Tuttlingen verzichtet auf eigene Cannabis-Regeln - Große Teile der Innenstadt ohnehin Verbotszone
Die Stadt Tuttlingen verzichtet auf Sonderregelungen oder spezielle Verbote mit Blick auf Cannabis. „Das Gesetz ist an sich schon verwirrend – wenn jetzt jedes Bundesland und jede Stadt noch mit eigenen Regeln kommt, wird es gewiss nicht besser“, so OB Michael Beck.
In vielen Teilen der Stadt weiterhin nicht erlaubt: Rund um Kindergärten, Schulen und andere Einrichtungen bleibt der Konsum von Cannabis verboten. Das gibt das Bundesgesetz vor. Darüber hinaus gehende Vorschriften gibt es in Tuttlingen nicht. Foto: Pixabay
Seit 1. April ist der Besitz geringer Mengen von Cannabis in Deutschland legal, auch öffentlich darf die Droge seither konsumiert werden – mit einigen Einschränkungen: Dort, wo auch nicht geraucht werden darf, darf natürlich auch nicht gekifft werden. Außerdem darf Cannabis nicht in der Gegenwart von Minderjährigen konsumiert werden. Und im öffentlichen Raum bleibt Kiffen in einem Umkreis von 100 Metern um Spielplätze, Schulen, Kindergärten sowie Jugend- und Sporteinrichtungen verboten. Das gleiche gilt für Fußgängerzonen – allerdings nur von 7 bis 20 Uhr.
„Bei diesen Regeln belassen wir es auch“, so OB Michael Beck. Zwar macht er keinen Hehl daraus, dass er persönlich das Gesetz für ein völlig falsches Signal hält – vor allem mit Blick auf den Jugendschutz. Trotzdem wird Tuttlingen keine Sonderregelungen erlassen. Auf eine kommunale Allgemeinverfügung, die den Cannabis-Konsum im gesamten öffentlichen Raum untersagt, wird Tuttlingen ebenso verzichten wie auf Sonderregelungen für öffentliche Veranstaltungen.
„Wir haben die ersten Wochen nach der Gesetzesänderung abgewartet und dann das Thema intensiv beraten – vor allem mit Blick auf die großen Veranstaltungen der kommenden Monate“, so Beck. Für den jetzt beschlossenen Weg habe man sich vor allem aus pragmatischen Gründen entschieden. Schließlich seien Allgemeinverfügungen, die ein Bundesgesetz aushebeln, rechtlich problematisch. „Es war Wille des Gesetzgebers, den Cannabis-Konsum zu legalisieren“, so der OB, „das kann man als Kommune nicht einfach aushebeln – ganz unabhängig davon, was man persönlich davon hält.“ Abgesehen tragen kommunale Sonderregelungen nicht gerade zur Klarheit bei: „Das Gesetz ist schon verwirrend genug“, so Beck weiter. „Wenn dann jeder Ort andere Regeln erlässt, stärkt das nicht gerade das Vertrauen in den Rechtsstaat.“
Hinzu kommt die Frage, wer lokal geltende Verbote überhaupt kontrollieren sollte: Die Polizei sei hierfür nicht zuständig, und auch der KOD stoße an seine Grenzen. „Wir haben hier mittlerweile sechs Leute auf städtische Kosten beschäftigt, die Aufgaben übernehmen, die früher die Polizei erledigt hat“, so Beck, „wir können hier nicht ständig mehr einstellen.“ Nicht zuletzt aus diesem Grund erlässt die Stadt auch kein eigenes Cannabis-Verbot für städtische Veranstaltungen. „Wenn wir dies tun würden, müssten wir konsequenterweise auch Cannabis-Kontrollen beim Honberg-Sommer durchführen – und das können und wollen wir auch nicht.“
Abgesehen davon schränken auch die bundesweit geltenden Regeln das Kiffen in Tuttlingen bereits erheblich ein. Vor allem die Abstandsflächen um Schulen, Kindergärten und andere Einrichtungen sorgen dafür, dass in großen Teilen der Stadt nicht öffentlich gekifft werden darf – unter anderem fast im gesamten Donaupark oder im Stadtgarten. In der im Internet einsehbaren privat betriebenen „Bubatzkarte“ kann man sehen, dass große Teile der Tuttlinger Innenstadt rot als Verbotszone eingefärbt sind. Dazu kommen der Marktplatz und sämtliche Straßen, die in der Fußgängerzone liegen – zumindest von 7 bis 20 Uhr. Für städtische Veranstaltungen bedeutet dies, dass zum Beispiel bei „Sommer im Park“ nicht gekifft werden darf und beim Stadtfest erst ab 20 Uhr. Der Honberg hingegen liegt in keiner Verbotszone.
Die Regel, dass in nicht in der Anwesenheit von Minderjährigen gekifft werden darf, gilt allerdings generell. „Bei Veranstaltungen wie dem Honberg-Sommer setzte ich hier auch die Vernunft und die Einsicht der Besucherinnen und Besucher“, so OB Beck. „Und dass man Kinder nicht mit Qualm einnebelt, sollte eigentlich jedem klar sein – egal, ob es Cannabis oder nur Tabak ist.“
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