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Fraktionsmitteilung

Haushaltsrede zum Haushaltsplan 2013 der LBU-Fraktion von Frau Petra Schmidt-Böhme


Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Beck, Sehr geehrte Herren Bürgermeister,
Sehr geehrte Damen und Herren aus der Verwaltung,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
Sehr geehrte, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

lassen Sie mich zunächst wieder den Blick auf das nun zu Ende gehende Haushaltsjahr 2012 richten:
Weil die Einnahmen aus den Schlüsselzuweisungen und die Ausgaben in die Finanzumlagen sich stets nach der Haushaltslage des vorvergangenen Jahres richten, erhalten wir im Jahr 2012 hohe Zuweisungen vom Land und müssen weniger in den Umlagentopf einzahlen, denn das Jahr 2010 war eines der schwierigsten Haushalte für fast alle Kommunen im Land durch die Finanzkrise 2009/2010. Den finanziell positiven Effekt spüren wir in diesem Jahr als Einmaleffekt.

Schon im Haushaltszwischenbericht im Oktober 2012 konnte Herr Keller die Gewerbesteuereinnahmen um 4,4 Mio. Euro nach oben korrigieren, die Zuführungsrate vom Verwaltungshaushalt an den Vermögenshaushalt konnte erfreulicherweise auf 16,52 Mio Euro gesteigert werden.
Die negative Nachricht dazu lautet, dass die Stadt durch die wiederum in 2 Jahren wirksam werdenden Umlagen „nur“ eine Nettoentlastung im Haushalt von 2,85 Mio. Euro erfährt.

Dennoch: Wir haben ein finanziell gutes Jahr erfahren, wir werden mit einer Allgemeinen Rücklage von fast 17,0 Mio. Euro in das Jahr 2013 gehen, bei einer bestehenden Verschuldung von 13,8 Mio. Euro.
Das bedeutet: Wir könnten die Stadt entschulden, wenn wir keine neuen Investitionen tätigen und Begonnenes nicht fortführen würden.

Aber: Unsere Stadt soll sich weiter entwickeln, daran wollen wir gemeinsam auf dieser finanziellen Grundlage mit der Verwaltung und der Bürgerschaft arbeiten.

Der Haushalt 2013 wird wieder geprägt sein von hohen Gewerbesteuereinnahmen,
die Prognose beläuft sich auf 30,3 Mio. Euro – und wie wir alle wissen, unser Stadtkämmerer ist in seinen Prognosen immer eher vorsichtig, sicher auch zu Recht.
Denn was uns im Bezug auf die Kriseninterventionen in Europa erwartet, welche Auswirkungen die verschiedenen Rettungsschirme für verschuldete Staaten bei uns haben werden, wissen wir heute noch gar nicht.

Wir sind unseren Gewerbesteuer zahlenden Firmen dankbar für ihre Beiträge zur Sicherung der Infrastruktur unserer Stadt und für die Sicherung von Arbeitsplätzen hier in Tuttlingen und damit meine ich auch unsere interkommunalen Gewerbegebiete.  Hier nenne ich besonders den Take off Gewerbepark Neuhausen ob. Eck, der vielen unserer Firmen die großen Flächen bietet, die wir in Tuttlingen nicht haben, heute und auch in Zukunft nicht, schon gar nicht in einer Erweiterung der Gewerbeflächen im Gänsäcker in Möhringen!
Dies war und ist und bleibt die Position der LBU-Fraktion.
Für den Gewerbepark Neuhausen kann aus unserer Sicht gerne die Verteilung der Gewerbesteuern neu verhandelt werden. Tuttlingen darf da ruhig einen prozentual höheren Anteil erhalten. Wir unterstützen die Verwaltung, das Gespräch mit Neuhausen dazu möglichst bald aufzunehmen, um die untergründig schwelende „Kampfatmosphäre“ zu beenden.

An dieser Stelle möchten wir aber auch „Danke“ sagen den Bürgerinnen und Bürgern, deren Geduld und deren Belastungsgrenzen bei großen Firmenneubauten z.B. in der Innenstadt bei Chiron oder in der Möhringer Vorstadt bei Aesculap durch die Beeinträchtigungen während der Bauzeit oft überstrapaziert werden, die dauerhafte Veränderungen in ihrem Wohnumfeld mittragen, weil sie wissen, dass es um den Erhalt von Arbeitsplätzen geht.

Wir werden laut Plan keine neuen Kredite aufnehmen müssen, können 700 000 Euro Schulden tilgen und führen dem Vermögenshaushalt laut jetzigem Plan etwas über  3,5 Mio. Euro zu.

Wie oben bereits erwähnt, haben wir in 2011 und 2012 Rücklagen von insgesamt fast 17 Mio. Euro bilden können, aber wir werden in 2013 und 2014 nach jetziger Prognose den Rücklagen keinen weiteren Euro zuführen, sondern werden in diesen beiden Jahren diese hohen Rücklagen bis knapp über die Mindestrücklage von 1,692 Mio. Euro für Investitionen aufbrauchen!

Wir haben uns vorgenommen, im kommenden Jahr Investitionen von 14,5 Mio. Euro anzugehen, das sind 15,7 % des Gesamthaushaltsvolumens.
Wichtige Vorhaben, die durch die Finanzkrise 2009/2010 nicht begonnen werden konnten, wollen wir nun realisieren:

Die Hermann-Hesse-Realschule feierte am 05.12.2012 Richtfest des Erweiterungsbaus für die Ganztagesbetreuung, diese Maßnahme wurde von Schülern und Lehrern lange erwartet und der Bau wird in 2013 hoffentlich in Betrieb gehen.

Der Katholische Kindergarten Maria Königin, der lange schon auf Abriss und Neubau mit städtischen Zuschüssen von 1,85 Mio. Euro wartet, wird zur Zeit von der Abrissbirne traktiert, um dann einen schönen neuen Kindergarten mit Ganztagesplätzen am alten Platz neben der Kirche errichten zu können.

Wichtige Sanierungen in der Innenstadt, wie beispielsweise die Neugestaltung des Ebertplatzes mit Umgebung sind im Haushalt 2013 eingeplant, ganz nach dem Motto: Es ist lange geplant worden, jetzt setzen wir endlich einen neuen Akzent in diesem Sanierungsgebiet Südliche Innenstadt – in letzter Minute bevor die Sanierungszuschüsse des Landes auslaufen.
Thema wird sicher noch sein müssen, wo Stellplätze für die Bewohner und Nutzer des Birk-Areals  angelegt werden, ob hier die Möglichkeit geschaffen wird,
unterirdisch einen Teil des ruhenden Verkehrs aus dem öffentlichen Straßenraum unter die Erde zu schaffen und welchen Beitrag die Stadt dazu leisten kann.
Wie kommen wir im Union Areal weiter, werden wir die Einkaufswünsche der Tuttlinger und vieler Einkaufstouristen dort in wenigen Jahren befriedigen können oder geht es eben doch weiter in der Westlichen Innenstadt,
müssen und wollen wir doch mit dem Entwicklungskonzept Hertie die Entwicklung Richtung Stadtgarten, also die Aktivierung der Westlichen Innenstadt vorwärts treiben?

Hält man sich im hinteren Teil, also im Sportteil vom Donaupark Umläufle auf, trifft man stets auf viele Sport treibende Schülerinnen und Schüler. Sie sollen an dieser Stelle einen neuen Kunstrasenplatz für ihren Sportunterricht bekommen und die Vereine können diesen sicher auch gut bespielen. Auch im Donaustadion werden für den Sport Verbesserungen vorgenommen, dringend sanierungsbedürftig sind die Laufbahn und die Flutlichtanlage. Für letztere erhoffen wir uns von dem Ersatz auch Energieeinsparung durch moderne Leuchtkörper.
Insgesamt erwarten wir von der Verwaltung in naher Zukunft aber auch eine Gesamtbetrachtung für die Erneuerung des Donaustadions, ein Gesamtkonzept für das Stadion und die in die Jahre gekommenen Sporthallen in der Jahnstraße.

Die Möhringer Sportvereine haben lange gewartet, haben viele Jahre ausgehalten, dass es in ihrer Halle muffig und feucht war, keine Aufenthaltsräume für die Sportler
in den Spielpausen gab. Jetzt endlich kommt es in 2013 zu einer Generalsanierung der Schulsporthalle in Möhringen für knapp 2,0 Mio. Euro, kein Abriss, sondern nachhaltige Erneuerung im Einvernehmen mit den Möhringer Sportvereinen, wo hoffentlich auch die als Zuschauer- und Aufenthaltsraum benötigte Tribüne im Kostenrahmen enthalten sein wird.

Der Bau der Neuen Feuerwache soll nun endlich auch Realität werden. Wir sind sicher, dass die modifizierte Planung alle Normen und Vorschriften der entsprechenden einsatztechnischen, sowie sicherheitsrelevanten  Anforderungen erfüllt und für die Frauen und Männer der Freiwilligen Feuerwehr die neue, sehr moderne Feuerwache viele Erleichterungen in ihrem ohnehin schweren und anstrengenden ehrenamtlichen  Dienst bringen wird.

Im Rahmen des Masterplans werden entscheidende Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung in der Innenstadt getroffen – z.B. Tempo 30, Änderungen
von Verkehrsführungen an Knotenpunkten und Kreuzungen , Umgestaltung von Straßenräumen durch veränderte Parkraumbewirtschaftung, Anschaffung neuer Parkscheinautomaten, Rückbau von doppelspurigen Einbahnstraßen und vieles mehr.
Für diese Veränderungen in der Stadt brauchen wir Haushaltsmittel, nicht nur in 2013, sondern dieser zu begrüßende Prozess hin zu einer verkehrsberuhigten, lebenswerten Innenstadt braucht weiterhin viel gedankliche Vorarbeit und vor allem die Mitarbeit der Bürgerschaft.
Bürgerversammlungen wären hier ein wichtiges Instrument, gemeinsam diesen Weg vorwärts zu gehen.

Wir sind erfreut, dass wir im Verwaltungshaushalt nun zum zweiten Mal den Ansatz von 8500 Euro für das „Jobticket“ finden, ein Vorschlag der im vergangenen Jahr von der LBU gemacht wurde und offensichtlich von den MitarbeiterInnen der
Verwaltung gerne in Anspruch genommen wird. Hier geht die Stadtverwaltung durch Förderung der Fahrkarten von MitarbeiterInnen den richtigen Weg, weg vom Stau durch MIV (Motorisierter Individualverkehr) hin zum umweltfreundlichen ÖPNV.

Unser Antrag 100 000 Euro, im Rahmen der Verkehrsberuhigung auf Grundlage des Masterplans für die Überarbeitung des Radwegenetzes in den Haushalt 2013 mit aufzunehmen, wurde in modifizierter Form mehrheitlich angenommen: Es werden statt 20 000 Euro 30 000 Euro im Haushalt eingestellt und im Frühjahr 2013 wird in einer Vorlage von der Bauverwaltung aufgezeigt, welche ersten Maßnahmen mit diesem Geld im Sinne der Sicherheit für Fahrradfahrer und mit Blick auf zukunftsfähige, saubere Mobilität in unserer Stadt schnell verwirklicht werden.
Dies ist ein erster kleiner Erfolg für die große Arbeitsgruppe der Fahrradkommission, die ehrenamtlich viele Stunden gemeinsam mit der Verwaltung und Teilen des Gemeinderates Verbesserungsvorschläge erarbeitet hat, die teilweise kostengünstig und sehr schnell für die Förderung von sauberer Mobilität – Radfahren - umgesetzt werden können. Leider sind wir in den vergangenen Jahren mit der „Vorfahrt für Radler“ durch ein durchgängiges Radwegenetz in alle Richtungen der Stadt nicht vorwärts gekommen. Viele Städte unserer Größe, die auch eine ähnliche Topographie aufweisen, sind da wesentlich weiter und haben die Vorteile begriffen, die eine Stadt erfährt, wenn sie den Radfahrern sichere und schnelle Wege anbietet.

Alle Bauvorhaben und geplanten Änderungen brauchen Menschen, die sie bearbeiten und organisieren, also Personal in der Verwaltung.
Im Jahr 2010 – ein wie gesagt wirtschaftlich ganz schwieriges Jahr – hatten wir uns vorgenommen, den städtischen Haushalt zu konsolidieren, bei Investitionen viel mehr als bisher die Folgekosten zu berücksichtigen und die Personalkosten – damals noch leicht über 20 Mio. Euro – auf höchstens 21 Mio. Euro einzufrieren. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen ist uns nicht gelungen.
Neuen Aufgaben beim Ausbau der Kleinkinderbetreuung, Ganztagesbetreuung und im Bereich der Schulsozialarbeit sind ein Teil der zusätzlichen Personalkosten geschuldet, die für 2013 mit  23,08 Mio. Euro kalkuliert werden. Wir können
dankbar sein, dass das Land mit der Grün-Roten Regierung die Personalkosten im Bereich der Kinderbetreuung und der Schulsozialarbeit auch in diesem Jahr wieder mit 250 000 Euro unterstützt, also 2/3 dieser Personalkosten übernimmt.
Bis 2014 will die Grün-Rote Regierung in Stuttgart die prozentuale Landesanteilsförderung hier auf 68% erhöhen, was für Tuttlingen 1,63 Mio. Euro Einnahmen bedeuten würde, hoffentlich wird. Vereinbarung von Familie und Beruf
wird immer wichtiger auch beim Thema Fachkräftemangel, wir brauchen die gut ausgebildeten Frauen in der Wirtschaft, in der Gesellschaft und nicht mit Betreuungsgeld zurück am heimischen Herd. Bei der Einweihung der Kinderkrippe im Kernstadtkindergarten hat OB Beck schon darauf hingewiesen, dass Tuttlingen den gesetzlichen Anspruch auf einen Betreuungsplatz für unter 3-jährige übererfüllt und das ist gut so.

Tariferhöhungen, aber auch die Wiederbesetzung von vakanten Stellen wie zum Beispiel im Jugendkulturzentrum führt zu Steigerung der Personalkosten. Im vergangenen Jahr hatte die LBU angemahnt, dass im Jugendbereich die Stellen nicht besetzt sind und dadurch kaum Angebote für Jugendliche gemacht werden konnten. Deshalb begrüßen wir sehr die Wiederbesetzung in diesem wichtigen Bereich. Jugendliche brauchen Ansprache und sinnvolle Freizeitangebote, die werden im Jugendkulturzentrum nun wieder aktiviert.

Die Schaffung von weiteren neuen Stellen wurden in der Vorberatung des Haushalts 2013 kritisch hinterfragt und konnten von der LBU so wie vorgeschlagen nicht mitgetragen werden. Heute wurde der Antrag der Verwaltung nichtöffentlich modifiziert, so dass wir diesem neuen Verfahren zustimmen können.
Was für Investitionen gilt, „die einmal definierten Standards müssen auch noch bezahlbar sein“ – (Zitat im Vorbericht des Haushaltes von Oberbürgermeister M. Beck) gilt auch für die Personalbesetzung.
Nicht alles, was wünschenswert ist kann geleistet werden. Die Personalkosten dürfen nicht aus dem Ruder laufen. Eine Steigerung der Personalkosten im Umfang von fast 7% im kommenden Haushaltsjahr, in 2012 waren es auch 6,82%, können wir so nicht weiter betreiben.
Wir empfehlen der Verwaltung dringend, gemeinsam mit der eingerichteten Haushaltskonsolidierungskommission intensiv weiter nach Einsparmöglichkeiten zu suchen.

Ich komme zum Schluss: Die LBU steht hinter den Investitionsmaßnahmen, für die in 2013 und den Folgejahren Geld ausgegeben wird.

Wir bedanken uns bei den Bürgerinnen und Bürgern für die kritische Begleitung unserer Arbeit, für Anregungen, Anmerkungen und kritische Anfragen, auch in den Bürgerfragestunden des Gemeinderates, die ruhig noch mehr genutzt werden dürften.
Wir bedanken uns für die offenen Diskussionen und die gute Streitkultur in diesem Gemeinderat.
Wir bedanken uns bei der Verwaltung für alle Mühen, unsere offenen Fragen zu beantworten, auch wenn wir manchmal anstrengend und unnachgiebig sind.
Die LBU stimmt dem Haushalt 2013 zu.

Es gilt das gesprochene Wort.

Petra Schmidt-Böhme, Fraktionsvorsitzende