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Maßnahmen gegen Haushaltskrise: Keine Investitionen, Budgetkürzung, höhere Steuern


Tuttlingen. Mit mehreren Maßnahmen will die Stadt Tuttlingen auf die Haushaltskrise reagieren: Bis 2012 soll es keine neuen Investitionen geben, alle Budgets sollen um 20 Prozent gekürzt werden, und die kommunalen Steuern sollen erstmals seit 1999 wieder erhöht werden.

Zwei Ziele hat Oberbürgermeister Michael Beck für die Haushaltsberatungen: „Wir wollen niemand entlassen, und alle unseren Einrichtungen sollen erhalten bleiben“, erklärte Beck am Donnerstag im Rahmen eines Pressegesprächs. Damit dies möglich ist, wird die bis vor kurzem noch schuldenfreie Stadt nicht umhin kommen, neue Kredite aufzunehmen. Vor allem aber sind mehrere drastische Sparmaßnahmen nötig:

* Bis 2012 soll es keine neuen Investitionen geben. Das betrifft auch Projekte, die bereits beschlossen waren – zum Beispiel der Bau des Feuerwehrmagazins, der Umbau der Hermann-Hesse-Realschule oder der Zuschuss zum Neubau des Kindergartens Maria Königin. Nicht davon betroffen sind begonnene Maßnahmen wie die Nendinger Mehrzweckhalle oder dringende Reparaturen an Gebäuden.
* Alle frei verfügbaren Budgets sollen um 20 Prozent gekürzt werden. Die einzelnen Fachbereiche sind gerade dabei zusammen zu stellen, welche Konsequenzen dies im Einzelfall haben wird.
* Erstmals seit 1999 sollen wieder die kommunalen Steuern erhöht werden. Nach dem Vorschlag der Verwaltung soll die Grundsteuer B von 300 auf 330 Prozentpunkte und die Gewerbesteuer von 335 auf 365 Prozentpunkte steigen. Auch mit diesen Werten würde Tuttlingen aber im Landesvergleich noch im mittleren Bereich liegen.

OB Beck rechnet vor allem durch letzten Punkt mit Mehreinnahmen von 2,5 Millionen Euro. Dadurch kann bereits ein spürbarer Teil des Defizits von 11,1 Millionen Euro gedeckt werden. Um eine Schuldenaufnahme wird Tuttlingen allerdings nicht herumkommen – auch mit Blick auf die kommenden Jahre. Stadtkämmerer Bernd Beyerbach hat hierfür mehrere Szenarien ausgearbeitet: Würde Tuttlingen auf Steuererhöhungen verzichten und alle geplanten Projekte durchziehen, würde der Schuldenstand bis Ende 2013 auf 45,5 Millionen Euro klettern. Ohne neue Investitionen und mit Steuererhöhungen könnte dieser Wert auf 30,5 Millionen Euro begrenzt werden. Die Pro-Kopf-Verschuldung würde dann 879 Euro betragen. Zum Vergleich: Derzeit beträgt die durchschnittliche Pro-Kopf-Verschuldung in Baden-Württemberg 367 Euro – ein Wert freilich, der sich in Anbetracht der allgemeinen Entwicklung demnächst deutlich verschlechtern wird.

OB Michael Beck machte aber auch klar, dass sich unabhängig von diesen Prognosen etwas an den laufenden Kosten ändern müsse. Derzeit benötigt Tuttlingen 86 Millionen Euro im Jahr, um den Alltagsbetrieb der Stadt aufrechtzuerhalten – Geld also, das für Gehälter, Gebäudeunterhalt, Energiekosten und kleinere Sachkosten ausgegeben wird. Diese Summe lässt sich aber nicht mehr aus den regulären Einnahmen der Stadt finanzieren - anders ausgedrückt: Tuttlingen geht es so wie einem Privathaushalt, der für Miete, Heizung, Lebensmittel und Alltagsausgaben mehr ausgibt als er im Jahr verdient. Beck: „Hier müssen wir – unabhängig von der Finanzkrise – an den Strukturen arbeiten.“

Beschlossen werden soll der Haushalt Anfang März. Dass dies deutlich später ist als in früheren Jahren, liegt an den außergewöhnlichen Rahmenbedingungen – schließlich müssen viele der geplanten Budgetkürzungen auch mit Kooperationspartnern wie Kirchen, Vereinen oder Verbänden besprochen werden. „Weniger Geld“, so Beck, „bedeutet nicht weniger Arbeit mit den Haushaltsberatungen.“