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Haushaltsrede zum Haushaltsplan 2010 der FW-Fraktion von Herrn Carl-Roland Henke


Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrte Damen und Herren,

Tuttlingen steht vor der größten Nettoneuverschuldung der jüngeren Geschichte. Nach dem jetzt vorliegenden Entwurf ist mit einer Größenordung von über €12 Mio. zu rechnen d.h. Ende diesen Jahres ist für jeden Bürger eine Neuverschuldung in Höhe von 487 € geplant.
Der Gefahr, den Haushalt nicht genehmigt zu bekommen standen und stehen wir weiterhin ausgesetzt.

Der Vermögenshaushalt muss im Planjahr 2010 zur Finanzierung des Verwaltungshaushalt herangezogen werden; die Zuführungsrate ist seit Jahren erstmals mit einem negativen Vorzeichen versehen.

Bereits im Vorjahr war abzusehen, dass sich Tuttlingen auf finanziell schwierigere Jahre einzustellen hat. Wir Freien Wähler haben deshalb bereits in unserer Haushaltsrede 2009 klar ausgedrückt, - ich zitiere: „wir werden um Einschnitte, auch schmerzhafte nicht herumkommen.“

Im Herbst 2009 wurde dann das ganze Ausmaß des wirtschaftlichen Einbruchs in den Kassen der Stadt spürbar. Dass es Tuttlingen so hart treffen würde, war nicht vorherzusehen. Wir haben deshalb im Herbst beschlossen, keine aktionistischen Überreaktionen einzuleiten, sondern nüchtern und besonnen, die Lage zu analysieren, eine Bestandsaufnahme zu machen. Damit hat sich die Planung eines Haushaltes für 2010 notwendigerweise auf das Frühjahr 2010 verschoben.

Nun müssen wir leider feststellen, dass kein Grund zur Schönfärberei besteht. Laufende Ausgaben können aus laufenden Einnahmen nicht mehr gedeckt werden. Ein Sündenfall für jeden ordentlich wirtschaftenden Kaufmann. Sparen und Beschränkung der Ausgaben werden auch weiterhin unsere wichtigste Aufgabe sein.

Die Einrichtung einer Haushaltskonsolidierungskommission war deshalb notwendig- mit dem Ziel – sämtliche Ausgaben kritisch unter die Lupe zu nehmen. Wir müssen an den laufenden Ausgaben einsparen, was vertretbar ist. Allerdings haben die jetzigen, sehr ernsthaften Bemühungen gezeigt, dass das mühsam und hart erkämpfte Einsparvolumen bereits wieder durch Personalmehrkosten aufgefressen wird.

Durch Genehmigung dieser Mehrausgaben (tarifliche Erhöhung sowie strukturelle Veränderungen bei den Personalkosten) sind wir unterm Strich nun so weit wie zuvor.

Steuererhöhung sind schlichtweg unverzichtbar. Die Anhebung der Gewerbesteuer ist eine zusätzliche Belastung für viele Unternehmen, auch wenn sie nur moderat ist. Allerdings wird diese Erhöhung für Einzelunternehmer und Personengesellschaften durch die Anrechnung bei der Einkommensteuer fast vollständig kompensiert. Deshalb halten wir diesen Schritt auch für vertretbar.

Wer anderen Belastungen aufbürdet, darf dies aber nur tun, wenn auch er bereit ist, gleichermaßen Opfer zu bringen.

Wir möchten deshalb am Ziel festhalten, Steuererhöhungen in gleichem Umfang als Einsparungen in allen städtischen Bereichen durchzusetzen. Von diesem Ziel resultierend aus den Gesprächen in der Haushaltskonsolidierungskommission sind wir noch weit entfernt. Dabei hoffen wir auf die weiteren Gesprächsrunden.

Einfrieren von Ausgaben in bestimmten Bereichen wie Personalkosten stellen aber noch keine Einsparungen heute dar, und sind oft nicht viel mehr wert, als freundliche Absichtserklärungen für die Zukunft.

Um es klar zu sagen: Es geht nicht darum, Auszubildende der Stadt nicht zu übernehmen, dafür tragen wir eine gesellschaftliche Verantwortung. Es gilt aber kritisch zu prüfen, ob strukturelle Veränderungen, wie Auslagerung bestimmter Teilaufgaben auf private Anbieter, städtische Töchter oder durch interkommunale Zusammenarbeit auch zu Kosteneinsparungen führen.


Auch 2010 wird die Stadt Tuttlingen Investitionen tätigen. Allein für Fortsetzungmaßnahmen steht im Haushalt ein Betrag von mehr als € 10 Mio. Gesamtinvestitionen € 15,5 Mio.

Große neue Investitionsprojekte

Neubau Feuerwehrmagazin
Umbau der Hermann-Hesse-Realschule aber auch
der Investitionskostenzuschuß für den Kindergarten Maria Königin

müssen zeitlich verschoben werden. Allerdings gilt die Zusage, dass diese Projekte die Prioritätenliste anführen werden. Den Umbau Wilhelmstrasse sehen wir in 2011, wobei wir die Freigabe für Planungsmittel in 2010 als erstes Zeichen der Gestaltung Tuttlinger Innenstadt sehen.

Mit Verabschiedung des heutigen Haushalts ist die Arbeit aber nicht getan. Wir fordern daher, wie bereits in den Vorjahren, ein unterjähriges reporting. Überraschungen wie in 2008/2009 sollten wir uns nicht mehr leisten wie zum Beispiel Mehrkosten bei den Kindergärten Möhringer Vorstadt oder auch Altwegen. Wir fordern daher die Verwaltung auf, bereits im laufenden Jahr 2010 die Einhaltung der vorliegenden Planansätze im Haushalt zu überwachen und den Gemeinderat bei erheblichen Abweichungen unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Ebenfalls fordern wir die Verwaltung auf, gleichermaßen Vorschläge zu unterbreiten, wie diese unvermeidlichen Mehrkosten an anderer Stelle eingespart werden können. Wir Freien Wähler sehen uns dann in der Pflicht, jede sinnvolle Einsparung mitzutragen.

Die Devise Augen zu und durch sollte der Erkenntnis weichen, dass nur eine innerjähriger Abgleich der Planansätze unseres Haushalts mit den tatsächlichen Entwicklungen uns vor solchen tiefgreifenden Überraschungen zukünftig zu schützen vermag. Auch für 2011 ff werden wir nicht umhinkommen, den Rotstift zu spitzen und weitere Kürzungen vorzunehmen. Die Lücke zwischen unseren Einnahmen und Ausgaben wird sich nicht so schnell wieder verschließen, denken wir nur daran, wie sich beispielsweise die Kreisumlage ab 2011 entwickeln wird.

Die Freien Wähler sehen die Bemühungen der Verwaltung, das Schiff Stadt wieder auf einen sicheren Kurs zu steuern. An dieser Stelle auch unseren Dank den Damen und Herren der Kämmerei, die den Fraktionen viele Detailunterlagen zur Verfügung gestellt haben. Ich bitte aber auch um Verständnis dafür , dass es uns Gemeinderäten nicht leicht fällt, einem solchen Haushalt ohne sichere Kenntnisse zuzustimmen.

Um diese Bemühungen zum Erfolg zu bringen, werden die Freien Wähler dem derzeitigen Planwerk zustimmen, jedoch unter der Auflage, dass zeitnahe die Konsolidierungskommission ihre Aufgaben weiter vorantreibt.