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Junge Flüchtlinge im Bahnhof - Mutpol richtet betreute Wohngruppe ein


In den Wohnräumen im Bahnhof richtet Mutpol eine betreute Wohngruppe für minderjährige Flüchtlinge ein. Die Stadt stellt dafür die Räume zur Verfügung, die bislang als Studenten-WG vorgesehen waren – ein Projekt, das mangels Interesse nicht weiter verfolgt wird.

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Im Bahnhof richtet Mutpol eine Wohngruppe für minderjährige Flüchtlinge ein.

Sie sind zwischen 15 und 18 Jahren alt, kommen aus Ländern wie Syrien oder Eritrea und sind alleine. „Sie sind ohne Angehörige hier gestrandet“, sagt OB Michael Beck. Und Mutpol-Leiter Dieter Meyer erzählt von den Geschichten, die hinter jedem der Jugendlichen stehen. „Manche wurden von verzweifelten Eltern alleine auf Reisen geschickt, andere sind Waisen oder haben ihre Familie in den Wirren der Flucht verloren.“

14 minderjährige Flüchtlinge werden derzeit von Mutpol betreut, sechs davon werden demnächst im Bahnhof eine vorübergehende Heimat finden. Nachdem die Stadt von der Bahn AG diesen Teil des Gebäudes gekauft hatte, war zunächst vorgesehen, die früheren Eisenbahner-Quartiere im Obergeschoss als günstige Studenten-WG provisorisch herzurichten. Der Bedarf war aber geringer als angenommen, gleichzeitig erreichte OB Michael Beck ein Hilferuf von Mutpol – dort wurden gerade für die jugendlichen Flüchtlinge die Räume eng. „Als uns diese Nachricht erreicht, war klar, dass wir unser Konzept ändern“, so der OB.

Neben den jungen Flüchtlingen wird immer ein Sozialarbeiter im Bahnhof anwesend sein – wie alle Wohngruppen bei Mutpol wird auch diese rund um die Uhr betreut. Zentraler Bestandteil dabei ist die schulische Ausbildung in den Einrichtungen von Mutpol. „Wir haben hier schon bemerkenswerte Karrieren erlebt“, berichtet Meyer und erzählt von einem jungen Mann aus Afghanistan, der als Analphabet nach Tuttlingen kam und mittlerweile erfolgreich eine Lehre absolviert hat.

Die Räume im Bahnhof decken freilich nur einen Teil des Bedarfs: Bis zum Jahresende rechnet Mutpol mit weiteren allein reisenden minderjährigen Flüchtlingen. Generell stellt die Unterbringung von Flüchtlingen Stadt und Landkreis vor immer größere Herausforderungen. „Hier ist unsere Bürgergesellschaft gefordert“, sagt OB Michael Beck, „hier kann man sich nicht wegducken – und schon gar nicht dagegen wehren.“

Bildunterschrift:
Im Bahnhof richtet Mutpol eine Wohngruppe für minderjährige Flüchtlinge ein.