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Was trug man einst in Tuttlingen? Ausstellung im Fruchtkasten zeigt historische Mode


pm2013-194_Kleiderausstellung_Fruchtkasten_1000 Die Ausstellung „sich kleiden - Bilder und Beispiele aus Tuttlingen“ wird am Donnerstag, den 27. Juni 2013 um 19 Uhr, vor dem Fruchtkasten eröffnet. Die Schau, die sich mit Traditionen in der Tuttlinger Kleidung beschäftigt, ist bis zum 1. September dienstags, donnerstags, samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr im Hugo-Geißler-Saal des Fruchtkastens zu sehen. Anhand von original erhaltenen Kleidungsstücken, von Grafiken, Fotos und Objekten wird dem Kleidungsstil der Tuttlinger nachgespürt.

Städtische, aber meist einfache Kleidung hing in den Tuttlinger Schränken im 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Die Frauen trugen das Mieder über dem Hemd, eine Schürze über dem Rock, bei Bedarf einen Kittel (Jacke) und eine Haube, während die Männer sich in eine lederne Kniebundhose, ein Hemd und einen so genannten Rock (Jacke) kleideten. Standesunterschiede ließen sich nur anhand der Anzahl der Kleidungsstücke oder des Materials feststellen. Das Kleidungsverhalten änderte sich unter dem Einfluss der Französischen Revolution. Die Hosenbeine wurden lang und blieben es – abgesehen von einigen modischen Extravaganzen wie zum Beispiel den Knickerbockern. Nur die Wanderhosen hielten wohl aus praktischen Erwägungen lange an der Dreiviertellänge fest bis in jüngerer Vergangenheit moderne Fasern das Bild des Wandersmann veränderte.

Gegenläufig war die Rocklänge der Frauen. Zwar beschreibt der Maler Josef Anton Koch in seinem Reiseskizzenbuch aus dem Jahr 1791 die Rocklänge der Frauen aus der Tuttlinger Gegend als „nur bis an die Knie reichend“, doch konnten hierfür keine weiteren Belege gefunden werden, allenfalls die Röcke der Hippentracht, die knöchellang waren, so dass die roten Strümpfe darunter vorblitzten. Die meisten erhaltenen Röcke und Kleider haben Besenlitzen, das heißt man trug sie bodenlang und schützte den Saum vor Durchscheuern mittels einer Verstärkung. Erst in den 1920er Jahren stieg die Saumlänge in Richtung Wade, in den 1950er Jahren Richtung Knie um dann zu Beginn der 1970er Jahre beim Minirock zu landen.

Ab den 1920er Jahren hielt die Konfektionsware auch in Tuttlingen Einzug. Immer mehr wurde die selbstgeschneiderte Kleidung durch Ware von der Stange ersetzt. Wenige Eigentümlichkeiten blieben, wie zum Beispiel die so genannten „Dächleskapp“, eine Schildmütze, die viele Tuttlinger Handwerker und Arbeiter trugen oder noch tragen. Früher war „Dächleskapp“ ein Spitzname für die Tuttlinger schlechthin.

Pikant ist die Frage nach der Unterwäsche: Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts tauchen Unterröcke und Unterbeinkleider in den Inventaren auf. So besaß zum Beispiel Johann Jakob Kossmann 1886 bei seiner Eheschließung mit Regina Barbara Rieß zwar 18 Hemden aber nur eine Unterhose. Bei der Inventur anlässlich der Hochzeit von Barbara Lang und Michael Maier im Jahr 1874 ist eine Unterhose erfasst, Margarete Grimm besaß bei ihrer Hochzeit im Jahre 1875 drei Unterhosen. Unterwäsche setzte sich erst allmählich durch. Zuvor trug man das Leinenhemd, das bei Mann und Frau fast gleich aussah, direkt auf der Haut. Die Hemdzipfel wurden zwischen die Beine gezogen und ersetzten die Unterhosen.