Vorlesen

„Das ist wahre Inklusion“ - Die Stadt beteiligt sich am Außenarbeitsplatz-Modell der Lebenshilfe


Bei der Stadt Tuttlingen arbeiten auch Menschen, die auf dem regulären Arbeitsmarkt wenig Chancen hätten. Das Außenarbeitsplatz-Modell der Lebenshilfe trägt dazu bei, dass auch sie ihre Fähigkeiten entfalten können.
 
Im Stadtarchiv hat Jochen Jäger sein festes  Aufgabengebiet. Er sortiert Akten um, entfernt überflüssig gewordene Zwischenblätter, verpackt die Dokumente akkurat und versieht sie mit einer Beschriftung, die der Nachwelt verrät, was sich in dem Bündel verbirgt. „Die Arbeit macht mir Spaß“, sagt er, „und ich habe jetzt ja auch schon viel Erfahrung.“ Schließlich arbeitet er seit zwölf Jahren bei der Stadt Tuttlingen – für jeweils zwei Tage in der Woche.  Die anderen drei ist er in der Honberg-Werkstatt der Lebenshilfe beschäftigt.
 
Der Wechsel zwischen der betreuten Arbeit in der Lebenshilfe und einem Arbeitsplatz bei einem regulären Arbeitgeber ist das Konzept der sogenannten Außenarbeitsplätze. „Menschen, die aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen keine herkömmliche Arbeit ausüben können, werden  so Teil der normalen Arbeitswelt“, sagt Martin ten Bosch, Geschäftsführer der Lebenshilfe. Und vor allem: „Sie fühlen sich als Teil des Unternehmens – das ist wahre Inklusion.“ Und Christine Heß vom Sozialdienst der Lebenshilfe ergänzt: „Die Arbeiten sind wesentlich vielfältiger, als wir es in der geschützten Atmosphäre der Honberg-Werkstatt  bieten können.“ Vor allem bekommen die Mitarbeiter so vielfältige Kontakte, die sie innerhalb der Lebenshilfe nicht hätten. Umso wichtiger sei es, dass sich möglichst viele Betriebe an dem Programm beteiligen. Der Landkreis ist auch dabei, mehrere Tuttlinger Industriebetriebe und die Wurmlinger Hirsch-Brauerei ebenso.
 
Bei der Stadt Tuttlinger ist Jochen Jäger nicht der einzige Mitarbeiter mit einem Außenarbeitsplatz. Auch beim Bauhof arbeitet ein Kollege, Timo Schweizer, der von April bis November im Bauhof arbeitet und die restlichen Monate bei der Lebenshilfe . Bauhof-Leiter Gerd Rudolf ist voll des Lobes:  „Er leistet gute Arbeit und  ist voll ins Team integriert“, berichtet  er, „vor allem merkt man, dass er sich wohlfühlt.“ Das unterstreicht auch Christine Heß: „Für das Selbstwertgefühl der Mitarbeiter sind diese Arbeitsplätze ungemein wichtig. Die Arbeit bei der Stadt hat für sie einen ganz besonderen Stellenwert. Sie tragen die gleiche Arbeitskleidung wie die Kollegen, sie gehören dazu.“
 
Für die Lebenshilfe ist das Programm daher ein Erfolgsmodell . Aber es ist noch Luft nach oben. „Wir könnten noch viele weitere Arbeitgeber brauchen, die sich auf so ein Projekt  einlassen“, so Martin ten Bosch. Dabei ist für den Arbeitgeber die Hürde gar nicht so hoch – und vor allem trägt er kein Risiko. „Die Leute sind bei der Lebenshilfe beschäftigt, wir als Stadt kaufen ihre  Dienstleistung ein“, erklärt Monja Ströhle, Personalabteilungsleiterin bei der Stadt Tuttlingen. Dass sich manche scheuen, kann sie nicht nachvollziehen. „Das läuft alles ganz unkompliziert.“
 
INFO:
Unternehmen, die einen Außenarbeitsplatz anbieten möchten, können sich bei der Lebenshilfe melden. Ansprechpartner ist Christine Heß, Tel. 07461 / 96584-16, hess(at)lebenshilfe-tuttlingen.de
 

Arbeitet teils im Stadtarchiv, teils bei der Lebenshilfe:  Jochen  Jäger