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Von der Faszination des Holzes: Hans-Uwe Hähn und Thomas Diermann in der Galerie der Stadt Tuttlingen


Der Graphiker und Maler Hans-Uwe Hähn und der Bildhauer Thomas Diermann schicken den Betrachter in ihrer gemeinsamen Sommerausstellung in der Galerie der Stadt Tuttlingen auf eine spannende visuelle Reise. Eröffnet wird die Ausstellung am Freitag, 24. Juli, um 19 Uhr.

Hans-Uwe Hähn zeigt großformatige Holzschnitte, Bilder auf Holz sowie Aquarelle. Thomas Diermann präsentiert eine Auswahl seiner neueren, mit Hilfe einer Kettensäge hergestellten Skulpturen aus Baumstämmen sowie Bronzeplastiken. Eine wesentliche Gemeinsamkeit der beiden Künstler ist der Umgang mit Holz. Beide fasziniert das Eigenleben dieses Naturmaterials, das seinen ganz eigenen Charakter und dadurch eine besondere Ausdrucksdruckskraft besitzt. Für beide Künstler ist Holz bei weitem mehr als ein bloßer Werkstoff. Aufgrund seiner Unregelmäßigkeiten fordert es wie kein anderes Material die Bereitschaft zur sensiblen Zwiesprache.

Über das gemeinsame Medium Holz hinaus ist die Ausstellung das Ergebnis eines inneren Dialogs zweier Künstler. Dabei stellen sie mitunter überrascht fest, wie sich - bei aller Unabhängigkeit und Unterschiedlichkeit in ihrem Arbeiten - reizvolle Korrespondenzen ergeben. Dem Besucher der Ausstellung offenbart sich im Formalen ein Zusammenspiel der Strukturen und Übergänge zwischen den Werken beider Künstler. Diese bereits in einer Ausstellung der Reutlinger Galerie Thron (2007) sowie in der Gruppenausstellung „Holzwege“ (Herbst 2008) in Bad Saulgau erkennbare Affinität wird nun in Tuttlingen zu einem bewussten Leitmotiv.

„Über den Kieswegen“ (2009) heißt die neueste Serie von Holzschnitten Hans-Uwe Hähns, die ein visuelles Erlebnis während eines Studienaufenthaltes in Paris im Sommer 2008 verarbeiten. Mächtige Holzplatten werden mit dem Messer bearbeitet, wegfallende Splitter und Späne schaffen Vertiefungen, die beim Drucken auf Seidenstoff dem Bild Licht, Raum und Struktur geben. In der Serie „Dazwischen“ (2006-2009) nutzt Hähn Holz direkt als Bildträger für Malereien aus Tusche, Graphit, Öl und Kohle. Durch Einritzungen und Kerbungen schafft er zusätzlich zum Eigenleben des Holzes Struktur und Raum. „Im Vorübergehen“ ist eine Reihe von Aquarellen benannt, die in ihrer zauberhaften Leichtigkeit das Auge des Betrachters magisch anziehen. Wie keine andere Technik entspricht das Malen mit Wasser, Farbe und Pinsel der Veränderung und dem Flüchtigen, denen die moderne Wahrnehmung ständig ausgesetzt ist.

Thomas Diermanns Arbeit ist gewissermaßen eine Zwiesprache mit dem Baumstamm. Mal überwiegen die kantigen gestalterischen Eingriffe in das Material, mal die lediglich freigelegten Kunstformen der Natur mit ihren Wachstumsschichten und Maserungen. In jedem Fall kommt die sinnliche Qualität des Holzes zum Tragen, mit dem er in all seinen Arten und Eigenheiten bestens vertraut ist.

Auch Thomas Diermann arbeitet über längere Zeiträume an bestimmten Motivzyklen. So gehört etwa die Arbeit „Doppel“ (2006) einer Serie an, die er dem Sujet „Beziehungen“ widmet. Unter Nutzung der vertikalen Wuchsform des Baumes hat der Künstler in der 130 cm hohen Skulptur Zwischenräume geschaffen, die Figurenteile in einem spannungsvollen Verhältnis erscheinen lassen. Im Jahr 2008 schuf Diermann die ebenfalls in der Ausstellung gezeigte Werkfolge von Wandreliefs zum Thema „Maske“. Anklänge an die afrikanische Holzskulptur, den Karneval sowie an Schutzmasken sind dort zu finden.

Eine weitere Themengruppe dreht sich um Fließen, Fliegen und Segeln. Gerade in dieser Gruppe verleiht der Künstler dem doch schweren Werkstoff eine ungewöhnliche Leichtigkeit und Eleganz. Der Raum wird in diesen Skulpturen aufgeschlossen und einbezogen. In der Skulptur „Segel“ (2008) spielt Diermann mit den Gegensätzen zwischen leicht und schwer, weich und hart, starr und lose. „Segler“ (2008) ist schließlich eine Arbeit von zeichenhafter Qualität mit flächigen Durchblicken und kräftigen Konturen, die an einen Segler in Fahrt denken lassen.


Hans-Uwe Hähn (geb. 1955 in Kreuztal, Westfalen) lebt seit genau 20 Jahren in Tuttlingen, wo er neben seiner freien künstlerischen Tätigkeit die Jugendkunstschule leitet. Er hat von 1982 bis 1987 an der Fachhochschule für Kunst Ottersberg sowie an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg studiert.

Thomas Diermann (geb. 1965 in Paderborn) arbeitet als frei-schaffender Künstler im oberschwäbischen OwingenBodensee. Nach einer Ausbildung zum Holzbildhauer studierte er 1991-97 an der Hochschule für Kunst Bremen.

INFO:
Eine Führung durch die Ausstellung mit Anna-Maria Ehr-mann-Schindlbeck, Thomas Diermann und Hans-Uwe Hähn ist am Dienstag, 28. Juli, 17 Uhr. Die Finissage findet am Sonntag, 13. September, um 17 Uhr statt. Hans-Uwe Hähn liest aus seinem im Herbst erscheinenden Buch „Suchen wir ihn dazwischen – Briefe über die Kunst“. Alfons Schwab, Oboe, und Heinz Imrich, Querflöte, begleiten die Lesung musikalisch. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag (auch an Feiertagen): 11:00 Uhr bis 18:00 Uhr. Montags geschlossen. Eintritt frei.
Weitere Führungen: für Erwachsene, Schulklassen und Kin-der auf Anfrage unter Tel. 07461 / 99318 oder 15551.
Ort: Die Städtische Galerie befindet sich in der Rathausstraße in unmittelbarer Nähe des Marktplatzes.