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NS-Verbrechen gab es auch in der Nähe - Gemeinderäte besuchen Gedenkstätte Eckerwald


Das Gedenkstätten Eckerwald und die KZ-Friedhöfe Schömberg und Schörzingen besuchte eine Delegation von Gemeinderat und Stadtverwaltung. Beim Besuch ging es auch um die Frage, wie auf kommunaler Ebene Erinnerungskultur geleistet werden kann.


Nachdenklich: OB Beck und Vertreter des Gemeinderats und der Verwaltung besuchten die Gedenkstätte Eckerwald.

Es war ein sinnloses Unterfangen: Aus Ölschiefer sollten KZ-Häftlinge in den Fabriken bei Schömberg ab 1944 Öl gewinnen. NS-Deutschland versuchte so, seine Rohstoffprobleme zu lösen. Doch das Verfahren war ebenso unausgereift wie aufwändig – am Ende war die Ausbeute des  mitr dem Tarnnamen „Wüste“ vesehenen Projekts minimal. Dafür starben hunderte von Häftlingen – meist als Folge der unmenschlichen Arbeitsbedingungen, der miserablen Versorgung und der katastrophalen Hygiene.

Zwei KZ-Friedhöfe sowie ein Gedenkpfad an der Stelle der früheren Fabriken erinnern heute an die Verbrechen der NS-Diktatur. Am Dienstag besuchte eine Tuttlinger Delegation mit OB Michael Beck die Gedenkstätte. „Im Eckerwald wird deutlich in Erinnerung gerufen, dass auch in unserer nächsten Umgebung NS-Verbrechen gab“, so der OB, „und dass es wichtig ist, dass dies nicht in Vergessenheit gerät.“ Tuttlingen betreibe aus diesem Grund auch weiter eine aktive Erinnungskultur: Nachdem während der letzten Jahre der Gedenkpfad Lager Mühlau und der Julius-Fröhlich-Platz angelegt worden seien, werde man in diesem Jahr weitere Stolpersteine verlegen.

Eindrucksvoll war vor allem der Fußweg durch die Reste der Produktionsanlagen im Eckerwald. Nachdem diese über mehrere Jahrzehnte überwachsen waren, machte es sich seit den 1980-Jahren die private Initiative „Gedenkstätte Eckerwald“ zur Aufgabe, die Spuren freizulegen und an die Geschichte des Ortes zu erinnern. Brigitta Marquardt-Schad von der Initiattive führte die Tuttlinger Delegation durch die Gedenkstätte und zitierte auch aus Originalquellen. Vor allem die Berichte ehemaliger Lagerinnsassen schockierten: Stumm hörten die Besucher die Berichte über Sieben-Tage-Wochen ohne nennenswerte Pausen, über ungeeignete Kleidung bei extremen Witterungsbedingungen und das ständige Sterben im Lager. Wer nicht überlebte, wurde in Massengräbern verscharrt, erst nach dem Krieg entstanden in Schömberg und Schörzingen richtige Friedhöfe. Allein auf dem KZ-Friedhof in Schörzingen liegen 485 Menschen von 13 Nationalitäten begraben.

Der aus Reihen des Gemeinderates angeregte Besuch im Eckerwald diente auch der Vorbereitung für eine Israel-Reise im März: Auf Initiative von Amos Fröhlich, nach dessen Vater der Tuttlinger Julius-Fröhlich-Platz benannt ist, wird eine Delegation nach Israel reisen. Aus Anlass des Jubiläums der Gemeinde  Shawei Zion, zu deren Begründern auch die Fröhlich gehörten, sollen Kontakte geknüpft werden.