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Bex: An den Schulen
fing es 1958 an

Geschichte der Partnerschaft

Von Brigitte Breinlinger

Seit 45 Jahren besteht die Partnerschaft zu unseren Schweizer Freunden aus Bex. Was viele heute nicht mehr wissen: Die Geschichte des Schüleraustausches Tuttlingen-Bex reicht noch weiter zurück. Und er war auch der Grund, warum es überhaupt zur Partnerschaft kam.

Aber nun der Reihe nach: 1958 suchte der Bexer Schulrektor René Albert Houriet eine Schule in Süddeutschland eine Schule, die für eine Schulpartnerschaft bereit war. Im Rahmen dieser Suche lernte er Oberstudiendirektor Dr. Rudolf Gauger aus Tuttlingen kennen – den Leiter des Gymnasiums, das damals noch in der heutigen Wilhelmschule in der Weimarstraße untergebracht war. Und 1959 reisten dann auch schon die ersten Schülerinnen und Schüler aus Bex und Tuttlingen in die jeweils anderen Städte.

OB Balz in Bex

Es sollte aber noch 20 Jahre dauern, bis es zur offiziellen Städtepartnerschaft kam. 1979 wurden die Urkunden bei einem großen Fest in Bex feierlich unterschrieben. Warum es so lange dauerte, wird in einem Schreiben der Stadtverwaltung Bex an Oberbürgermeister Walter Balz vom Juni 1978 erklärt: „Wenn die Gemeindeverwaltung Bex den Gedanken, die Bande der Freundschaft und der Hochachtung, die die Städte Tuttlingen und Bex verbinden, enger zu knüpfen auch immer wieder erwogen hat, so ist sie doch bisher immer davor zurückgeschreckt, weil sie das Risiko sah, das darin liegt, dass sie angesichts der Größe Ihrer Stadt im Vergleich zur unsrigen in kultureller und anderer Hinsicht vielleicht nicht gleich Gewichtiges zu bieten hätte.“

Ortstafel mit Hinweisen auf Partnerstädte

Offensichtlich wurde die unterschiedliche Größe von Bex und Tuttlingen damals als Problem betrachtet. Dabei hatten die Tuttlinger schon in den Anfangsjahren das damals 5580 Einwohner zählende Bex wegen seiner Herzlichkeit sehr lieb gewonnen. Sowohl Oberbürgermeister Heinz-Jürgen Koloczek wie auch Oberbürgermeister Michael Beck hoben dies beim 20-jährigen bzw. 40-jährigen Jubiläum der Jumelage in Bex jeweils ausdrücklich hervor.

Lage von Bex

Unsere Partnerstadt Bex in der Schweiz liegt im französischsprachigen Kanton Waadt (Vaud) im unteren Rhônetal und ist ungefähr 20 Kilometer vom Genfersee entfernt. Sie hat derzeit 8604 Einwohner und liegt 424 Meter über dem Meeresspiegel. Der weite, fruchtbare Talkessel ist auf drei Seiten von hohen Bergen umgeben: Im Nordosten von Les Diablerets, im Osten von der Bergkette Grand Muveran, Petit Muveran, Dent des Morcles und im Südwesten von der Kette der Dents du Midi. Am Ausgang des Tals in Richtung Simplon beziehungsweise Italien erblickt man bereits St. Maurice.

Bex hat ein mildes, fast südländisches Klima. Hier wachsen Edelkastanien, Obst und vor allem der ausgezeichnete Chablais-Weißwein.

Bex ist eine Flächengemeinde (die drittgrößte im Kanton Waadt) mit rund 97 Quadratkilometer und zahlreichen eingemeindeten Weilern (Le Châtel, Les Devens, Le Chêne, Les Posse, Fenalet, Frenière, Le Plan und weitere). Der höchste Berg ist Les Diablerets mit 3210 Meter über dem Meer.

Seit Beginn der Partnerschaft hat sich die Einwohnerzahl von Bex fast verdoppelt: Sie stieg von 4806 und 8604.

Wirtschaft und Sehenswertes

Panorama von Bex

Die Hauptindustrie wie auch die Haupttouristenattraktion in Bex ist die bekannte Salzmine, die mit einer Lorenbahn besichtigt werden kann. Seit dem 15.Jahrhundert wird dort Salz abgebaut. Auch das dortige Museum zeigt eindrucksvoll diese Geschichte. Aber Achtung: Bei Fahrten in die Salzmine wird es wegen der enormen Enge in dem Zügle manchen Besuchern etwas mulmig in der Bauchgegend.

Die Kirche Saint Clement wurde 1193 erstmals erwähnt. Sie wurde zerstört und neu aufgebaut und war bis 1528 katholisch. Nach der Reformation wurde sie protestantisch.

Die katholische Kirche wurde 1884/1885 gebaut, mehrmals im kleineren Rahmen renoviert und in den Jahren 2019-2020 total neu renoviert.

Das Rathaus (Hôtel des Ville) wurde 1747 erbaut und 2019/2021 generalsaniert.

Imposante Bergkämme und Gletscher laden zu Wanderungen, Bergtouren und Skitouren ein, der Mirroir d’Argentine und der Grand Muveran bieten ideale Klettermöglichkeiten.

Das Skigebiet Villars – Gryon – Les Diablerets ist mit der Zahnradbahn von Bex aus leicht zu erreichen. Ein Zug trägt sogar den Namen der Stadt Tuttlingen. Er wurde 2002 getauft, was für Tuttlingen eine besondere Ehre darstellte.

In Bex findet alle 3 Jahre die nationale Ausstellung „Bex et Arts“ statt, an der auch bereits Tuttlinger Künstler wie Roland Martin, Jörg Bach und Marcus Goudoin teilnehmen durften.

Der 1891 gegründete botanische Garten „Alpengarten Thomasia“ bei Pont de Nant ist absolut sehenswert.

Bex besitzt auch einen Flugplatz, auf dem schon mehrere internationale Fliegertreffen stattgefunden haben.

Auch wenn viele Tuttlinger die französische Sprache nicht immer beherrschen, so fand man bei vielen „Santés“ zusammen mit Raclette und dem hervorragenden Chablais immer perfekt zueinander.

Begegnungen zwischen Bex und Tuttlingen

Zahlreiche Begegnungen zwischen Schulen, Vereinen, Institutionen und Verwaltungen fanden in den 45 Jahren Städtepartnerschaft und 65 Jahren Schüleraustausch zwischen den Städten statt. Hier eine Auswahl:

  • Schüleraustausche mit mehreren hundert Schülern
  • Fußballvereine im Rahmen mehrerer Turniere
  • Radfahrer des Schneeschuhvereins
  • Städtisches Blasorchester und Akkordeonverein mit verschiedenen Konzerten
  • Tuttlinger Sportschützen
  • Senioren mit tollen Begegnungen und Programmen
  • Landfrauen mit ihren regen Begegnungen

Weitere Austausche:

  • DAV
  • Verschiedene Auszubildende in unterschiedlichen Berufen
  • Modellflieger
  • Kirchengemeinden
  • Pilzvereine
  • Musikschule mit mehreren Konzerten
  • Mehrfache Teilnahme der Bellerins bei Run & Fun
  • Fotoausstellungen in Bex und Tuttlingen
  • Mehrfache Teilnahme der Bexer Kommissionsmitglieder am Tuttlinger Stadtfest
  • Austausche der Mitglieder beider Verwaltungen

Einige Höhepunkte

1979: Der Festakt am 7. September in Bex begründet die Partnerschaft. 160 Tuttlingerinnen und Tuttlingern reisen mit der Bahn an. Als Geschenk übergibt OB Balz eine 50 Kilo schwere gusseiserne Platte mit den beiden Wappen der Städte. Bei der Feier verliert ein Musiker der Stadtkappelle Tuttlingen seine Marschtrommel – und erhält sie unbeschadet wieder zurück. Stark beeindruckt sind alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer von der Gastfreundschaft.

1984: Das Sportmeeting mit Bex in Tuttlingen ist eine Großveranstaltung zu der 329 Bellerins anreisen. 16 Reiter von Bex legen die 330 Kilometer auf dem Rücken ihrer Pferde zurück. Mit dabei sind auch eine 19-köpfige Radfahrergruppe und ein Pilot der Bexer Sportflieger.

1985: Eine Tuttlinger Delegation reist aus Anlass der Einweihung der neuen Sporthalle nach Bex und überreicht eine große gusseiserne Erinnerungstafel, die in den Schwäbischen Hüttenwerken hergestellt wurde.

1989: Aus Anlass von 10 Jahren Partnerschaft fahren im Mai 200 Tuttlingerinnen und Tuttlinger zum großem Sportmeeting nach Bex. Tuttlingen erhält von Bex zwei große Stiche von Catherine Bolle und Bex von Tuttlingen ein Werk von Inge Martin.

1992: Im März wird in Tuttlingen am Eingang zum Schulzentrum der „Place de Bex“ eingeweiht. Auf dem Platz wird der „Hinkelstein“ aufgestellt – ein steinerner Blumentrog, den die Bexer 1979 der Stadt Tuttlingen geschenkt hatten.

Steinerner Blumentrog

1995: In Bex wird der Tuttlinger Platz im Zentrum von Bex neben der protestantischen Kirche eingeweiht. Tuttlingen stiftet hierfür drei typische Tuttlinger Blumenkübel aus Gusseisen.

2002: Der neu gestaltete „Place de Bex“ in Tuttlingen mit einer Skulptur des Bexer Künstlers André Raboud wird eingeweiht, und Tuttlingen erhält einen Weinberg in Bex. Im Herbst kann OB Koloczek einem Zug der Regionalbahn Bex-Villars auf den Namen der Stadt Tuttlingen taufen.

Delegation vor Kunstwerk auf Place de Bex

2003: Im Rahmen der Trilogie im Donaupark entstehen die Partnerschaftsgärten.

2013: Eine Kooperation zwischen SFEP Bex, der Musikschule und des Otto-Hahn-Gymnasiums Tuttlingen bringt das Musical „Linie 1“ auf die Bühne. Die Kombination von Live-Musik der Tuttlinger Musiker und den Tanz der Bexer Tanzsportgruppen ist für alle Beteiligten eine Herausforderung. Das Experiment gelingt: „Linie 1 bringt Publikum zum Glühen“ titelt die Zeitung.

Sängerinnen und Sänger auf Bühne

2019: Tuttlinger reisen zur Fête des Vignerons 2019 in Vevey. Diese Großveranstaltung findet nur alle 20-25 Jahre statt.

2019: Im Rahmen der Donaugalerie Tuttlingen stellt der Bexer Künstler Olivier Estoppey 2019 seine drei Wölfe im Stadtgarten aus.

Kunstwerke im Stadtgarten

2023: In Tuttlingen wird am 13. Mai nach langer Suche der Bexer Weinberg bepflanzt. Eine Abordnung von Weinfachleuten ist aus Bex angereist. 150 Reben der Sorte Solaris werden gesetzt.

Gruppenfoto im Tuttlinger Weinberg