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Forschungsprojekt soll Geschichte des Lagers Mühlau aufarbeiten


Die Geschichte des Lagers Mühlau soll genauer aufgearbeitet werden. Für Oberbürgermeister Michael Beck ist dies ein persönliches Anliegen. In seiner Sitzung am Montag beschloss der Gemeinderat, ein Forschungsprojekt in Auftrag zu geben, an dessen Ende eine ausführliche Dokumentation des Lagers stehen soll, in dem erst Zwangsarbeiter und später deutsche Kriegsgefangene eingesperrt waren.

Forschungsprojekt
Eingang zum Lager Mühlau aus nördlicher Richtung um 1948

Die letzten Baracken verschwanden in den 1980er-Jahren. Heute erinnern nur ein Gedenkstein und eine Hinweistafel an das Lager Mühlau. Dass dort, wo heute die Gymnasien und die Mühlau-Sporthalle stehen, bis zu 30 000 Menschen gleichzeitig interniert waren, kann man sich nur schwer vorstellen.

Dabei hatte das Lager zeitweise überregionale Bedeutung: Innerhalb der französischen Besatzungszone war es eines von drei Entlassungslagern, durch das während der ersten Nachkriegsjahre bis zu 300 000 Gefangene geschleust wurden. Sie wurden in den Baracken untergebracht, in denen kurz zuvor noch Zwangsarbeiter eingesperrt waren, die in der Tuttlinger Industrie eingesetzt waren. Nähere Details zur Lagergeschichte wurden bis jetzt allerdings nie erforscht: Eine wissenschaftliche Arbeit über das Lager gibt es nicht, lediglich ein paar kürzere Aufsätze sind bekannt.

Mit mehreren Projekten will die Stadt nun dazu beitragen, dass diese Lücke geschlossen wird. Für Oberbürgermeister Michael Beck ist dies ein besonderes Anliegen. In seiner Sitzung am Montag beschloss der Gemeinderat die finanzielle Unterstützung für

- eine systematische Auswertung der französischen Quellen im Rahmen einer Magisterarbeit
- ein Oral-History-Projekt in Kooperation von Schulen, Geschichtsverein und VHS
- eine genauere Auswertung der Dokumente regionaler Archive.

Die Ergebnisse der Arbeiten könnten auf verschiedene Weise ausgewertet werden - sowohl in Form einer Ausstellung oder eines Buches als auch auf einer ausführlichen Info-Stele vor Ort. Außerdem gibt es Überlegungen, die Grundrisse des Lagers im Boden zu markieren.

Gesucht werden Zeitzeugen, die mit Ihrem Wissen und Ihrer Erfahrung zur Erhellung dieses Themas beitragen können. Ansprechpartnerin ist Frau Gunda Woll, Leiterin der Museen der Stadt Tuttlingen, Tel.: 07461/ 15135, info(at)museen-tuttlingen.de