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Muslimische Gemeinden distanzieren sich von Palästina-Demo – „Konflikt hat auf deutschem Boden nichts verloren“


Am Donnerstag hatte die Stadt die für Samstag angekündigte Demo verboten. Angemeldet hatte sie ein Tuttlinger, der auch Mitglied eines Moscheevereins ist. Grund für die Absage war vor allem die Sorge vor antisemitischen Ausschreitungen, wie es sie jüngst in mehreren Städten gegeben hatte.

„Wir haben aber leider Anzeichen, dass es trotzdem zu Versammlungen kommen wird“, so OB Beck am Freitag. „Gleichzeitig habe ich noch die Bilder der brennenden Israel-Fahnen vor Augen – und Bilder wie diese, will ich in der Stadt, für die ich verantwortlich bin, nicht sehen.“ Aus diesem Grund bat Beck bei einem kurzfristig einberufenen Treffen um Unterstützung. Der Einladung gefolgt waren Vertreter der DITIB, des Feza-Kulturzentrums, der albanischen sowie der bosnischen Gemeinde.

„Das gute Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion in unserer Stadt ist mir ein Herzensanliegen“, so OB Beck, „und mir ist es wichtig, dass sich weiter hier alle wohlfühlen können.“ Genau dies sei aber gefährdet, wenn der Gaza-Konflikt nun auch in Tuttlingen ausgetragen werde. Becks Bitte an die Vertreter der Gemeinden: „Nutzen Sie Ihren Einfluss, verbreiten Sie es über Ihre Netzwerke, appellieren Sie an Ihre Mitglieder, nicht an einer unangemeldeten Demonstration teilzunehmen.“

Dies unterstrich auch Erster Landesbeamter Stefan Helbig: „Die Lage ist durch Corona schon fragil genug. Ein Konflikt, der von außen hereingetragen wird, ist das, was wir jetzt nicht brauchen.“ Auch Polizeirevierleiter Matthias Wörner warnte vor einer Eskalation: „Eine solche Demonstration hat das Potenzial, sich stark aufzuheizen.“ Die Polizei werde bei Bedarf hart durchgreifen – im Übrigen sei auch das Verbrennen von Flaggen eine Straftat. „Wir bitten Sie daher inständig: Bewegen Sie Ihre Gemeindemitglieder dazu, sich nicht an eventuellen Spontankundgebungen zu beteiligen – und helfen Sie, dass wir einen friedlichen Tag erleben.“

Die Vertreter der anwesenden Vereine sagten zu, entsprechende Botschaften über das Freitagsgebet oder auch Facebook- und WhatsApp-Gruppen zu verbreiten. „Wir unterstützen die Demo nicht“, erklärte Mehmet Ibis von der DITIB. Noch deutlicher formulierte es Fabian Burghardt von der Bosnischen Gemeinde: „Dieser Konflikt hat auf deutschem Boden nichts verloren.“