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Naturschutzgebiet Bächetal
Einweihung nach 30 Jahren Vorgeschichte


Was den zeitlichen Vorlauf betreffe, könne es das Bächetal fast schon mit dem BER oder Stuttgart 21 aufnehmen, stellte OB Michael Beck bei der Feier am Mittwoch beim Möhringer Stausee fest. Eines aber unterscheide die Projekte erheblich: „Das Bächetal steht für Nachhaltigkeit.“ Umso mehr freute sich Beck, dass man nun die Unterschutzstellung auch öffentlich feiern konnte – knpap ein Jahr nachdem die entsprechende Urkunde auf dem Rathaus eingegangen war. Corona hatte auch hier ein zeitnahes Fest verhindert.

Michael Hensch, Joachim Genser, Ortsvorsteher Günther Dreher, Karl-Heinz Lieber und OB Michael Beck mit Hinweistafel Naturschutz
Einweihungsfeier (von links): Michael Hensch (Stadt Tuttlingen), Joachim Genser (Regierungspräsidium Freiburg), Ortsvorsteher Günther Dreher, Karl-Heinz Lieber (Umweltministeirum Baden-Württemberg), OB Michael Beck.

In seiner Begrüßung blickte Beck auf die Entstehung des Gebietes zurück. Es begann mit ersten Renaturierungsmaßnahmen in den 1990er-Jahren. Da diese auch dem Hochwasserschutz dienen, war die Akzeptanz für die Naturschutzmaßnahmen von Beginn an  hoch. Und während die ersten Projekte noch vom Mensch geplant wurden, engagierte sich ab den Nuller-Jahren zusehends auch der Biber als Baumeister. „Er hat das fortgesetzt, was wir begonnen haben.“

Wie wichtig die Ausweisung neuer Naturschutzgebiete sei, unterstrich Karl-Heinz Lieber, Abteilungsleiter im Umweltministerium Baden-Württemberg: „In Zeiten der Corona- und jetzt der Ukraine-Krise vergessen wir zwei Krisen, deren Folgen noch gravierender sein können – die Klimakrise und die Krise der Biodiversität.“ Zwar stünden 2,45 Prozent der Landesfläche unter Naturschutz, dies allein reiche aber nicht aus: Lieber: „Wir müssen auch anderswo die Nutzung ändern – und weitere Schutzgebiet  ausweisen – wie heute hier in Möhringen.“

Möhringer Stausee

Geschützes Idyll: Der Stausee im Naturschutzgebiet Bächetal

Welchen Wert das Bächetal für die Artenvielfalt habe, betonte Joachim Genser vom Regierungspräsidium Freiburg. So lebten hier 24 verschiedene Libellenarten – eine solche Vielfalt auf einer vergleichsweise kleinen Fläche gebe es selten. Anfangs, so räumte Genser ein, sei das Bächetal für ihn nur eine „Schönheit auf den zweiten Blick“ gewesen – je mehr die Renaturierung aber Wirkung zeigte, desto größer sei der ökologische Wert des Gebiets geworden. Auch er betonte die Notwendigkeit, sich für mehr Artenvielfalt einzusetzen. „Die Krise der Biodiversität verläuft im Stillen – aber gnadenlos.“ In manchen Regionen seien bereits 70 Prozent der Insekten verschwunden. In Anbetracht der Folgen, die dies für Nahrungsketten habe, sei das Thema leider völlig unterbewertet.

Überflutete Talsohle

Vom Biber gestaltet: Überschwemmungsfläche im Bächetal.

Über Zusammenhänge wie diese soll man künftig auch im Bächetal noch mehr erfahren. „Wir legen gerade die Standorte für einen neuen Naturerlebnispfad fest“, berichtete Michael Hensch, Leiter der städtischen Abteilung Grünplanung. Seit über 30 Jahren befasst sich Hensch mit dem Bächetal - „kein Projekt hat mich so lange begleitet.“ Abgeschlossen sei es mit der Einweihungsfeier aber nicht – im Gegenteil: Weitere Tafeln, verknüpft mit digitalen Infos, sollen das Gebiet künftig besser erlebbar machen, eine neue Querung durch das Überschwemmungsgebiet soll das Bächetal für Besuchende besser erschließen. „Wir wollen, dass dieses Naturschutzgebiet bekannt wird – sowohl bei Forschern als auch bei Naturinteressierten“, so Hensch.

Das freute auch Ortsvorsteher Günther Dreher. Er bedanke sich bei allen, die haupt- oder ehrenamtlich über viele Jahre ihre Beiträge dazu geleistet hatten. „Heute ist ein Feiertag für Möhringen.“