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Stadt rechnet mit 21 Millionen neuen Schulden - OB Beck kündigt Haushaltssperre an


Eine Haushaltssperre kündigt Oberbürgermeister Michael Beck an. Damit soll verhindert werden, dass die Schulden der Stadt überhand nehmen. Denn trotz strenger Sparmaßnahmen wird Tuttlingens Schuldenstand innerhalb von zwei Jahren von Null auf über 21 Millionen Euro ansteigen.

Zwei Faktoren sind es, die den bis vor kurzem noch ausgeglichen Haushalt belasten: Zum einen sind als Folge der Wirtschaftskrise die Gewerbesteuereinnahmen und der Einkommenssteueranteil drastisch zurück gegangen. Zum anderen wirken sich jetzt die überdurchschnittlichen hohen Steuereinnahmen aus dem Jahr 2008 nachteilig aus: Auf ihrer Grundlage werden die Umlagen an das Land und den Landkreis berechnet. Im einnahmeschwachen Jahr 2010 werden hier 26,4 Millionen Euro fällig.

„Den Haushalt 2009 können wir noch planmäßig abwickeln“, erklärt Oberbürgermeister Michael Beck. Hier wird man die gesteckten Ziele erreichen – allerdings auch nur, weil seit März bereits 5,4 Millionen Euro aus dem laufenden Budget eingespart wurden. Und auch schon der 2009er-Haushalt wird mit einer Kreditaufnahme enden: Nachdem die Stadt im Januar mit Nullverschuldung startete, werden es zum Jahresende 4,9 Millionen an neuen Schulden sein. Die waren freilich von Beginn an eingeplant – unter anderem wegen des Hochschulbaus.

Kritisch wird es ab 2010. Hier fehlen nach heutigen Schätzungen 11,6 Millionen Euro im Verwaltungshaushalt. Dies bedeutet, dass die Stadt für den laufenden Betrieb 11,6 Millionen Euro mehr ausgeben würde als sie aus Steuern und sonstigen Einahmen erwirtschaftet. Geld für Investitionen oder Schuldentilgung gäbe es nach dieser Prognose gar keines. Abgesehen davon würde ein Etat mit diesen Zahlen auch nicht vom Regierungspräsidium genehmigt.

Um die Finanzen in den Griff zu kriegen, wird Oberbürgermeister Michael Beck dem Gemeinderat in der nächsten Sitzung mehrere Maßnahme vorschlagen:

- Ab sofort soll eine Haushaltssperre gelten. Das bedeutet, dass laufende Ausgaben einer strengen Kontrolle überprüft werden. Geklärt wird jetzt noch, in welcher Form sie genau umgesetzt wird.
- Die Investitionen werden auf ein Minimum zurückgefahren.

Konkret heißt dies: 2010 werden nur noch drei Arten von Investitionen umgesetzt:

- Projekte aus dem Konjunkturprogramm wie die energetische Sanierung der Straßenbeleuchtung, die Sanierung der IKG-Sporthalle und die Dachsanierung der Hermann-Hesse-Realschule
- Bereits begonnene Projekte wie die Mehrzweckhalle Nendingen oder das Haus der Schüler
- Einzelprojekte, die zwingend nötig sind – zum Beispiel weil bestimmte Vorschriften eingehalten werden müssen.

Außerdem wird auch bei den bereits begonnenen Projekten überprüft, ob noch gespart werden kann und ob die Standards gesenkt werden können. So soll zum Beispiel beim Haus der Schüler und der Nendinger Halle zunächst auf die Außenanlagen verzichtet werden.

Um die Finanzen in den Griff zu bekommen, wird die Stadt aber auch den Verwaltungshaushalt mit den laufenden Aufgaben unter die Lupe nehmen müssen. Er wird durch mehrere Faktoren belastet:

- Während der letzten Jahre wurde das Personal aufgestockt. So wurden zum Beispiel allein im Bereich der Kinderbetreuung 25 neue Stellen für Erzieherinnen geschaffen – Kosten, die durch die Elternbeiträge nur zu einem geringen Teil wieder eingenommen werden. Auch in Sozialbereich hat die Stadt ihr freiwilliges Angebot erweitert – teils durch eigenes Personal, teils über Verträge mit freien Trägern, die für bestimme Aufgaben feste Personalkostenzuschüsse bekommen.
- Die Stadtwerke Tuttlingen (SWT) werfen nicht mehr so viel ab wie in früheren Jahren: Durch den härteren Wettbewerb auf dem Energiemarkt sind die Erlöse aus dem Stromverkauf gesunken, gleichzeitig sind die von den SWT auszugleichenden Verluste der Bäder auf hohem Niveau geblieben.
- Die Infrastruktur der Stadt wurde während der letzten Jahre kontinuierlich ausgebaut. Jeder der neuen Einrichtungen bringt aber Folgekosten für Betrieb, Personal und Unterhalt mit sich.

„Wir müssen jetzt jeden noch so kleinen Etat unter die Lupe nehmen“, sagt Oberbürgermeister Beck, mittlerweile liegen auch diverse Sparvorschläge aus den Fachbereichen vor, die jetzt ausgewertet werden. Und wenn in den kommenden Jahren nur noch wenig investiert werden kann, bittet Beck um Verständnis: „Wir schieben zum Glück keinen Investitionsstau vor uns her“, so der OB, „und das, was wir in den letzten Jahren gebaut haben, kann sich sehen lassen. Da ist es nicht so drastisch, wenn wir jetzt ein paar Jahre aussetzen.“