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Fraktionsmitteilung

Haushaltsrede zum Haushaltsplan 2021 der FW-Fraktion von Herrn Michael Meihack


Sehr geehrter Herr OB Beck,
Sehr geehrter Herr EBM Buschle,
geschätzte Stadträtinnen, Stadträte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
verehrte Bürgerinnen und Bürger der Stadt Tuttlingen,
liebe Medienvertreter,

zunächst auch von uns Dank und Anerkennung an die Kämmerei für die Darstellung und Transparenz des Haushaltes 2021.

Als ich meine Rede zum Haushalt 2020 vom 15.12.2019 nochmals durchgelesen habe, war ich geschockt darüber, wie eine Naturkatastrophe, die wenige Monate danach ausbrach, alles schlagartig verändern kann. Bereits beim ersten Lockdown im Frühjahr und in den unzähligen Tele- und Videokonferenzen zeichnete sich ab, wie schonungslos die Pandemie alle Planungen und Aussagen für 2020 zunichtemachte. In diesen veränderten Zeiten werden dieses Jahr die Haushaltsreden nicht mündlich gehalten, sondern nur abgedruckt und per Video übertragen? Die Freien Wähler werden bewusst nur die uns wichtigen zentralen haushaltsrelevanten Punkte behandeln und hierbei auch keine Zahlen nennen, denn wer weiß heute, wie die finanzielle Lage Ende Mai 2021 aussehen wird.

Bei der Haushaltsplanvorberatung am 30. November 2020 galt deshalb der Grundsatz dogmatische Grenzen zu überwinden, finanzielle Herausforderungen anzunehmen und sie aktiv zu gestalten. Dazu gehört ein Zusammenwirken aller, gemeinsame Wege mit der Wirtschaft und der Bürgerschaft zu gehen.

Finanzen

Die Corona-Pandemie beeinflusst unseren Haushalt wie noch keine Krise zuvor. Die finanzwirtschaftlichen Folgen treffen uns sowohl auf der Seite der Ausgaben als auch der Einnahmen. Unter diesen Vorzeichen leuchtet bei uns die Warnstufe orange!

Herr Kämmerer Keller hat Anfang Oktober im Finanzzwischenbericht aufgezeigt, wie das Haushaltsjahr 2021 auch unter diesen schwierigen Vorzeichen gelingen kann. Wichtig ist, dass dringend notwendige, sowie nicht mehr aufschiebbare Investitionen vorgenommen werden können, wenn auch die dafür erforderliche Schuldenaufnahme erheblich schmerzt. Die Haupteinnahmequellen, die Gewerbesteuer und der kommunale Anteil an der Einkommensteuer, sind drastisch eingebrochen und trotz Unterstützung von Bund und Land werden dadurch nur Teile der entstandenen Einnahmeausfälle ersetzt. Große Finanzlöcher bleiben an der Stadt hängen.
 
Wir die Freien Wähler haben in den vergangenen Jahren stets auf einen ausgeglichenen Haushalt geachtet und ‚Wünschenswertes vom Machbaren‘ versucht zu trennen, um den Haushalt im Hinblick auf nachfolgende Generationen maßvoll zu gestalten.

In der schwersten Wirtschaftskrise seit der Nachkriegszeit plant der Bund Rekordschulden von über 200 Milliarden Euro. Diese werden über kurz oder lang von allen Steuerzahlern getragen werden müssen! Mit Blick auf die ungewisse Entwicklung der Wirtschaft bleibt eine große Unsicherheit.

Daher gilt die Erkenntnis für uns alle: Das Jahr 2020 stellt eine Zäsur für die nächsten Jahre dar und bringt ein doppeltes Dilemma: Um die laufenden Kosten zu bezahlen, müssen wir neue Schulden aufnehmen und gleichzeitig radikal sparen. Den Appell zur absoluten Haushaltsdisziplin für die kommenden Jahre haben wir vernommen und werden diesen konsequent umsetzen.

Das Jahr 2020 hat unser Leben in vielen Bereichen verändert und verschiedene Seiten von uns Menschen offenbart. Gleichzeitig hat uns diese Krise aber auch neue Chancen und Sichtweisen aufgezeigt. So hat sie uns einen Digitalisierungsschub beschert: Ob Homeoffice, Homeschooling oder Vorlesung: Seit Corona geht in Deutschland nun wesentlich mehr digital.

Unser großer Dank geht an alle Mitbürgerinnen und Mitbürger für das besonnene und verantwortungsvolle Handeln und das gute Miteinander. Viele Vereine, Kirchen und Organisationen mussten und müssen auf die neuen Bedingungen kreativ und flexibel reagieren, Gaststätten bieten Essen zum Mitnehmen an, der Einkaufsbus, die Musikschule erweitert ihr Angebot auf digitalen Musikunterricht von zuhause aus, Kindertageseinrichtungen hatten und haben Notgruppen-Betreuung organisiert – um nur einige Beispiele zu nennen. Wir haben in Tuttlingen viel Gemeinsinn und Gemeinschaft erlebt und dafür dürfen wir auch dankbar sein.

Ein großer Dank geht auch an die Verwaltungsspitze und an die einzelnen Fachbereiche, wo in kurzer Zeit viele wichtige Entscheidungen getroffen und umgesetzt werden mussten. Ein Ende ist nicht absehbar und wir werden uns noch einige Zeit auf veränderte Lebensbedingungen einstellen müssen.

Die Krise trifft uns zu einer Zeit, in der wir notwendige millionenschwere Großprojekte (DonauTec, Thiergarten, Ortskern Nendingen und Möhringen) bereits auf den Weg gebracht haben. Wir stehen zu diesen Investitionen, sind sie doch entscheidend für die Zukunft unserer Stadt. Die Sanierung der beiden Gymnasien können nicht aufgeschoben werden. Im Schulzentrum wird bereits seit diesem Jahr gebaut und modernisiert, weitere Jahre wird es bis zum Abschluss aller Sanierungsmaßnahmen dauern. Überlegt werden sollte ob aufgrund der angespannten Haushaltslage, Projekte die nicht zwingend erforderlich sind überdacht und eventuell auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden oder gestrichen werden. Z. B. im Quadrat, Bahnhofsvorplatz, Bahnhofsdurchbruch, Sanierung der Stockacher Str.
 
Auch die jüngeren Kinder in unserer Stadt beschäftigen uns, der Torhauskindergarten wird bis Ende Januar fertiggestellt und übergeben.

Bei der Wirtschaftsförderung sehen wir noch deutlich Luft nach oben, wohlwissend dass es in der Innenstadt zunehmend leere Geschäfte geben wird. Auch die Pandemie hat den Onlinehandel weiter stärken können, was es nicht leichter macht hier gegen zu steuern. Wir sollten uns deshalb weiter auf KAUF IN TUTTLINGEN konzentrieren, um nicht unsere Innenstadt aussterben zu lassen.

Im Rahmen der Mobilitätsworkshops im September wurden zielgerichtete Maßnahmen versucht zu entwickeln, die sinnvoll und realisierbare Lösungen für alle Verkehrsteilnehmer anbieten und unter anderem ein Umsteigen auf den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) oder alternative Fortbewegungsmittel (z.B. Seilbahn) attraktiv machen. Den Radverkehr auf der Weimarstraße einzubinden und hierbei noch eine Erneuerung des Donauufers zu erwirken, die auch Fördergelder vom Land mit sich bringen könnten, liegt ganz im Interesse der Freien Wähler. Wir legen Wert auf ein integriertes Handlungsszenario mit konkreten Handlungsempfehlungen sowie einer Grobkostenschätzung.
 
Die kommenden Jahre werden viel von uns abverlangen, um Tuttlingen und seine Ortsteile in eine gesicherte Zukunft zu führen. Wir stehen in der Verantwortung gegenüber nachfolgenden Generationen. Wir wünschen uns, dass wir mit dem Haushalt 2021 einen Schritt in die richtige Richtung machen.

Die Freien Wähler wünschen nun Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch in neues Jahr.

Bleiben Sie Gesund.

14.12.2020, Michael Meihack, Fraktionsvorsitzender der FW-Fraktion