Haushaltsrede zum Haushaltsplan 2018 der LBU-Fraktion von Frau Dr. Ulrike Martin
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Beck, Herr Erster Bürgermeister Buschle, sehr geehrte Gemeinderatskolleginnen und –kollegen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger!
Wir verabschieden heute den Haushaltsplan für 2018 mit Gesamtbeträgen von Aufwendungen und Erträgen im Ergebnishaushalt und Einzahlungen und Auszahlungen im Finanzhaushalt von erstmals über 100 Millionen € !
Als gewählte Gemeinderäte und damit Vertreter der Tuttlinger Bürgerschaft bestimmen wir nach entsprechender Vorarbeit der Verwaltung über das „Haushaltsgeld“ der Stadt. Wir können uns dabei glücklich schätzen, dass wir so eine profitliche Einnahmesituation dank sprudelnder Steuern haben, aber wir geben eigentlich 2018 auch alles und mehr wieder aus !
Was bringt das nun den BürgerInnen und Bürgern, alten und jungen ?
Die Steuersätze (Hebesätze) bleiben gleich, das betrifft die Unternehmen, Landwirte, Grundstücksbesitzer und Mieter.
Ab 2019 soll die Grundsteuer B wieder gesenkt werden, da diese zur Refinanzierung der neuen Feuerwache vorübergehend erhöht worden war. Damit würden auch Mietnebenkosten sinken.
2018 wird mit der Rathausstraße und dem Marktplatz die Sanierung der Fußgängerzone mit weiteren 2,3 Mio € fortgeführt. Damit wird auch der einstige Schildbürgerstreich – Übergang Rathaussteg in die Rathausstraße – hoffentlich beseitigt werden. Die erweiterte, barrierefreie und attraktive Fußgängerzone mit einer effektiven Beleuchtung bietet eine hohe Aufenthaltsqualität, die Tuttlingern, Besuchern und der Gastronomie nutzen wird. Und natürlich dem Einzelhandel, vorausgesetzt, wir halten konsequent am Zentrenkonzept fest! Und für unser Sahnestückchen Wochenmarkt werden wohl auch noch alle Marktstände ihren wahren Platz finden.
Hier muss ich die Anmerkung machen, dass unserem finanzpolitischen Sprecher eine günstigere Ausführung aus Kostengründen lieber gewesen wäre.
Ein dicker Brocken für die nächsten Jahre ist die dringend notwendige Sanierung der Gymnasien, die 2018 endgültig geplant und in den darauffolgenden Jahren für ca.50 Millionen € - 50 Millionen !!! – umgesetzt werden soll. Für Lehrer und Schüler erst mal eine Belastung, aber mit der Aussicht auf schöne, nach pädagogischen und baurechtlichen Gesichtspunkten auf den neuesten Stand gebrachte Gebäude, die mit Leben erfüllt werden dürfen. Wir investieren also in Bildung durch Beton !
Bedauerlich, dass staatliche Zuschüsse nach hochkomplizierten und resourcenbindenden Antragsverfahren eher bescheiden ausfallen.
Für Grunderwerb sind fast 17 Millionen € vorgesehen. Davon sollen die Grundstücke in Gänsäcker für das Gewerbegebieit DonauTech erworben werden. Das bringt einerseits neue Arbeitsplätze, die aber auch im Gewerbepark Neuhausen hätten geschaffen werden können, andererseits geht wertvolles Ackerland dadurch verloren. Das ist auch der Grund, warum wir als LBU einer Erweiterung des Baugebiets „Unter dem Hägle“ in Nendingen und Gassenäcker in Esslingen nicht zustimmen können. Es gilt hier Innenentwicklung vor Außenentwicklung!
Ein hoffnungsvolles Beispiel hierfür ist der Erwerb des innerstädtischen Storz-Areals, der Tuttlingen in die Lage versetzt ausreichend neuen Wohnraum für eine wachsende Einwohnerzahl nicht nur zu schaffen, sondern auch zu gestalten. Dabei werden wir, wie bei Thiergarten II+III, darauf achten, dass mögliche Investoren den beschlossenen Anteil von 30% Sozialwohnungen auch wirklich umsetzen und dass Wohnraum bezahlbar ist!
Die Sanierung eines weiteren Teils der Stockacherstraße zusammen mit den Stadtwerken für 1 Million € bringt für die Anwohner zusätzlich zu Tempo 30 nachts eine Lärmberuhigung, außerdem „unter der Erde“ eine verbesserte Infrastruktur.
Der Sanierung der Rußbergstraße im Bestand könnten wir zustimmen, das dient der Sicherheit von Radfahrern und Autofahrern. Dem geplanten Ausbau mit einer Breite von 5,50m und diversen Stützwänden können wir nicht zustimmen, da dieses Tuttlinger Naherholungsgebiet „zerschnitten“ würde, wie es Herr Czerny in den Vorberatungen beschrieb. Außerdem liegt die Straße im Wasserschutzgebiet und sollte nicht für den Verkehr noch attraktiver werden.
Und jetzt komme ich zum Radverkehr, einem ureigensten Anliegen der LBU. Ich lese Ihnen dazu den entsprechenden Passus der Haushaltsrede 2017 meiner geschätzten Vorgängerin Petra Schmidt-Böhme vor und das nicht, weil ich zu faul wäre etwa Neues zu schreiben, sondern.... hören Sie selbst....
Schon seit dem Jahr 1994 gibt es einen Plan „Radwegenetz Tuttlingen“, der 2010 von einer sehr engagierten Gruppe gemeinsam mit der Verwaltung fortgeschrieben worden ist. Bislang gibt es kein durchgehendes Radwegenetz und viele Stellen in Tuttlingen sind für Radfahrer unübersichtlich und gefährlich. Wenn wir das Fahrrad als wichtiges umweltfreundliches Verkehrsmittel im Alltag fördern wollen, sauberen Verkehr vorwärts bringen wollen - am besten gemeinsam mit der Verbesserung des Öffentlichen Nahverkehrs - müssen wir an einem Mobilitätskonzept arbeiten, welches das Attribut „Nachhaltige Mobilität“ auch wirklich verdient. Dazu gehört ein technisch einwandfrei funktionierender Stadtbus, mit Vorrang an den Ampeln vor dem Individualverkehr.
Ein wichtiger Schritt in Richtung Radwegenetz ist für uns, endlich die fahrradfreundliche Anbindung der Nordstadt – nicht nur für Schülerinnen und Schüler - sondern auch zunehmend für ebike fahrende ältere Menschen.
Herr Beck, wir danken Ihnen, dass Sie uns in der HH-Plan-Vorberatung in unserem Ansinnen unterstützt haben, die Rampe von der Lessingstraße auf die Dr. Karl-Storz-Straße endlich umzusetzen. Hier kann ein erster Schritt gemacht werden, das Geld ist ja aus dem vergangenen Jahr noch vorhanden und ein Förderantrag läuft für das Projekt inzwischen.
Wir erwarten, dass kurzfristig auf Grundlage der überarbeiteten Radwegeplanung ein Radwege-Masterplan für Tuttlingen erstellt wird, mit dem wir Stück für Stück das Radwegenetz Tuttlingens für die Sicherheit von Radfahrern ausbauen können. Auch fehlen sichere und wetterfeste Abstellanlagen für Fahrräder, die sinnvoller Weise gleich mit geplant werden sollten.
Unser Antrag vom März 2017 wartet immer noch auf abschließende Bearbeitung und Umsetzung ....ein Trauerspiel ! Und ein integratives Mobilitätskonzept kann nicht bis zu einer möglichen Landesgartenschau warten. Die Einführung der Parkraumbewirtschaftung ist ein erster wichtiger Schritt. Allerdings trägt der neue Winterfahrplan nicht gerade dazu bei, die Menschen für den ÖPNV zu motivieren, schade, schade...
Unser Antrag beinhaltet auch die Benennung eines Fahrradbeauftragten, dies ist bisher leider auch nicht erfolgt, obwohl es nicht um eine zusätzliche Stelle geht.
Und damit kommen wir zum Personal: Die Stadt Tuttlingen bietet Arbeitsplätze für über 700 Menschen, 45 Ausbildungsplätze und 9,5 Sozialstellen. Man bemüht sich sehr ,dass Familie und Beruf gut vereinbar sind, bietet einen ÖPNV-Zuschuss und eine private E-Bike-Nutzung für Mitarbeiter.
Dass eine familienfreundliche Stadt mehr Personal für Kinderbetreuung bei erweiterten Öffnungszeiten braucht, ist klar, die Übernahme der Flüchtlingsbetreuung bedeutet 4 Stellen zusätzlich, auch Sozialarbeiter an den Schulen werden mittlerweile überall gebraucht und leider auch mehr Mitarbeiter beim Kommunalen Ordnungsdienst.
Jede Investition hat Folgekosten, auch personell: kleines Beispiel: neues WC-Donauspitz – übrigens zur erleichternden Freude vieler Bürger – bedeutet zusätzlich 2,5 Stunden Reinigungsdienst in der Woche.
Trotz all dieser Begründungen muss ein Personalbudget von mittlerweile 30 Millionen € überdacht werden, weshalb das Wiederaufleben der Konsolidierungskommission sehr wichtig ist.
Für 2018 wollen wir uns Investitionen für 32,8 Millionen € leisten!
Können wir das wirklich ? Jedenfalls werden wir unsere Rücklagen bis auf die Mindestliquidität aufbrauchen und uns mit 13,7 Millionen € neu verschulden ! Das bedeutet einen Anstieg der Prokopfverschuldung auf 696 € Ende 2018. Immerhin sind ca.17 Millionen als rentierliche Investitionen anzusehen, da durch späteren Verkauf der erschlossenen Grundstücke refinanziert. Aber die Folgekosten werden den Ergebnishaushalt weiter belasten.
Abschließend freuen wir uns, dass wir einstimmig einen Zuschuss für die Beratungsarbeit der AWO in der Jetterstraße beschlossen haben
Außerdem freuen wir uns, dass die FairTrade-Stadt Tuttlingen wächst!
Auch wenn wir nicht mit allen Positionen des Haushaltsplans 2018, wie erwähnt, einverstanden sind, halten wirs wie die Landesregierung bei Stuttgart 21, akzeptieren die demokratischen Beschlüsse und beteiligen uns in unserem Sinne an der Gestaltung.
So stimmt die LBU-Fraktion dem Haushaltsplan 2018 zu.
Wir bedanken uns bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, bei Ihnen, Herr Oberbürgermeister Beck und Ihnen Herr Erster Bürgermeister Buschle und auch bei Herrn Bürgermeister Kamm - dem wir von hier aus alles alles Gute wünschen – und unseren Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat für das gute, harmonische Zusammenarbeiten im vergangenen Jahr, auch wenn wir nicht immer einer Meinung waren und sind.
Wir bedanken uns bei allen ehrenamtlich Tätigen in Tuttlingen, vor allem denjenigen, die sich für die sozialen Belange der Bürgerschaft einsetzen und wir bedanken uns bei allen Steuerzahlern, die einen solchen Haushalt ermöglichen.
Außerdem möchten wir uns besonders bei den für den Gemeinderat zuständigen Damen ganz herzlich bedanken, die das ganze Jahr über immer freundlich und hilfsbereit sind.
Wir wünschen allseits ein frohes, den persönlichen Haushalt nicht zu sehr belastendes Weihnachtsfest und ein friedliches und zufriedenes Neues Jahr 2018 !
Es gilt das gesprochene Wort.
18.12.2017, Dr. Ulrike Martin, Fraktionsvorsitzende der LBU-Fraktion
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