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Tuttlinger Medizintechnik für die Ukraine
Stadt organisiert Hilfstransport


Seit März hat sich auch der Alltag im Klinikum von Lysianka drastisch geändert. Unmittelbare Kriegsschäden gibt es zwar nicht, aber die Ärztinnen und Ärzte arbeiten unter völlig anderen Bedingungen: Durch die Fluchtbewegungen innerhalb der Ukraine ist die Zahl der Patienten spürbar gestiegen. Viele von ihnen haben eindeutige Kriegsverletzungen. Und vor allem der Nachschub an Material wird immer schwieriger: Innerhalb der Ukraine sind so gut wie alle Lieferketten zusammengebrochen.

Unterstützung bekommt die Klinik in der rund 150 Kilometer südlich von Kiew gelegene Kleinstadt jetzt aus Tuttlingen. Ein Lastwagen mit Hilfsgütern macht sich demnächst auf den Weg – an Bord ist ein breiter Querschnitt dessen, was Tuttlinger Firmen im Portfolio haben. „Vom Verbandszeug über klassische Instrumente bis zu High-Tech-Geräten für den OP ist alles dabei“, sagt Maria-Tiziana Ferrante von der Wirtschaftsförderung, die die Aktion koordiniert.

„Als Weltzentrum der Medizintechnik wollen wir in dem Bereich helfen, wo unsere Stärken sind“, so OB Michael Beck. Wichtig sei dabei, dass die Hilfe zielgerichtet sei und vor allem dort ankommt, wo sie benötigt wird. Deswegen war Beck auch skeptisch, als gleich zu Beginn des Krieges von spontanen Hilfslieferungen die Rede war. „So eine Aktion funktioniert nur, wenn sie gut geplant wird - und wenn man vor allem kompetente und seriöse Ansprechpartner vor Ort hat.“

Mit Dr. Taras Pavlenko von der Klinik in Lysianka wurde ein solcher gefunden, zustande kam der Kontakt über die aus der Ukraine stammende Ärztin Dr. Kristina Mazur, die am Klinikum Tuttlingen praktiziert. Pavlenko und seine Kolleginnen und Kollegen stellten dann Listen mit all dem zusammen, was konkret fehlt. Die Stadt Tuttlingen leitete diese Liste dann an die Unternehmen weiter – zum einen per Brief, im einen oder anderen Fall hakte EBM Emil Buschle auch persönlich noch mal nach.

„Die Reaktionen waren fast durchweg positiv“, berichtet Buschle. „ein Großteil sagte sofort zu.“ Und auch Firmen, aus deren Sortiment nichts benötigt wird, beteiligen sich – indem sie mit Barspenden den Transport finanzieren. Alles in allem sind nun 13 Unternehmen dabei, die Güter im Wert von 157 000 Euro spenden. Dies ist aber bei weitem nicht alles, was derzeit an medizinischen Hilfsgütern aus Tuttlingen in die Ukraine gespendet wird. Viele Firmen berichteten, dass sie bereits eigene Hilfsaktionen ins Leben gerufen haben – meist direkt mit Kliniken, mit denen sie schon vor dem Krieg Geschäftsbeziehungen hatten. Aus diesem Grund sind nun auch mehrere namhafte Unternehmen bei der von der Stadt organisierten Aktion nicht dabei.

In den nächsten Tagen soll sich der Transport nun auf den Weg machen. Voraus gingen zahlreiche Koordinierungsarbeiten, die für die Mitarbeitenden der Wirtschaftsförderung ungewohnt waren – angefangen von der Abwicklung der Zoll-Formalitäten bis zur Suche nach einer Spedition – einer Spedition, die auch in die Ukraine liefert. Und vor allem Letzteres war eine Herausforderung.

Bereiten den Hilfstransport vor: Maria-Tiziana Ferrante und Wirtschaftsförderer Martin Wycisk – hier zusammen mit Anja Ebert von der Firma Karl Storz SE

Bereiten den Hilfstransport vor: Maria-Tiziana Ferrante und Wirtschaftsförderer Martin Wycisk – hier zusammen mit Unternehmenssprecherin Anja Ebert von der Firma KARL STORZ.