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Stadt Tuttlingen vergibt erstmals Kulturpreis: "Roland Martin hat die Rolle der Kultur in Tuttlingen verändert"


Roland Martin ist der erste Träger des neuen Tuttlinger Kulturpreises. Übergeben wurde er am Mittwoch von Oberbürgermeister Michael Beck. Gleichzeitig feierte die Stadt Tuttlingen das 20-jährige Bestehen des Galerie-Gebäudes in der Rathausstraße.

Kulturpreis
OB Beck übergibt Roland Martin den Kulturpreis der Stadt Tuttlingen

"Durch sein Engagement hat sich die Rolle der Kultur in Tuttlingen geändert", so Oberbürgermeister Michael Beck, "er lehrt die Menschen sehen, er öffnet neue Blickwinkel auf scheinbar Bekanntes, er kann Menschen begeistern." Dass die Zeiten vorbei sind, in denen man in Tuttlingen "g'schafft hat, aber für Kultur weder Zeit noch Geld hatte" - das sei auch ein Verdienst Roland Martins.

Zum ersten Mal vergab Beck an diesem Abend den Tuttlinger Kulturpreis. Der undotierte Preis besteht aus einem Kunstwerk, in diesem Jahr einer Grafik des Jugendkunstschul-Leiters Hans-Uwe Hähn. Die Grafik ist Teil einer dreiteiligen Serie, die beiden anderen Blätter werden im Herbst als Sozialpreis und als Sportpreis vergeben. In den folgenden Jahren werden die Preise von jeweils wechselnden Künstlern gestaltet.

Vor allem Martins Rolle als Kunstvermittler, aber natürlich auch sein Lebenswerk als Künstler waren es, die den Ausschlag für die diesjährige Ehrung gaben. Dabei legte Oberbürgermeister Beck in seiner Laudatio aber auch Wert darauf, dass der Tuttlinger Kulturpreis mehr würdige als die reine künstlerische Leistung: Der von der Stadt vergebene Preis soll vielmehr Persönlichkeiten ehren, die "sowohl durch ihr Werk als auch durch ihr Wirken zur Kultur unserer Stadt beitragen", so Beck, "zur Lebenskultur, zur Diskussionskultur - wenn es sein muss, auch zur Streitkultur."

Auf den 1927 geborenen Bildhauer Roland Martin träfen diese Kriterien zu: Der Schöpfer zahlreicher bekannter Arbeiten, die nicht nur in Tuttlingen den öffentlichen Raum bereichern, habe sich auch als engagierter und nicht immer bequemer Bürger der Stadt profiliert. Besonders hob Beck das Engagement Martins im Kunstkreis hervor, der mit den Grundstein zur Gründung der heutigen Galerie legte.

Kulturpreis
Ragani Haas verwandelt Galerie und Besucher in ein lebendes Kunstwerk.

Auf deren nun 20-jährige Geschichte blickte der langjährige Kunstkreis-Vorsitzende und Künstler Udo Braitsch zurück. Vor allem an deren "Zeugung, Geburt und Kindertage" erinnerte er mit launigen Worten und warf einen Blick auf die Zeit der 50er und 60er Jahre: Im damals "wenig verführerischen" Tuttlingen sei der Versuch, eine Kunstszene zu etablieren, so erfolgversprechend gewesen "wie das Unterfangen auf dem Honberg Ananas zu züchten." Braitsch betonte aber auch den Mentalitätswandel, der eine reiche kulturelle Landschaft dann möglich machte - und schließlich zum Bau des heutigen von Günter Hermann entworfenen Gebäudes im Jahr 1987 führte. "Der Bau selbst ist ein Kunstwerk", so Udo Braitsch, "er setzt Maßstäbe, aber er entlarvt auch gnadenlos schlechte Ausstellungen."

Dass der Raum auch die ideale Kulisse für Musik und Performance bietet, wurde an diesem Abend auch deutlich: Das Baynov-Ensemble umrahmte den Festakt mit Werken des Tuttlinger Komponisten Siegfried Burger, die eigens Roland Martin gewidmet wurden. Für jazzig-beschwingte Atmosphäre sorgten Anika Köse und die Matthias Anton Group, bevor Ragani Haas zur Performance lud - und Saal, Besucher und Berge von Zeitungsbögen in ein lebendes Kunstwerk verwandelte.