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Stadt Tuttlingen bringt Bewegung in Kindergärten – Workshop für Erzieherinnen


Wenn sich Kinder nicht bewegen, werden sie nicht nur dicker, sondern oft auch dümmer. Mit dieser These wandte sich der Stuttgarter Sportwissenschaftler Prof. Gustav Schoder an knapp 100 Erzieherinnen aus Tuttlinger Kindergärten. Der Vortrag war Auftakt zur Aktion "Die bewegungsfreundliche Stadt".

Bewegung in Kindergärten
Hielt ein Plädoyer für Bewegungsförderung in Kindergärten:
Prof. Gustav Schoder

Früher war nicht zwar alles besser, aber vieles einfacher. Zum Beispiel die Bewegung bei Kindern. Es gab etwas, das die Soziologen heute als "Straßenkindheit" bezeichnen, und zu dem das selbständige Entdecken der Umwelt gehörte. Dass sich die Kinder dabei viel bewegten, war völlig normal. Die zahlreichen Geschwister und die anderen Kinder aus der Nachbarschaft taten es schließlich auch.

Was noch vor wenigen Jahrzehnten nicht der Rede wert war, muss in Zeiten von Einzelkindern und Spielkonsolen erst mit viel Mühe vermittelt werden. Und die Stadt Tuttlingen geht das Problem systematisch an: "Die bewegungsfreundliche Stadt" hieß ein Workshop für die Erzieherinnen von städtischen und kirchlichen Kindergärten, in dem es um Bewegungsförderung in Kindergärten ging. Sport und Spiel im Kindergarten waren ebenso Themen bei der Veranstaltung im Jugendkulturzentrum (JuKuz) wie Kinderyoga oder die Frage, wie man Koordinationsdefizite im Kindergarten erkennt.

Um gravierende Defizite geht es nämlich, wie Prof. Gustav Schoder in seinem Einführungsvortrag erläuterte: "Wir dürfen das Thema Bewegung nicht nur physiologisch betrachten, sondern auch kognitiv", erklärte Schoder, der unter anderem zu den Themen Sportpädagogik, Sportentwicklung und Bewegungswissenschaft forschte. Anders ausgedrückt: Wenn sich Kinder zu wenig bewegen, nehmen sie nicht nur zu, sondern bauen gleichzeitig auch in ihrer Auffassungsgabe, Konzentration und Kommunikationsfähigkeit ab. Und diese Problematik werde mehr auch zu einer sozialen: "Sport ist heute ein Mittelschichtsphänomen geworden", erklärte Schoder. In unteren sozialen Schichten bewege man sich weniger, die Chancen auf Erfolg in Schule und Beruf würden gemindert.

Bewegung in Kindergärten
Wichtig für die Entwicklung:
Viel Bewegungsräume im Kindergarten, hier in Altwegen.

Hier sei, so Schoder, eine Stadt in der Pflicht: "Kindergärten haben nicht nur eine Betreuungs- sondern auch eine Bildungsfunktion." Und auch ohne teure Sportgeräte könne man schon viel erreichen - zum Beispiel durch einfache Bewegungsspiele, wie sie dann auch in den Workshops vermittelt wurden.

Für Oberbürgermeister Michael Beck war übrigens der von Klaus Jansen und Rolf Sauter vom Fachbereich Jugend, Familie und Soziales organisierte Workshop erst der Anfang: "Das Thema Bewegungsförderung wird uns noch weiter beschäftigen", sagte Beck, "denn noch sind auch wir nicht überall bewegungsfreundlich."