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TUT Spezial

Mobilitätskonzept
„Wenn wir nichts ändern, geht irgendwann gar nichts mehr“


Fuß- und Radweg in der WeimarstraßeNoch nicht getrennt: In der Weimarstraße teilen sich Radfahrer und Fußgänger einen Weg. Die Trennung dieser Verkehrsformen ist eine Anregung aus dem neuen Mobilitätskonzept.

Das Hauptziel aller Überlegungen riss Baudezernent Florian Steinbrenner in wenigen Worten zusammen: „Die Menschen sollen wieder lieber in der Stadt wohnen.“ Straßen und Plätze sollen daher mehr Aufenthaltsqualität bekommen, gerade auch für Fußgänger soll es angenehmer und sicherer werden, sich in der Stadt fortzubewegen. Wege dahin soll das neue Mobilitätskonzept aufzeigen, das Steinbrenner als „Ideenlieferant für Veränderungen“ bezeichnete.

Gut 50 Bürger*innen hatten sich am Freitag dann auch online versammelt, um sich intensiver mit dem Entwurf des Konzepts zu befassen. Teilnehmende des Bürgerforums vom Herbst waren ebenso dabei wie neue Interessierte sowie mehrere Mitglieder des Gemeinderats. Carolin Erven vom Bürger Albert Speer & Partner übernahm dabei die anspruchsvolle Aufgabe, das insgesamt rund 170 Seiten starke Papier in einem kompakten Kurzvortrag zusammen zu fassen.

Als Oberziele nannte sie unter anderem, eine zwar nicht autofreie aber autoärmere Innenstadt. Dazu benötige es zum einen bessere Angebote für Pendler, aber auch der Rad- und Fußverkehr müsse attraktiver werden – unter anderem durch eine Entflechtung der Wege: Für bislang noch gemeinsam von Radlern und Fußgängern genutzte Strecken wie z.B. in der Weimarstraße müssten andere Lösungen gefunden werden.

Als weitere Ziele auf dem Weg zu einer „lebenswerten Modellstadt“ nannte Erven unter anderem Park and Ride-Parkplätze für Pendler*innen, den – ohnehin geplanten - Umbau des Bahnhofs, einen flexibleren ÖPNV für schwächer ausgelastete Routen, sichere Fußgängerüberwege und ein dichtes Radroutennetz. Dies ermögliche es dann auch, einen Teil der derzeit für den Autoverkehr genutzten Flächen anderweitig zu nutzen – zum Beispiel für ein enges Netz aus ansprechend gestalteten Begegnungsräumen mit „grünen Inseln“.

Die ersten Reaktionen der Teilnehmenden war eher positiv. Allerdings wurde auch deutlich, dass es bei aller generellen Zustimmung auch unterschiedliche Sichtweisen gibt. „Sehr gut“, „legt auf die richtigen Dinge wert“; “gut, dass viele Ideen aus dem Forum aufgenommen wurden“, „schön, dass so ein Konzept gemacht wird“, lauteten einige der spontanen Rückmeldungen. Unter den kritischen Äußerungen wurde „zu fußgänger- und fahrradlastig“ oder „wir sind eben nicht Freiburg oder Frankfurt“ notiert. Gerade die Kritiker forderten, bei den vorgeschlagenen Maßnahmen mehr auf die Interessen der Autofahrenden Rücksicht zu nehmen und so für „mehr Gleichberechtigung“ zu sorgen.

„Der Autoverkehr wurde über viele Jahre bevorzugt – wenn wir Gleichberechtigung wollen, müssen wir jetzt mehr für Radfahrer und Fußgänger tun“, gab Baudezernent Steinbrenner zu bedenken. „Wenn wir nichts ändern, nimmt der Autoverkehr weiter zu, dann sind Straßen und Parkplätze voll, dann geht irgendwann gar nichts mehr.“ Anders formuliert: Wenn man den motorisierten Verkehr erhalten wolle, müsse man ihn beschränken.

Die Anregungen aus der Bürgerinfo werden nun gesammelt, ebenso die Rückmeldungen aus dem Gemeinderat, in dem das Mobilitätskonzept am 14. März auf der Tagesordnung steht. Ende März wird es noch öffentliche Rundgänge zu Mobilitätsthemen geben, danach wird die finale Fassung erarbeitet, über die am 2. Mai im Gemeinderat diskutiert wird.

INFO:
Eine Zusammenfassung des Mobilitätskonzepts „Tuttlingen 2035“ sowie das komplette Werk finden Sie unter www.tuttlingen.de/mobilitaetskonzept, die Dokumentation der Veranstaltung ist in Kürze unter www.tuttlingen.de/Mobilitätskonzept/Bürgerfeedback abrufbar.