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Gewerbeentwicklung: Neun Gebiete kommen in Frage - Tuttlinger Industrie fehlen Flächen


Neun potenzielle Flächen für ein neues Gewerbegebiet will die Stadt Tuttlingen näher unter die Lupe nehmen. Das weitere Vorgehen legte der Gemeinderat am Montag fest. Die Stadt reagiert damit auf den steigenden Bedarf nach Gewerbeflächen, der in den bestehenden Gebieten nicht mehr gedeckt werden kann. Vor allem in Tuttlingen ansässige Firmen haben Bedarf angemeldet.

"Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir die Wachstumsbranche Nummer eins als Cluster bei uns haben", erklärte Oberbürgermeister Michael Beck. "Vor diesem Hintergrund ist es aber unsere Pflicht, uns über Flächenreserven zu unterhalten." Denn bei den derzeitigen Überlegungen gehe es nicht darum, neue Firmen nach Tuttlingen zu locken. Vielmehr bräuchten die ansässigen Unternehmen Entwicklungschancen - nachdem mehrere Firmen schon Tuttlingen mangels Flächen verlassen haben. "Derzeit versuchen wir, ein Unternehmen mit 100 Arbeitsplätzen in der Stadt zu halten" erklärte Beck, "ob es uns gelingt, kann ich noch nicht sagen."

Dass Bedarf an Gewerbeflächen in Tuttlingen besteht, unterstrichen auch mehrere Unternehmer, die in der Sitzung am Montag die Situation aus ihrer Sicht schilderten: "Wir sind ein globales Unternehmen - aber wir wollen in unserer Stadt bleiben", erklärte Dr. Sybill Storz, Geschäftsführende Gesellschafterin von Karl Storz. Dies setze aber weiterhin ein behutsame Gewerbeflächenentwicklung voraus. Denn die Tuttlinger Unternehmen müssten wachsen, wenn sie Bestand haben wollen. Dies unterstrich auch Karl Leibinger, Geschäftsführender Gesellschafter der KLS Martin Group. Er betonte auch, dass die Medizintechnik durch stärkeren Maschineneinsatz immer flächenintensiver werde: "Früher passten vier Bearbeitungszentren auf 100 Quadratmeter, heute nur noch eines." Aesculap-Vorstandsmitglied Dr. Harald Stallforth bezeichnete die Flächenfrage als entscheidendes Kriterium für die weitere Entwicklung der Medizintechnik. Und die Entwicklung verlaufe rasanter als gedacht: Gebäude, die Aesculap vor nicht allzu langer Zeit als Reserve gekauft hatte, seien schon lange komplett belegt.

Christof Strohm und Leonhard Schmutz schilderten die Lage aus Sicht mittelständischer Firmen: Lage beim Stammhaus und Nähe zur Autobahn seien wichtige Aspekte, auch müsste Raum für künftige Erweiterungen sein.

Mit den derzeitigen Flächen können diese Wünsche nicht befriedigt werden: 8000 Quadratmeter sind noch in Grubenäcker frei, knapp 4000 auf Brenner in Nendingen - "wir stehen mit dem Rücken zur Wand", so Erster Bürgermeister Emil Buschle. Deshalb will Tuttlingen nun die verschiedensten Optionen nutzen: "Wir reden hier nicht nur von Gänsäcker", unterstrich OB Beck, "wir wollen alle in Frage kommenden Flächen näher untersuchen." Das gleiche gelte für Brachflächen innerhalb der Stadt.

Für die Untersuchung hat die Stadt den Landschaftsarchitekten Prof. Arno S. Schmid verpflichtet, der in einem ersten Suchlauf schon 20 Flächen begutachtet hat. Neun davon kommen nun in die nähere Auswahl - und zwar die Gebiete Gänsäcker, Ehrenberg, Hasenholz, Gachenwinkel, Berchenreute, Deponie Hasenholz, Nordstadt und Rotes Kreuz bei Nendingen sowie ein Areal nördlich des Gewerbegebiets "Take off". "Die Flächen müssen ökologisch vertretbar und bezahlbar sein", so OB Michael Beck, vor allem aber müssten die Gebiete

schnell zur Verfügung stehen: "Wir können nicht noch zehn Jahre in den Geländeaufkauf stecken."