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OB Beck fordert andere Schulbaufinanzierung – „Stadt kann nicht als Inkassobüro tätig sein“


Die Stadt Tuttlingen lehnt es ab, zur Finanzierung ihrer Schulbauten die Umlandgemeinden zur Kasse zu bitten: „Wir können hier nicht als Inkassobüro tätig werden.“ Stattdessen sieht OB Michael Beck das Land hier in der Pflicht. Die aktuelle Rechtslage habe das Potenzial, „den kommunalen Frieden in unserer Raumschaft auf viele Jahre zu zerstören“, so OB Michael Beck in einem Schreiben an Kulturministerin Theresa Schopper.

Baustelle im Innenhof des IKG

Kostspielig: Die Sanierung der Gymnasien - hier das IKG – kostet die Stadt rund 73 Millionen.

Hintergrund des Briefes: Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat jüngst geurteilt, dass sich auch Umlandkommunen an den Baukosten von Schulgebäuden beteiligen müssen. Bislang war dies alleine Sache der Schulträger – also zum Beispiel der Stadt Tuttlingen. Nach dem VGH-Urteil müssten sich an den Kosten der Sanierung der Tuttlinger Gymnasien nun auch alle 30 Städte und Gemeinden beteiligen, aus denen Schülerinnen und Schüler des OHG und des IKG besuchen. Alles in allem müsste Tuttlingen nach dem vom VGH errechneten Schlüssel 23 Millionen der insgesamt 73 Millionen Euro Baukosten von den Städten und Gemeinden zurückfordern.

Bei OB Michael Beck löst dieses Urteil zwiespältige Gefühle aus: „Einerseits freut man sich als Oberbürgermeister natürlich, wenn der Stadt ein unerwarteter Geldsegen ins Haus steht“, so Beck in einem Schreiben, das er am Donnerstag an Kultusministerin Theresa Schopper schickte. Andererseits bleibe ein mehr als bitterer Beigeschmack nicht aus. Das Urteil habe nämlich das Potenzial, „den kommunalen Frieden in unserer Raumschaft auf viele Jahre zu zerstören.“

Der Grund für Becks Sorge: Auf manche der Kommunen kämen so hohe Forderungen zu, dass diesen die Zahlungsunfähigkeit droht. So müsste Tuttlingen von mehreren Gemeinden   jeweils über drei Millionen Euro einfordern. Dies, so Beck, könnte das Klima unter den Kommunen nachhaltig vergiften: „Sie können sich vorstellen, wie sich die Stimmung in der Bevölkerung entwickelt, wenn es irgendwann heißt, dass Umlandgemeinden auf Kindergartenbauten verzichten oder ihre Sporthallen schließen müssen, weil sie die Tuttlinger Rechnungen bezahlen müssen“, so Beck an die Ministerin.

Im Landkreis, so Beck weiter, sei das Problem vermutlich deutlich schärfer als in anderen Regionen des Landes. Dies liege daran, dass hier zwei besondere Faktoren aufeinandertreffen: So sei der Tuttlinger Gymnasiums-Bau eines der größten Projekte dieser Art im Land – entsprechend hoch ist die Summe, die umzulegen ist. Verschärft werde das Problem durch die Struktur des Landkreises: Anders als in vielen anderen Landkreisen behielten hier in den Jahren 1972/73 auch verhältnismäßig kleine Kommunen ihre Eigenständigkeit und schlossen sich stattdessen Verwaltungsgemeinschaften und Gemeindeverwaltungsverbänden an. Dieses habe nun zur Folge, dass diese allesamt selbstständigen Kommunen bei der Schulbaufinanzierung uneingeschränkt zur Kasse gebeten werden. Bei eingemeindeten Ortschaften mit vergleichbaren Einwohnerzahlen ist dies nicht der Fall.

Dass Tuttlingen einen Teil der Baukosten wieder erhält, lehnt Beck freilich ab, und der aktuellen Diskussion kann er auch Gutes abgewinnen: „Endlich wird ein jahrzehntelanger Missstand thematisiert – nämlich die fehlende Unterstützung, die Schulträger beim Bau oder bei der Sanierung von Schulbauten erfahren.“ So sei es ein Unding, dass Tuttlingen zwei Gymnasien zum allergrößten Teil komplett alleine finanziert, obwohl für die eigenen Schüler ein einziges Gymnasium völlig ausreichen würde. Bei der Kostenbeteiligung sieht Beck aber eher das Land in der Pflicht: „Eine Kompensation müsste über großzügigere Schulbauproramme des Landes sowohl für aktuelle als künftige Schulbauvorhaben geschehen.“ Leider aber wälze das Land diese Aufgabe auf die kommunale Ebene ab – „indem wir nun rückwirkend auch noch die Aufgaben eines Inkassobüros übernehmen sollen.“

Beck fordert von Schopper daher eine Reform der Schulbauförderung. Sie müsse so geändert werden, dass Schulträger deutlich stärker entlastet werden, wenn ihre Schulen auch von großen Zahlen an auswärtigen Schülern genutzt werden. An diesen Ausgaben könnten kleinere Gemeinden durchaus auch beteiligt werden – „allerdings in Form verlässlicher Umlagen und nicht, wie wir es jetzt erleben, über ein Urteil, das unerwartete und teils extrem hohe Zahlungen nach sich zieht.“