! Bei
allen Widrigkeiten – „wir haben keine andre Zeit als diese…“-
wünschen wir ein frohes Weihnachtsfest und ein friedlicheres Neues
Jahr 2023! Bleiben wir zuversichtlich und guten Mutes!
Es gilt das gesprochene Wort!
Tuttlingen, 12.12.2022, Dr. Ulrike Martin, Fraktionsvorsitzende der LBU-Fraktion
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