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Haushaltsrede zum Haushaltsplan 2019 der FDP-Gruppe von Frau Dr. Gesine Barthel-Wottke und Herrn Hans-Peter Bensch


Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
liebe Ratskolleginnen und -kollegen,
meine Damen und Herren,
Es ist erfreulich, dass wir dieses Jahr erneut die höchste Einnahmesituation der Stadt feiern dürfen, allein die Gewerbesteuer fällt durch Einmalzahlungen um 15 Mio € höher als geplant aus. Dies ist Ergebnis der nun im zehnten Jahr anhaltend ausgezeichneten Konjunkturlage im Land. Von diesen Mehreinnahmen wird allerdings am Ende aller Verrechnungen und Verteilungen nur ein bescheidener Zuwachs im Stadtsäckel verbleiben. Und es ist absolut richtig, die für die Finanzierung der neuen Feuerwache damals erhöhten Grundsteuer nun auch – wie versprochen – wieder zu senken. Das zeigt, dass der Tuttlinger Gemeinderat zu seinen Worten und Beschlüssen steht – im Gegensatz zu den meisten Parteien im Bundestag, die den per Gesetzesbeschluss auslaufenden Soli offensichtlich nun doch nicht abschaffen wollen…
Doch darf man sich von den sprudelnden Einnahmen nicht allzu sehr blenden lassen, es könnte bald auch wieder anders aussehen. Rechnete der eben erst gedruckte Haushaltsplan für 2019 noch mit einem BIP von +1,8 % für 2019, haben die Wirtschaftsinstitute zwischenzeitlich die Erwartungen erneut, nun um deutliche 20 % auf +1,5 % Wachstum gesenkt. Erste Konjuktureintrübungen sind erkennbar, die Auftragsbücher der Unternehmen sind nicht mehr so voll. Dazu ein Zitat vom ehemaligen FDP-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle: „Auch das schönste Konjunktursommerlüftchen geht irgendwann zu Ende und dann muss man für den Herbst gewappnet sein.“ (Zitatende). Sind wir das? Haben wir wirklich Vorsorge betrieben für den Fall, dass sich unsere mittlerweile im zehnten Jahr erfolgreiche Konjunktur wieder abschwächen wird und es in der Wirtschaft– und damit auch bei den kommunalen Steuereinnahmen wie der Gewerbesteuer - wieder abwärts gehen könnte?
Angesichts der vor uns stehenden Herkulesaufgabe einer umfassen Sanierung und pädagogischen Neuausrichtung der beiden allgemeinbildenden Gymnasien im hohen zweistelligen Millionenbereich wäre eine dementsprechende Vorsorge in Form einer ersten, nennenswerten Rücklage dringend erforderlich gewesen. Wir bedauern, dass uns das für den vorliegenden Haushalt nicht in erforderlichem Maße gelungen ist aber es ist offensichtlich doch einfacher, die Verantwortung für die auf uns zukommende, finanzielle Belastung auf den dann ab Ende Mai neu gewählten Gemeinderat zu verschieben, frei nach dem Zitat des berühmten österreichisch-ungarischen Ökonoms Joseph Alois Schumpeter “Eher legt sich ein Hund einen Wurstvorrat an als eine demokratische Regierung eine Budgetreserve“.
Die Begründung dafür war aber laut unserem Oberbürgermeister Beck, dass der Haushalt wegen seiner hohen sonstigen Ausgaben eben nicht mehr an Rücklagen hergäbe. Manfred Rommel hätte unseren Vorsitzenden mit einem Finanzminister verglichen, als er sagte (Zitat) “Nur Finanzminister verdienen in der Politik einen Heiligenschein, denn sie verkünden eine wichtige Wahrheit. Diese lautet: Es ist kein Geld da.“ (Zitatende).
Dennoch freuen wir freidemokratischen Stadträte uns darüber, dass im Bildungsbereich jetzt endlich auch die restlichen energetischen Sanierungsmaßnahmen der Hesse Realschule angegangen werden, eine unserer zentralen Forderungen, deretwegen wir vor drei Jahren dem Haushalt wegen mehrfacher zeitlicher Verschiebung dieser Maßnahme zugunsten der FuZo-Sanierung nicht zustimmen konnten .
À Propos Sanierung der Fußgängerzone: Diese sollte laut in der Gemeinderatssitzung vom 17.11.2014 beratenen Planungsvorlage 217/2014 von Stadtplaner Oliver Bock 3,5 Mio € kosten. Mittlerweile sind wir bei 10 Mio € angekommen - kein Wunder, wenn die Mehrheitsfraktion bei 6,5 Mio € zuerst einen Kostendeckel einfordert und mit Ratsmehrheit beschließen lässt, um ihn dann kurze Zeit wieder durch Erweiterungsforderungen in mehrfacher Millionenhöhe einzureißen. Uns schwant Schlimmstes, wenn dies bei den finanziell hoch risikobehafteten Sanierungsmaßnahmen der Gymnasien ähnlich verlaufen sollte.
Sollten wir nicht eigentlich jetzt die Gelegenheit einer bald fertig gestellten, neuen Fußgängerzone nutzen, und eine Prämierung für die schönste Sanierung oder Neugestaltung von Fassaden privater oder gewerblicher Anrainer vorzunehmen? Wir hatten dies bereits einmal vorgeschlagen, doch gerade jetzt wäre ein besonders guter Zeitrahmen dafür da.
Große Sorge bereiten uns auch die massiven Personalkostensteigerungen bei der Stadtverwaltung von über 2 Mio €, und das betrifft eben nicht nur Tariferhöhungen und zusätzlich erforderliche Kindergärtnerinnen und Sozialarbeiter. Diesen großen und überproportional wachsenden Aushabenblock, gerade auch im Bereich der Kernverwaltung,  müssen wir nicht nur im Auge behalten, sondern uns immer wieder genauer anschauen. Dazu soll auch unser Antrag dienen, die Stadtverwaltung um eine umfassende Vorlage zum Thema Personalentwicklung der Stadt Tuttlingen zu bitten. In diesem Kontext sollten auch die Grundlagen, Regeln und Ziele – kurz eine Art Leitbild des Verwaltungshandelns der Stadt - einmal anschaulich und komprimiert zusammengestellt werden. Ferner wird der weitere und rasche Ausbau des eGovernment und der Digitalisierung auf dem Weg zur „Smart City“ zu deutlichen Entlastungen im Personalbereich führen und muss konsequent genutzt werden. Ein wichtigen und richtigen Schritt haben wir mit der Arbeitsgruppe „Digitalisierung“ ja kürzlich ins Leben gerufen, was wir Freie Demokraten sehr begrüßen.
Die Straßenzustandssituation in der Stadt und den Stadtteilen ist mittlerweile merkbar schlecht, ein Jahr hatten wir nun auf den per schriftlichen Antrag eingeforderten qualifizierten und detaillierten Straßensanierungsplan warten müssen, bis er heute endlich vorgelegt wurde.
Beim städtischen ÖPNV argumentieren LBU und SPD in jüngster Zeit bereits so, als ob die von Verkehrsexperten Prof. Monheim erhobene und sündhaft teure Maximalforderung  von nur noch 150 m Abstand zwischen Bushaltestellen in der Stadt bereits beschlossene Sache sei. Wir stellen deshalb den Antrag auf Erstellung einer Vorlage, wie viele zusätzliche Haltestellen dieses Konzept erforderlich machen würde, ob dies überhaupt gewollt und gewünscht werde, ob dann durch möglicherweise zu viele Haltestellen ein vernünftiger und für alle Fahrgäste  ausgewogener Fahrplantakt gefährdet sein könnte. Ferner, was dies alles kosten würde und wie das zu finanzieren wäre, zumal bei der bevorstehenden Ausschreibung des Regionalbusverkehrs in 2019 mit erheblichen Mehrkosten im siebenstelligen Bereich gerechnet werden muss, und dies noch ohne klimaschutzfördernde Ausstattungen des Antriebs der Busse. Wir müssen auch in diesem Bereich das machen, was notwendig und sinnvoll ist, und es vom bloß wünschenswerten, teils auch ideologisch überhöhten klar unterscheiden. Wir empfehlen dabei, moderne Indikatoren wie z.B. den Reisezeitbudgetindikator heranzuziehen, d.h. ausgewogene verkehrsplanerische und siedlungsstrukturelle Handlungskonzepte für den ÖPNV zu prüfen.
Es gäbe zahlreiche weitere kommunalpolitische Punkte zu erörtern, wir belassen es aber heute bei diesen eher exemplarisch genannten und stimmen dem vorliegenden Haushalt 2019 der Stadt Tuttlingen zu.
Danksagungen
Zum Schluss möchten wir freidemokratischen Stadträte uns bei Ihnen, Herr Oberbürgermeister Beck, Herr Erster Bürgermeister Buschle für die gute Zusammenarbeit in 2018 bedanken. Dies gilt selbstverständlich auch Ihnen, unseren Ratskolleginnen und -kollegen sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung und ihrer Eigenbetriebe. Ein besonderes Vergelt’s Gott gilt unserem Kämmerer Uwe Keller mit seinem Team für die einmal mehr umfassenden Vorbereitung des Haushaltsplanes 2019 sowie Frau Terlinden, Frau Braun und Frau Thews vom Geschäftsstellenteam  
 
Unserem Baubürgermeister Willi Kamm wünschen wir viel Kraft und Zuversicht im Umgang mit seiner nicht einfachen gesundheitlichen Situation.
 
Unser letzter Dank gilt ganz besonders den zahlreichen ehrenamtlich Tätigen in der Tuttlinger Bürgerschaft, die sich in gesellschaftlichen, sportlichen, sozialen und kulturellen Engagements für ihre Stadt verdient gemacht haben und ohne die ein gedeihliches Gemeinwesen kaum möglich wäre.
 
Ihnen allen wünschen wir frohe Weihnachten und im neuen Jahr viel Glück, Gesundheit und Erfolg.
 
Vielen Dank!

Es gilt das gesprochene Wort.

17.12.2018,
Hans-Peter Bensch
Sprecher der FDP-Stadtratsgruppe Tuttlingen
 
Dr. Gesine Barthel-Wottke
FDP-Stadträtin in Tuttlingen