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Fraktionsmitteilung

Haushaltsrede zum Haushaltsplan 2018 der FDP-Gruppe von Herrn Hans-Peter Bensch


Sehr geehrter Herr Vorsitzender, liebe Ratskolleginnen und -kollegen,
meine Damen und Herren,
 
als fünfter und damit letzter Redner werde ich nun abschließend versuchen, bereits Gesagtes möglichst nicht zu wiederholen und mich auf einige wenige und für uns zentrale Punkte in unserer Haushaltsrede zu konzentrieren.
 
Von Professor Lars Peter Feld, einem der fünf Wirtschaftsweisen und Leiter des Walter-Eucken-Instituts in Freiburg stammt das Zitat:
 
„Die empirischen Untersuchungen für die Schweizer Kantone und Gemeinden sowie für die U.S.-Bundesstaaten deuten im Wesentlichen darauf hin, dass in direkt-demokratischen Gebietskörperschaften weniger ausgegeben wird, weniger Steuern eingenommen werden, eine geringere Staatsverschuldung besteht, weniger Steuern hinterzogen werden und eine höhere Wirtschaftskraft, gemessen am BIP pro Kopf, resultiert.“
 
Das sind also die von Professor Feld nachgewiesenen Konsequenzen, wenn Bürgerinnen und Bürger in ihrer Kommune einen direkten Einfluss auf Einnahmen und Ausgaben bekommen. Eine interessante Erkenntnis, die Sie live am 27. Januar in der Stadthalle beim Gastvortrag von Professor Feld hören können.
Haushalt
Der Haushaltsentwurf 2018 der Stadt Tuttlingen weist einmal mehr allerhöchste Einnahmen, aber auch dazu äquivalente Ausgaben aus. Die Zahlen sind beeindruckend – ebenso wie die bei allerbester Konjunktur sprudelnden kommunalen Steuereinnahmen. Es wäre also der richtige Zeitpunkt, um über eine Senkung der Grundsteuer und der Gewerbesteuer nachzudenken. Wir hätten dies zur Entlastung von Bürgerinnen und Bürgern und unserer Wirtschaft auch durchaus beantragt, wenn wir nicht zugleich den gigantischen Investitionsberg unserer Stadt in den kommenden Jahren vor Augen gehabt hätten. Die städtische Verschuldung wird nun auch deutlich ansteigen. Schon Ende 2018 liegen wir bei rd. 700 € Schuldenstand je Einwohner und das ohne Eigenbetriebe und städtische GmbHs. Diesem stünde dann allerdings der geplante Grunderwerb in der städtischen Bilanz gegenüber. Die Ertragskraft des Ergebnishaushaltes im Hinblick auf das Investitionsprogramm dringend zu stärken, wie es im Haushaltsplan steht, ist nur von mehreren möglichen Optionen. Mindestens ebenso wichtig wäre eine tiefergehende Aufgabenkritik und eine zeitnahe Wiederinkraftsetzung der Haushaltsstrukturkommission.

Personalbudget
Eine weitere Schallmauer wird bei den Personalkosten durchbrochen: Hatten wir noch vor nicht allzu langer Zeit intensiv um die 20 Mio. € - Grenze bei den Personalkosten gerungen, überschreiten wir in 2018 nun erstmals und nach relativ kurzer Zeit die Schwelle von 30 Mio. €. Auch wenn die Stadtverwaltung beteuert, mittels einer hauseigenen Organisationsuntersuchung den Stellenplan und die Personalressourcen zu quantifizieren und möglichst auch optimieren zu wollen, erscheint uns das Vorhaben eher wie der vielzitierte Kampf von Don Quixote gegen die Windmühlenflügel. Wie wäre es, wenn die Verwaltung künftig nur noch dann neue Stellen vorschlägt, wenn sie deren Finanzierung z.B. durch Einsparungen an anderer Stelle kostenneutral umsetzen oder kompensieren kann?

Bildung
Wir FDP-Stadträte waren leider nicht in die Lenkungsgruppe für die Gymnasien berufen und haben daher kaum Einblick in die Notwendigkeit und insbesondere in die Wirtschaftlichkeit der Sanierungs- und Neubau-Planungen. Für uns stehen Bildungsinvestitionen ungebrochen in der Prioritätenliste an oberster Stelle, aber das dürfen eben nicht nur Investitionen in Beton und Stahl sein, sondern sollten vor allem in die inhaltliche Qualität der schulischen Bildung unserer Kinder erfolgen.

Landesgartenschau
Den Vorplanungen zur Abgabe einer Bewerbung für eine Landesgartenschau in Tuttlingen hatten wir zugestimmt. Mit den nun in kürzester Zeit erarbeiteten Beschlussvorlagen tun wir uns allerdings schwer, sind jetzt einige Fragen mehr offen als zuvor und der geschätzte Finanzrahmen mit knapp unter 30 Mio. € gewaltig, wenn dieser überhaupt ausreicht. So können wir uns mit einer wie auch immer gearteten „Entschleunigung“ der damals für gutes Geld und als Entlastung der Ludwigsthaler Straße gebauten Nendinger Allee ohne Weiteres nicht anfreunden. Und auch die aktuell hier in den Planungsunterlagen ausgewiesenen Verkehrszahlen sind – vorsichtig formuliert - zu hinterfragen und sollten neu erhoben werden. Ist denn eine Grün-Aue entlang der Nendinger Allee, wo bislang fast ausschließlich Gewerbebetriebe beheimatet sind, wirklich sinnvoll und wirtschaftlich, ja überhaupt notwendig?

Kultur
Ein Highlight des kommenden Jahres wird die Neuauflage der Donaugalerie sein, bedauerlich nur, dass keine Förderung übergeordneter Stellen möglich war. Die Erweiterung unserer städtischen Galerie um sachgemäße Lagerräume für Kunstgegenstände bleibt für uns in hoher Priorität.

Integration
Die Betreuung von Asylbewerbern und Flüchtlingen in den Anschlussunterkünften durch die Stadt selbst war die richtige Entscheidung. Im Hinblick auf jüngste Vorfälle mit Polizei- und Feuerwehreinsätzen in der Moltkestraße 34 wird sie aber eine für unser Integrationsteam durchaus schwierige Aufgabe.
 
Stadtbus | ÖPNV
Sehr gefreut haben wir uns über die Aufnahme unseres letztjährigen Antrags eines neuen Verkehrsrechners und eines rechnergestützten Betriebsleitsystems für die vorhandene Busbeschleunigungs-Infrastruktur. Damit kann der Tuttlinger Stadtbus nicht nur die bereits vor Jahren getätigten Investitionen in die Busbeschleunigung wieder erfolgreich nutzen, es wird ein wichtiger Bestandteil bei der demnächst anstehenden Ausschreibung des Regionalbus-Verkehrs sein.

Straßensanierungen
Im Gemeinderat wie auch allgemein in der Bevölkerung der Stadt wird intensiv über die anstehenden Sanierungen einzelner Straßen oder Straßenabschnitte und deren zeitkritischer Umsetzung diskutiert. Dazu reicht uns als Planungs- und Entscheidungsgrundlage die in grün – gelb – roten Farben markierte Straßenkarte der Stadt allein nicht aus, weshalb wir parallel die Fortschreibung des Straßenkatasters mit konkreten Kosten, Zustandsbeschreibung, Zeitplan und Länge der Sanierungsstrecke einfordern. Getreu einem Zitat des amerikanischen Publizisten Peter F. Drucker: „Was alle Erfolgreichen miteinander verbindet, ist die Fähigkeit, den Graben zwischen Entschluss und Ausführung äußerst schmal zu halten.“

Parkraumbewirtschaftung
Und wir zitieren nochmals, jetzt aber aus der Gemeinderatsvorlage - 051/2009: „Nachdem in 2009 die Neuanschaffung der Parkautomaten ansteht, bietet sich jetzt die Gelegenheit, das Angebot des kostenfreien Parkens im Interesse des Innenstadthandels weiter auszudehnen. Es wird deshalb vorgeschlagen, die mit ca. 100.000.- EUR veranschlagte Neuanschaffung der Parkscheinautomaten um 2 Jahre aufzuschieben, und während dieses Zeitraumes auf den 360 bisher gebührenpflichtigen Stellplätzen der Innenstadt versuchsweise die Gebührenfreiheit einzuführen.“ Soweit der Auszug aus der damaligen Vorlage, die einstimmig beschlossen wurde. Wenn wir uns die aktuelle Vorlage zur Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung in der Innenstadt genauer anschauen, dann wird nahezu genau das Gegenteil propagiert. Uns treibt die Sorge um das Image Tuttlingens als Einkaufstadt. Der Onlinehandel per Mausklick bedroht zunehmend den Einzelhandel, und wenn Kunden dann künftig mehr und mehr von zuhause am Computer oder Tablet aus ihre Einkaufsklicks tätigen, werden sie auch immer weniger das hiesige Gastronomieangebot nutzen. 120 € Jahresgebühr für Arbeitnehmer und Selbständige, die den ausgewiesenen Zonen in Tuttlingen parken, um ihrem Beruf nachgehen zu können, sind aus unserer Sicht überzogen. Und es wird dort vor allem auch Mitarbeiter der Stadtverwaltung und der städtischen Schulen treffen. Ohne ein neues, zusätzliches Angebot an Stellplätzen z. B. durch ein Deck auf dem Donauspitz, sollte der Bürger- und Kundschaft Tuttlingens die geplante Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung unseres Erachtens nicht zugemutet werden.

Digitales Parkraummanagement
Dem Anspruch, als Stadt Tuttlingen, dem vielzitierten „Weltzentrum der Medizintechnik“ auch beim Thema „Digitalisierung“ ganz vorn dabei zu sein, könnten wir mit einem modernen, digitalen Parkierungsmanagement und -abrechnungssystem gerecht werden. Hierbei geht es nicht nur um die Suche nach freien Stellplätzen in Parkhäusern und im öffentlichen Bereich, mittlerweile bieten Systeme wie EasyPark bereits Abrechnungen für die Ordnungsämter der Kommunen an. Sogar Parkzeit-Verlängerungen per Handyklick, wenn’s beim Zahnarzt mal länger dauert, sind möglich. Hier könnte Tuttlingen als Pilotanwender Zeichen setzen.

Haushaltszustimmung
Wir als FDP-Stadtratsgruppe stimmen dem Haushalt 2018 der Stadt Tuttlingen zu - allerdings mit der von uns bekannten Position zur zeitlichen und kostenmäßigen Realisierung der Fußgängerzone, insbesondere deren unnötige Ausweitung auf Obere Hauptstraße und nördliche Rathausstraße.

Danksagungen
Zum Schluss möchten wir freidemokratischen Stadträte uns bei Ihnen, Herr Oberbürgermeister Beck, Herr Erster Bürgermeister Buschle und bei Herrn Baubürgermeister Kamm für die gute Zusammenarbeit im ablaufenden Jahr bedanken. Dies gilt selbstverständlich auch Ihnen, unseren Ratskolleginnen und -kollegen sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung und ihrer Eigenbetriebe.
 
Unserem Baubürgermeister Willi Kamm und seine Familie wünschen wir in diesen Tagen viel Kraft, Zuversicht und vor allem baldige und vollständige Genesung nach seiner OP am Mittwoch.
 
Unser letzter Dank gilt ganz besonders den zahlreichen ehrenamtlich Tätigen in der Tuttlinger Bürgerschaft, die sich in gesellschaftlichen, sportlichen, sozialen und kulturellen Engagements für ihre Stadt verdient gemacht haben und ohne die ein gedeihliches Miteinander und Gemeinwesen kaum möglich wäre. Dazu gehören auch alle Formen der Integrationsunterstützungen ausländischer Mitbürger.
 
Ihnen allen noch eine besinnliche Rest-Adventszeit, frohe Weihnachten und im neuen Jahr viel Glück, Gesundheit und Erfolg.
 
Vielen Dank!


Es gilt das gesprochene Wort.

18.12.2017, Hans-Peter Bensch, Sprecher der FDP-Gruppe