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Fraktionsmitteilung

Haushaltsrede zum Haushaltsplan 2014 der LBU-Fraktion von Frau Petra Schmidt-Böhme


Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Beck,
Sehr geehrte Herren Bürgermeister,
Sehr geehrte Damen und Herren in der Verwaltung,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
Sehr geehrte, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

gewusst haben wir schon lange vom „NKHR“,
oder verständlicher ausgedrückt vom
„Neuen kommunalen Haushalts- und Rechnungswesen in Baden-Württemberg“
oder auch
„Neues Steuerungsmodell“ genannt.

In diesem Jahr mussten wir uns nun erstmals mit diesem neuen, völlig anders aufgebauten Haushaltsplan auseinandersetzen, der dem „Neuen kommunalen Rechnungswesen in Baden-Württemberg“ entspricht.

Frühzeitig hat der Kämmerer mit seiner Mannschaft in der Kämmerei und der Rechnungsabteilung in vielen Stunden den Haushaltsplan ähnlich  einer handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung erarbeitet, das städtische Vermögen bewertet, Teilhaushalte erstellt, diesen Dienstleistungsprodukte zugeordnet, Recherchen zu Pensionsrückstellungen angestellt, Finanzumlagen für Kreis und Land berechnet und das neue Konzept
deutlich frühzeitiger als vom Land verlangt umgesetzt:
Wir hätten uns noch bis zum Jahr 2020 Zeit lassen können, von unserem gewohnten kameralen Haushalt auf die sogenannte Doppik umzustellen,
aber das Jahr 2014 war laut Gemeinderatsbeschluss vom Mai 2011 das Zieljahr für den Neubeginn mit einem Haushaltsplan, der die Generationengerechtigkeit berücksichtigen soll: das heißt: Keine Ausgaben auf dem Rücken unserer Kinder!

Dank gebündelter Kräfte in der Kämmerei und im Rechnungswesen erhielt der Gemeinderat als Arbeitsgrundlage für die Haushaltsplanberatungen 2014 einen übersichtlichen Haushaltsplan, der in den kommenden Jahren noch an Schärfe gewinnen wird, weil die Zahlen dann wieder – wie im alten kameralen Aufbau – vergleichbar werden. Für dieses Werk gebührt allen Beteiligten, insbesondere unserem Stadtkämmerer, Herrn Uwe Keller, unser ganz besonderer Dank.

Uns ist es ein Anliegen darauf hinzuweisen, dass die Finanzen der Stadt Tuttlingen im vergangenen und auch im kommenden Haushaltsjahr weiter gut geordnet sind.
Wir brauchen jetzt keine Steuer-Hebesatzerhöhungen, um das enorme geplante  Investitionsvolumen finanzieren zu können, wir brauchen keine neuen Schulden aufzunehmen, sondern bauen wieder einen kleinen Teil der Verschuldung ab.
Die Überlegung der LBU war, in weit größerem Maße Schulden abzubauen und dadurch die Zinslasten der Stadt zu verringern. Prüfungen in der Kämmerei haben ergeben, dass das Höchstmaß an möglichen Umschuldungen ohne Mehrkosten für 2014 erreicht wird.

Neben den schon genannten hohen Gewerbesteuereinnahmen geht die Stadt Tuttlingen  mit einer Rücklage von ca. 17 Mio. Euro in das neue Haushaltsjahr.

Das Investitionsvolumen im Jahr 2014 beträgt 26 Mio. Euro, davon fließen 18 Mio. in Bauvorhaben, die wir zum Teil schon seit der Finanzkrise 2010 schieben, nun aber endlich angehen können und die wir als LBU sehr begrüßen.
-  Der Bau des Kindergartens Maria Königin steht mit dem städtischen 
    Zuschuss von 1,85 Mio. Euro schon fast einzugsbereit da,

-  Die Feuerwehr bekommt endlich ein ansehnliches und technisch
   funktional einwandfreies Gebäude am südlichen Stadteingang, mit
   einer architektonisch schönen, robusten und nachhaltig pflegeleichten
   Klinkerfassade,

-  Die Westliche Innenstadt soll aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt
   werden. 
Mit einem Invest von 1,9 Mio. Euro in den Straßenraum von Wilhelmstraße und Bahnhofstraße wird die Einkaufsstadt Tuttlingen rund um den neuen Modepark Röther belebt und so werden im Endspurt die vorhandenen Sanierungsgelder noch eingesetzt, bevor die Frist abläuft.
Eine jahrelange Forderung der Menschen, die dort wohnen und der dort ansässigen Geschäfte und Dienstleistungsbetriebe, stark unterstützt von der LBU, wird damit nun endlich umgesetzt.
-  In Anlehnung daran hofft die LBU auch auf neue Initiativen zum
   Wohnungsbau in der Innenstadt. Dafür wird dank unseres Antrags ein
   Innenstadtförderprogramm von 150 000 Euro für Familien mit Kindern
   bereit gestellt, das neuen Wohnraum in der 
   Innenstadt durch Neubau oder Sanierungen im Altbestand schaffen  
   wird.
-  Und die Möhringer können sich nach der Generalsanierung ihrer  
    Sporthalle wieder darauf freuen ihre Trainingseinheiten und den
    Sportunterricht in einer baulich und technisch optimierten Sporthalle
    abzuhalten. Für Wettkämpfe mit Zuschauern wird die gewünschte
    Tribüne zur Verfügung stehen.

Neben diesen lobenswerten, uns wichtigen Investitionen finden sich im Haushaltsplan aber auch Ansätze, denen die LBU nicht zustimmen kann:
In 2014 stellt die Verwaltung einen Betrag von 2,0 Mio Euro ein, mit dem Grundstücksankäufe in Gänsäcker zur Erweiterung des Gewerbegebietes finanziert werden sollen. Der Ortschaftsrat Möhringen hat mit großer Mehrheit gegen die Erweiterung und auch gegen diesen Haushaltsposten gestimmt, die LBU unterstützt diese Haltung schon viele Jahre.
Leider hat sich die Mehrheit des Gemeinderates - gegen den mehrheitlichen Willen des Ortschaftsrates von Möhringen – für eine Erweiterung des Gewerbegebietes Gänsäcker ausgesprochen, damit war leider bei dieser Grundsatzentscheidung des GR die LBU mit der SPD in der Minderheit.
Wir wollen keine Erweiterung von Gänsäcker, weil der Flächenverbrauch von 16 ha an dieser Stelle keine wirkliche Entlastung für die Ansiedlung von Gewerbe bringt. Ökologisch halten wir die Entwicklung in Gänsäcker für kontraproduktiv.
Wir meinen, dass man insbesondere auch die bauliche Entwicklung in der Möhringer Vorstadt durch den Neubau des Großvorhabens von Aesculap mit bewerten muss, wo eine ganze Schneise Richtung Westen, also Richtung Möhringen zugebaut wird und perspektivisch in der Folge dort die weitere bauliche Entwicklung der Firma Aesculap vorangetrieben werden soll. Damit stellt sich uns mit einer zusätzlichen Erweiterung des Gewerbegebietes Gänsäcker die Frage, ob bei solch massiver Versiegelung der Landschaft das Prädikat  des Luftkurortes Möhringen aufrecht erhalten werden kann.
In den Vorberatungen zum Haushalt haben wir immerhin durchgesetzt, dass der Haushaltsansatz von 2 Mio. Euro  mit einem Sperrvermerk versehen wird, um die Preise für den Ankauf von Grundstücken in Gänsäcker durch den Gemeinderat genau überprüfen und notfalls korrigierend eingreifen zu können.

Des Weiteren hält die LBU die Eile mit der in Nendingen „Unter dem Hägle“  37 neue Bauplätze für Einfamilienhäuser erschlossen werden sollen nicht für notwendig. Hier wurden die ökologischen Kriterien aus Zeitnot nicht mit hinreichender Sorgfalt bearbeitet, sprich, die Anregungen der Träger öffentlicher Belange, die auf die Notwendigkeit verdichteten Bauens und die wichtigen Untersuchungen zum Artenschutz hinweisen (wie übrigens bei der Windkraft stets extrem gefordert) werden einfach unberücksichtigt gelassen. Solch einem Bebauungsplan kann die LBU nicht zustimmen, zumal in Nendingen große Potenziale der Innenentwicklung vorhanden wären. Soll der Ortskern weiter veröden? Ja, Außenentwicklung ins freie Feld bedeutet weitere Verödung des inneren Ortskernes.
Klimaschutz heißt auch Reduktion des Flächenverbrauches!

Was wieder mal zu kurz kommt im Haushaltsjahr 2014 ist der Fahrradverkehr.
Immer wieder hat die LBU in den vergangenen Jahren für ein möglichst gefahrloses Durchqueren der Stadt von Ost nach West und von Nord nach Süd für RadfahrerInnen gekämpft.
Wir werden dafür weiter einstehen, dass die schwachen Verkehrsteilnehmer verstärkt gegen den massiven Autoverkehr geschützt und der nicht motorisierte Verkehr gefördert, statt wie in Tuttlingen bislang leider üblich, oft behindert wird.
Unsere Dokumentation zu den brisanten Punkten für die RadfahrerInnen wurde immerhin in der Verkehrskommission 2013  diskutiert und wir hoffen spätestens im Jahr 2015 endlich auf einen größeren Euro-Betrag, mit dem mindestens die radelnden Schulkinder aus der Nordstadt ihren ungefährlicheren Weg über Lessing-Hermannstraße wählen und dann mit einer Ampel über die Ludwigstaler Straße Richtung Schiller- und Hermann-Hesse- Schule gelangen können. Ein Teil der Planung liegt ja bereits bei der Verwaltung in der Schublade.

Unbedingt muss sehr bald die Erneuerung der Fußgängerzone in die kommenden Finanzplanungsjahre aufgenommen werden, gerade für ältere und gehbehinderte Menschen finden sich hier viele Stolperfallen, die zu reparierenden Schäden sind kaum noch zu bezahlen und die Fußgängerzone gibt so kein gutes Bild mehr ab für „die gute Stube Tuttlingens“, wie dieser Bereich der Innenstadt gerne genannt wird.

Zum Schluss möchten wir uns bei allen Kolleginnen und Kollegen für die fairen Auseinandersetzungen bei politischen Entscheidungen bedanken, bei denen die Sichtweise der Fraktionen unterschiedlich war und wo immer wieder um Kompromisse gerungen wurde.
Dazu gehört auch unser Dank für die interfraktionelle Zustimmung zu unserem Antrag, die ehrenamtliche Arbeit auf dem Tuttilla Abenteuerspielplatz nach 15 Jahren nun mit einem Personalkostenzuschuss auf sicherere Beine zu stellen, da Tuttilla ganz wichtige Aufgaben im präventiven Bereich der Kinder -und Jugendarbeit übernimmt.

Wir bedanken uns bei unseren Bürgerinnen und Bürgern für die kritische Begleitung unserer Arbeit, für Anregungen, Anmerkungen und kritische Anfragen, auch in den Bürgerfragestunden des Gemeinderates, die gerne noch mehr genutzt werden dürften.
Allen Tuttlingerinnen und Tuttlingern, natürlich auch allen „nei g´schmeckten, die in vielfältiger Weise ehrenamtlich tätig sind, danken wir heute ganz besonders.
Was wäre diese Stadt ohne die vielen fleißigen Menschen, die oft ganz im Hintergrund wirken und das Leben in unserer Stadt enorm bereichern.

Wir bedanken uns bei der Verwaltung für alle Mühen, unsere vielen Fragen zu beantworten, auch wenn wir damit nerven und vielleicht auch manchmal lästig sind.

In Entscheidungen für die ökologische Verantwortung kann und sollte die Stadtverwaltung und der Gemeinderat sicherlich noch besser werden!
Mit dieser Hoffnung stimmt die LBU-Fraktion dem Haushalt 2014 zu.

Es gilt das gesprochene Wort.

Petra Schmidt-Böhme, Fraktionsvorsitzende