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Ein Punkt fehlt fürs Abitur – Ausnahmesituation im Lehrerzimmer


Die Theater-Saison in der Stadthalle Tuttlingen geht weiter: Am Sonntag, 20. Oktober, kommt Theaterlust München mit dem Stück „Eingeschlossene Gesellschaft“ an die Donau. Das im Sommer 2021 von Sönke Wortmann mit Starbesetzung (u.a. Anke Engelke, Justus von Dohnányi, Florian David Fitz) verfilmte Kammerspiel von Starautor Jan Weiler spielt im Lehrerzimmer eines Gymnasiums. Karten für die Aufführung, die um 18 Uhr in der Stadthalle Tuttlingen beginnt, sind jetzt im vergünstigten Vorverkauf zu haben (mit Wahl-Abo günstiger).

Auf dem Bild sieht man die Akteure auf der Bühne durch eine Regalwand blickend

Nur ein Punkt fehlt Fabian Prohaska für die Zulassung zum Abitur - und das alles nur, weil sein Lateinlehrer Engelhardt, ein Pädagoge alter Schule, die um zwei Minuten verspätete Abgabe von Fabians Hausarbeit aus Prinzip nicht akzeptieren wollte. Fabians Vater Manfred beschließt, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. An einem Freitagnachmittag stürmt er das Lehrerzimmer von Fabians Schule, um den Lateinlehrer zur Rede zu stellen. Die noch anwesenden Lehrer, mental bereits im Wochenende, zeigen allerdings wenig Interesse am Anliegen des aufgebrachten Vaters. Nur die Referendarin Bettina Schuster verströmt noch Ambition. „Am Freitagnachmittag nach 15 Uhr geht das schon gar nicht“, befindet Kollegin Lohmann. Und weil sich der arrivierte Lehrkörper an diesem Punkt ausnahmsweise mal einig ist, wollen alle gehen. Manfred Prohaska sieht rot und zieht eine Pistole. Keiner kommt mehr raus. Was nun folgt ist ein höchst unterhaltsames Kammerspiel erster Güte. Vater Prohaska gibt den arroganten Paukern genau eine Stunde für eine spontane Noten-Konferenz, deren Ergebnis für ihn bereits feststeht: Fabian soll diesen Punkt erhalten und damit auch die Zulassung zum Abitur. Manfred Prohaska hat die Rechnung aber ohne die Lehrer gemacht. Die vorgegebene Stunde wird weidlich für Diskussion und Streit genutzt. Zwischen Filterkaffee und unkorrigierten Hausarbeiten wird mit viel Emotion und Sarkasmus alte Schmutzwäsche gewaschen, bis hin zur einen oder anderen kleinen Handgreiflichkeit. Um den Schüler Fabian geht es dabei allerdings nur ganz am Rande.

Jan Weiler, 1967 in Düsseldorf geboren arbeitete elf Jahre lang beim Magazin der Süddeutschen Zeitung, die letzten fünf Jahre als Chefredakteur, hat diese Geschichte, die grimmige Variation des fast gleichnamigen Sartre-Stücks, die durch erlesen boshafte Dialoge erfreut und ganz nebenbei - auf sehr lustige Weise - auch ein Stück gelebte Bildungsmisere zeigt, bereits 2017 für den WDR geschrieben. Der freie Schriftsteller lebt in München und Umbrien.

Karten gibt es in drei Kategorien ab 24,10 € (inkl. Gebühren) beim Bürgerbüro im Rathaus in Tuttlingen sowie bei den bekannten Vorverkaufsstellen des KulturTickets Schwarzwald-Baar-Heuberg in den Landkreisen Rottweil (RW), Schwarzwald-Baar (VS) und Tuttlingen (TUT) oder online unter www.tuttlinger-hallen.de.