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Literaturherbst beginnt mit eisigem Schweigen


Herbst ist Lesezeit. Und in der Stadthalle Tuttlingen findet seit 2004 im Herbst immer der „Tuttlinger Literaturherbst“ statt. Die 21. Auflage der Buch- und Lesereihe eröffnen die Tuttlinger Hallen am Dienstag, 1. Oktober, mit der Kölner Autorin und Literaturkritikerin Traudl Bünger. Ihr Buch „Eisernes Schweigen. Das Attentat meines Vaters. Eine deutsche Familiengeschichte“ ist ein akribisch recherchiertes Sachbuch, eine sehr persönliche Reflektion über ein ambivalentes Vater-Tochter-Verhältnis und eine Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit, die ihre Schatten bis in die Gegenwart wirft. Bis zum 7. November folgen vier weitere Leseabende mit ganz unterschiedlichen Akzentuierungen und mit durchaus namhaften Autoren, darunter Schauspielerin und Schriftstellerin Jutta Speidel, Bestsellerautorin Gaby Hauptmann und Lokalmatador Jeremias Heppeler. Die Lesung am Dienstag ( (Moderation Dieter Kleibauer) beginnt um 20 Uhr. Karten sind noch im vergünstigten Vorverkauf zu haben; ein Literatur-Abo bietet rund 35% Preisvorteil.

Auf dem Bild sieht man das Buchcover

In "Eisernes Schweigen" erzählt die Autorin Traudl Bünger die wahre Geschichte eines Attentäters, der 1962 als Rechtsradikaler an tödlichen Bombenanschlägen in Italien beteiligt war. Sie schreibt über ihren Vater Heinrich Bünger, Jahrgang 1935, den sie als einen fürsorglichen Mann kannte, auf den sie sich stets verlassen konnte, der aber auch radikale Positionen vertrat und nicht mit sich diskutieren ließ. Schon als Kind wusste sie, dass ihn ein Geheimnis umgab, über das er stets eisern schwieg. Nach seinem plötzlichen Tod im Jahr 2016 beginnt sie, dieses Geheimnis zu lüften. Auf der Suche nach der Wahrheit recherchiert sie vier Jahre lang in zahlreichen Archiven und drei Ländern. Sie erfährt, dass ihr Vater  im Herbst 1962 mit Gesinnungsgenossen nach Italien fuhr. Ziel der Mission: mit „Volksdeutschen“ in Südtirol gegen die italienischen „Besatzer“ kämpfen. Das Mittel: Sprengstoff. Das Ergebnis: Ein Toter und zahlreiche Verletzte.

Die Kölnerin, die seit 2004 Kulturveranstaltungen konzipiert und u.a. als Programmleitung der Literatur- und Kulturfestivals lit.Cologne und lit.Ruhr tätig war, blickt in ihrem akribisch recherchierten Sachbuch nicht nur in die Abgründe ihrer Familiengeschichte. Sie führt uns auch tief in die Historie der Bundesrepublik, des Kalten Krieges und seiner Propagandaschlachten. „Eisernes Schweigen“ zeigt ein junges Land, das sich neu positionierten muss und dabei konsequent übersieht, wie sich Rechtsextremisten nach dem Krieg wieder in Stellung bringen. Ein Land, das einfach nicht wahrhaben will, dass das, was sich da zusammenbraut, brandgefährlich für eine Demokratie ist. Ein Versäumnis, das Folgen haben wird - bis heute.

Traudl Bünger war Kritikerin im Literaturclub des Schweizer Fernsehens und im WDR-Hörfunk und lehrt und publiziert zu Themen der Kulturvermittlung, der literarischen Öffentlichkeit und Gegenwartsliteratur. Gemeinsam mit Roger Willemsen schrieb sie den Bestseller »Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort. Die Weltgeschichte der Lüge«. Ihr literarisches Debüt „Lieblingskinder“ erschien 2012 bei Kiepenheuer & Witsch. Seit 2014 ist sie Jurorin des Heinrich-Heine-Preises der Stadt Düsseldorf. Sie lehrt u.a. an der Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, an der Ruhr-Universität Bochum und an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Es folgen Literaturherbstveranstaltungen mit dem Comiczeichnerduo Hauck & Bauer, sie sich für das Programm „Pencil Culture“ mit dem ehemaligen „Titanic“-Chefredakteur Thomas Gsella zusammentun (15. Oktober), mit Gaby Hauptmann, einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Autorinnen unserer Zeit („Suche impotenten Mann fürs Leben“), die bei einer Matinee aus den ersten beiden Bänden ihrer Saga „Die Frauen vom See“ liest (davor gibt es am 20. Oktober ein Literaturfrühstück), mit einer der beliebtesten Schauspielerinnen Deutschlands, Jutta Speidel, die aus ihrem zweiten Roman „Amaryllis“ liest (24. Oktober) und zum Abschluss am 7. November mit dem Lokalmatador Jeremias Heppeler. Der kommt mit einer Lesung aus seinem Krimidebüt „Dunkles Donautal“ nach Tuttlingen. Auf das Publikum warten also fünf unterhaltsame, anspruchsvolle und sehr unterschiedliche Literaturveranstaltungen in der Stadthalle Tuttlingen.

Einzelkarten sind jetzt zu haben. Ein Abo macht durchaus Sinn: Es kostet 56,- € für alle fünf Termine des „Literaturherbsts“ und bietet einen Preisvorteil von 26,- € gegenüber dem Einzelkartenkauf. Das Abo gibt es bei der Vorverkaufsstelle der Tuttlinger Hallen, der Ticketbox in der Königstraße 13 (beim „Runden Eck“). Einzelkarten sind bei allen Vorverkaufsstellen des KulturTickets Schwarzwald-Baar-Heuberg und online unter www.tuttlinger-hallen.de erhältlich. Ein telefonischer Kartenservice ist unter Tel. (07461) 910996 eingerichtet.