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Lebenshilfe erhält besonderes Musikinstrument - Disklavier ermöglicht Teilhabe durch Musik


Teilhabe durch Musik – diese Idee steht hinter dem „Musiklusion“-Projekt in der Lebenshilfe. Die Bürgerstiftung Tuttlingen, das Klavierhaus Hermann und S’Flohlädele Tuttlingen unterstützten das Programm bei der Finanzierung eines Disklaviers.


Ein Disklavier für das Musiklusion-Projekt in der Lebenshilfe (von links) Andreas Brand, Peter Schaz, Rainer Nassal, Anja Behnke, Anton Hermann, Gertrud Egloff, Arno Specht, Martin ten Bosch.
 
Der Singkreis der Lebenshilfe hat seinen musikalischen Favoriten entdeckt. „O Kuti“ heißt der rhythmische Song aus Afrika – „das ist unser Lied, das nehmen immer alle mit nach Hause und ins Wochenende“, erzählen Anja Behnke, Leiterin des Bereichs Fördern und Betreuen (FUB), und Betreuer Rainer Nassal. Schließlich singen es die Beschäftigten der FUB-Gruppe selber – und sorgen auch für die passende Instrumentalbegleitung. Das Projekt „Musiklusion“ macht‘s möglich.
 
Die Idee dahinter lässt sich mit wenigen Worten umschreiben: Herkömmliche Musikinstrumente werden technologisch so aufgerüstet, dass sie auch von Menschen mit Einschränkungen gespielt werden können. Die Signale werden mit unterschiedlichen Sensoren oder anderen Eingabehilfen übermittelt – je nach Fähigkeiten oder Möglichkeiten der Musizierenden. Peter Schaz aus der FUB-Gruppe bringt das Klavier zum Beispiel über eine Smartphone-App zum Klingen. Bestimmte Akkorde sind zwar vorgegeben, Abfolge, Tempo und Rhythmus bestimmt Schaz aber selber: Er musiziert also aktiv, gibt seine Empfindungen in Form von Musik weiter.
Entwickelt hat das Konzept Andreas Brand. Neben seiner Tätigkeit im Studiengang Musikdesign an der Trossinger Musikhochschule realisiert er seit dem Jahr 2015 vielfältige Musiklusions-Projekte in der Lebenshilfe – und das mit voller Leidenschaft. „Wir zeigen hier, wie die Digitalisierung neue künstlerische Interaktionsformen und Teilhabe ermöglicht“, sagt er. „Und aktiv zu musizieren – das ist eine ganz besondere Form von Teilhabe.“
 
Mit der Zeit werden die Instrumente immer raffinierter. Und seit kurzem gehört auch ein echtes Klavier zum Inventar: Das Disklavier ist ein programmierbarer Selbstspieler. Das heißt: Die Steuerung ist zwar High-Tech, das Instrument an sich aber ganz klassisch und mechanisch. „Es hat einen natürlichen Klang – diese Schwingungen regen ganz besonders an“, sagt der Trossinger Klavierspezialist Anton Hermann, der das Instrument der Lebenshilfe zum Vorzugspreis überließ.
 
Unterstützt wurde die Anschaffung auch von der Tuttlinger Bürgerstiftung, die von den Ideen gleich überzeugt war und das Projekt in ihr diesjähriges Förderprogramm nahm. Ebenso der ehrenamtliche Einsatz von Gertrud Egloff und Cyra Scharnberger im samstäglichen Benefiz-Flohlädele unterstützte die Anschaffung des Disklaviers.
 
„Dank Musiklusion spielt Musik bei uns eine immer größere Rolle“, sagt Lebenshilfe-Geschäftsführer Martin ten Bosch. Andreas Brand fasst derweil die nächsten Projekte ins Auge. Sein Ziel: Durch technologisierte Musikinstrumente sollen Menschen mit und ohne Behinderung auf Augenhöhe gemeinsam musizieren und auftreten. „Das wäre dann die eigentliche Stufe der Inklusion.“